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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6
Autoren: Hans J. Alpers
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muß­ten, um die Wahr­heit über das, was er war, aus der Sen­dung raus­zu­hal­ten. Max hat­te kei­ne Ver­tei­di­gung.
    „Ich kann sie nicht raus­hal­ten, Sid“, sag­te er ein­mal in den frü­hen Jah­ren, lan­ge vor der CBA. „Ich kann mich nicht ab­spal­ten. Manch­mal tun mir die Fah­rer so weh! Es ist, als ob man Glas­scher­ben frißt, als ob man Säu­re schluckt.“
    „Dann hör auf“, sag­te ich.
    „Was?“ lach­te er wie ein al­ter Schmie­ren­ko­mö­di­ant. „Und mir den gan­zen Spaß ent­ge­hen las­sen?“
    Das Ma­chen ist ei­ne Kunst, die aus der See­le kommt. Ein Netz-Ma­cher, der sämt­li­che Mög­lich­kei­ten der Vi­deoil­lu­si­on zur Ver­fü­gung hat, kann je­des be­lie­bi­ge Image zu­recht­schnei­dern. Wir neh­men tau­send Da­ten­strö­me, sor­tie­ren sie, rei­ni­gen sie und ver­bin­den die brauch­bars­ten. Ein wirk­lich gu­ter Ma­cher (ich bin ei­ner) kann ein Image auf­bau­en wie ein Rands­how-La­by­rinth, so daß ihr nie­mals wie­der hin­aus­kommt.
    Die Ma­che­rin, die Max jetzt be­ar­bei­te­te, ei­ne trau­ri­ge jun­ge Frau aus der Stim­mungs­schu­le, ver­paß­te die­se völ­li­ge Meis­ter­schaft um Haa­res­brei­te. Als der Krieg wirk­lich häß­lich wur­de, schlich sich ein schril­ler Ton in Max’ Sen­dun­gen ein. Es war nichts, was ihr wahr­ge­nom­men hät­tet. Weil ich ein Ma­cher bin, ha­be ich es wahr­ge­nom­men. Ihr Image von Max war nicht mehr ko­hä­rent. Auf win­zi­ge Wei­se brach es zu­sam­men, sehr sub­til. Das Er­geb­nis war, daß die Fah­rer an Glau­ben ver­lo­ren. Weil die­se neue jun­ge Ma­che­rin zu zag­haft war, wur­den die Fah­rer un­ru­hig, ge­reizt, wenn sie Max fuh­ren. Um das zu kom­pen­sie­ren, füt­ter­te sie zu­viel Stoff nach. Die Fah­rer hät­ten Mit­leid, Scham und Angst emp­fin­den sol­len, wenn sie sei­ne Be­rich­te über den Fu­sel­treib­stoff­krieg fuh­ren. Aber weil die­se neue Ma­che­rin das Ge­fühls­feld zu über­la­den ver­such­te, schraub­te sie die Emo­tio­nen der Fah­rer bis zur Ra­se­rei hoch.
    Wäh­rend der gan­zen Zeit stie­gen die Wer­be­ein­nah­men, und die So­fort-Niel­sen klet­ter­ten spek­ta­ku­lär em­por. Nach ei­nem Dut­zend Nach­rich­ten­sen­dun­gen hör­te Mor­de Bloom auf, mich an­zu­ru­fen und zu ver­su­chen, mich zur Rück­kehr zu ver­lo­cken.
    „Hier ist Max Todd, das Ama­zo­nas­be­cken brennt lich­ter­loh … Hier ist Max Todd, die ma­lai­sche Halb­in­sel ist morsch und tot … Hier ist Max … sie rau­ben uns un­se­ren Treib­stoff …“
    Wer, so frag­te er, raub­te ihn? Wes­sen Mar­kie­run­gen be­fan­den sich auf den Schmerz­bom­ben? Wer lenk­te die La­ser? Wer?
    Max hat­te die Ant­wort dar­auf. Ihr habt sie ihm ge­ge­ben. Er gab euch die Ant­wort so­fort zu­rück: die Un­ge­wa­sche­nen, die Un­ge­spleiß­ten, die Bett­ler und das Pack ver­such­ten, uns un­se­re letz­te Hoff­nung zu rau­ben. Eu­re Ra­se­rei klam­mer­te sich an der Ant­wort fest, die ihr Max gabt und die ei­ne Heer­schar von euch im Chor je­de Nacht über den Sa­tel­li­ten zu­rück­ge­sun­gen hat: Haß und Haß und Haß und Haß.
    Ihr habt den Krieg ge­macht aus Angst vor ei­nem Krieg. Die Un­ge­heu­er des Fein­des sind aus eu­rem Un­be­wuß­ten em­por­ge­sprun­gen und über das Feed­back der TV-Röh­re Amok ge­lau­fen.

8

    Ich ver­ließ Ot­tum­wa an ei­nem eis­kal­ten Tag, am ers­ten März. Ich nahm mir einen Fens­ter­platz auf dem Gleit­bus und stell­te die be­rüch­tig­te Ta­sche auf mei­ne Knie. Der Schnee auf den Mais­fel­dern glit­zer­te un­ter ei­nem nack­ten wei­ßen Him­mel. Ich hat­te mich nicht ra­siert. Ihr müßt doch das Pho­to ge­se­hen ha­ben, das zu­sam­men mit der Nach­rich­ten­band­mel­dung ver­brei­tet wur­de: Sah ich nicht alt aus? War mein Haar nicht wirr und grau? Sah ich aus wie ein Heim­ge­such­ter?
    Ich fuhr nach New York, aus dem Herz­land ei­ner röh­ren­fah­ren­den Na­ti­on her­aus. Am ers­ten März war es ernst ge­wor­den mit dem Krieg. Der Ring der Äqua­to­ria­len Na­tio­nen brann­te. Die Streit­kräf­te des Ver­ei­nig­ten Ener­gie­staats la­gen mit die­ser Ban­de auf­stre­ben­der Ha­be­nicht­se im Clinch. Der Kon­zern, der schon längst al­le
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