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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6
Autoren: Hans J. Alpers
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Re­gie­rungs­ge­walt in den Hän­den hielt, führ­te einen Krieg, um sein Mo­no­pol der Son­nen­ener­gie zu si­chern. Das war die Sto­ry, die die Nach­rich­ten hät­te be­stim­men sol­len. Das war die Sto­ry, die Max euch in der CBA-Top­zeit-Sen­dung hät­te er­zäh­len sol­len. Aber ihr woll­tet nicht zu­hö­ren, ihr woll­tet einen Krieg und wart be­reit, Max als Zün­der zu be­nut­zen, um ihn zu ent­flam­men.
    FRA­GE: Wer hat Max ge­tö­tet?
    ANT­WORT: Wir al­le ha­ben Max ge­tö­tet.
    Wir ha­ben Max ge­tö­tet, in der Top­zeit-Nach­rich­ten­sen­dung von Sat­Net.
    Wir ha­ben ihn ge­tö­tet, weil er da­bei war, uns zu tö­ten. Wir ha­ben ihn ge­tö­tet, weil wir da­bei wa­ren, uns selbst zu tö­ten, mit Max als Waf­fe, al­les aus Sports­geist, al­les im Na­men des Dol­lars. Ich ha­be euch Röh­ren­fah­rer auf dem Gleit­bus be­ob­ach­tet. Ich ha­be euch an­ge­st­arrt in eu­ren an­ge­sprüh­ten An­zü­gen, wie in ei­ner syn­the­ti­schen Haut, die das Schwel­len eu­res gen­ge­spleiß­ten Flei­sches ver­barg. Ihr wart nur Fleisch und nur Blitz, habt Quatsch rum­ge­tönt wie aus der Röh­re, die ihr fuhrt. Oh­ne die Röh­re war euch al­les egal, au­ßer ei­nem von euch.
    Ich ken­ne dei­nen Na­men nicht. Du hast ge­sagt: „He, Opa, warum heu­len?“ und hast dich ne­ben mich ge­setzt. Du hast nach et­was ge­sucht, was du mir ge­ben könn­test, da­mit ich mir die Au­gen trock­ne­te. Ich ha­be das hal­be Lä­cheln er­wi­dert, das du mir als ein­zi­ges an­zu­bie­ten hat­test. Viel­leicht hast du Max ge­tö­tet. 1500 Mei­len lang ha­be ich über dein Lä­cheln nach­ge­dacht. Es hat dich von all den an­de­ren per­fek­ten Kör­pern im Bus un­ter­schie­den. Sie wa­ren ho­mo ob­li­vians, die neue Men­schen­ras­se, ein­ge­stöp­sel­te Röh­rensau­ger, Röh­rent­rot­tel. Du nicht. Für dich ha­be ich Max um­ge­bracht.
    Ei­ne Vi­deo­mie­ze, die mei­nen Kopf zu fah­ren ver­such­te, frag­te mich, ob ich an die­sem Tag Angst ge­habt hät­te. „Angst? Mei­nen Sie das im Ernst?“ frag­te ich sie. „Der Flam­mer in der Ta­sche hat­te ei­ne La­dung von ei­ner Me­ga­watt­stun­de. Ich hat­te Angst seit dem Au­gen­blick, als ich sei­ne So­lar­zel­len fri­siert ha­be, um die zu­sätz­li­che La­dung auf­zu­neh­men. Trotz des Blöd­sinns, der spä­ter in der Röh­re zu hö­ren war: Ich hat­te kei­ner­lei Ab­sicht, mich selbst zu ver­bren­nen. Angst? Taub war ich, ich ging wie auf Eis.“
    CBA Pla­za war wie die Stand­pho­tos vom Ro­ten Platz in Mos­kau, die ihr viel­leicht mal in un­se­rer Mi­ni­dok über die „Ge­schich­te frü­he­rer Na­tio­nen“ ge­se­hen habt. Er­in­nert ihr euch an das Le­nin­bild, das über sei­nem Mau­so­le­um an der Kreml wand hing? Er­setzt die­ses Bild durch Max­well Todd. Stellt es euch lä­chelnd vor, drei Stock­wer­ke hoch, ein com­pu­ter­be­rei­nig­tes, ma­kel­lo­ses Bild. Ich sah es, als ich, die Ta­sche vor­sich­tig un­term Arm ver­klemmt, aus der Stra­ßen­bahn stieg.
    Wun­dert ihr euch, wie­so nie­mand et­was be­merk­te? Wun­dert ihr euch, warum nie­mand Ver­dacht schöpf­te, schon be­vor ich den ers­ten Schritt mach­te? Ich kam mir selbst so auf­fäl­lig und heim­tückisch vor wie ein Co­mic-An­ar­chist mit ei­ner Zünd­schnur­bom­be. Drei­mal krächz­te ich dem Über­wa­chungs­schirm mei­nen Na­men ent­ge­gen, bis er zu dem Schluß kam, daß mei­ne Stim­me mir ge­hör­te, und das Schloß ent­rie­gel­te, um mich ein­zu­las­sen. Wun­dert ihr euch, wie­so das Per­so­nal in der Emp­fangs­hal­le nichts merk­te und nicht zu schrei­en an­fing, wie­so es nicht in wil­der Pa­nik vor dem Un­ge­heu­er fort­lief, das aus ih­rem Id ent­fes­selt wor­den war, kräf­tig und schreck­lich ge­wor­den durch das Säu­gen an der Röh­re? Ich er­war­te­te, daß sie an­fan­gen wür­den, ver­dammt, ver­dammt, o mein Gott! zu brül­len. Strahl­te ich nicht mit je­der Fi­ber MORD aus, wie ei­ne La­ser­blitz­re­kla­me?
    Mein Ti­ming war so ma­kel­los wie bei je­dem Nach­rich­ten­pro­fi. Es war 17.59 Uhr Eas­tern Sa­tel­li­te Top­zeit. Ich schritt in die Emp­fangs­hal­le, als die Glo­cken fünf­mal schlu­gen und auf dem Schirm die Welt zu­sam­men­schmolz.
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