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Kontinuum des Todes

Kontinuum des Todes

Titel: Kontinuum des Todes
Autoren: E. C. Tubb
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bankrott gingen. Eine mechanische Überprüfung des Phänomens hätte vielleicht irgendwann ein Ergebnis gebracht – ich erkannte den Zusammenhang innerhalb weniger Stunden, nachdem man es mir vorgetragen hatte. Das ist der Unterschied zwischen Messungen und Intuition. Maschinen können das eine, wir das andere. Und ich habe von letzterem mehr als die meisten Menschen. Deshalb bin ich Kontroller der Erd-Konföderation.«
    »Und was bin ich?«
    »Im Augenblick ein Schüler. Gehen wir weiter?«
    Die Dampf-Vorhänge kamen näher, Varl blieb stehen und legte den Kopf nach hinten, um die Höhe dessen zu untersuchen, was der Nebel noch verborgen hielt. Hier war es wärmer, und er vermutete, daß über diesem Abschnitt des Gartens ständig Wärme ausgestrahlt wurde. Varl fragte sich, warum sie eigentlich hier waren und warum der Kontroller ihn zu diesem Rätsel geführt hatte.
    Es war kein Rätsel mehr, als er Kalif in den Wasserdunst folgte. Wenige Schritte später waren sie hindurch, standen auf einer Art Lichtung, auf der die Statue sich erhob, die der Dampf bisher verhüllt hatte.
    »Ludwig Kreutzal«, sagte Kalif.
    »Ich weiß.«
    »Ein Genie – wußten Sie das auch?«
    »Er erfand den Hyperantrieb, den Hypan, wie wir heute sagen. Das war vor dreihundert Jahren, plus oder minus ein Jahrzehnt. Ich habe sein Bild in Büchern gesehen.«
    »Aber nicht als Statue?«
    »Nein.«
    »Erraten Sie, warum nicht?« Kalif gab die Antwort, ohne eine Frage abzuwarten. »Nach dem Zusammenbruch um die Jahrhundertwende war man der Meinung, daß jeglicher Personenkult zu gefährlich sei, um toleriert werden zu können. Also erlaubte man keinerlei Statuen, keine Denkmäler. Nichts, was zu einer Art Wallfahrtsort oder Gedenkstätte hätte werden können. In gewisser Weise war das einfach die Umkehrung bisheriger, religiös motivierter Riten. Aber Kreutzal war ein zu großer Mann, um ignoriert zu werden, und ein Kontroller besitzt schließlich bestimmte Privilegien. Seinen Privatbereich, etwa. Was halten Sie hiervon?«
    Der Gesamteindruck war ehrfurchteinflößend.
    Dabei kam das nicht so sehr durch die Größe, die mit einem Blick erfaßt werden konnte, sondern durch den Ausdruck der Figur, durch das Zusammenspiel ihrer Einzelteile. Am meisten sorgte aber das Gesicht dafür.
    Kreutzal schaute ein wenig nach oben, sein Blick richtete sich in die Unendlichkeit, als starre er durch ein offenes Tor ins Paradies. Dieser Mensch wurde überhöht, ihn hatte die Wärme eines prometheischen Feuers gestreift, ihn zu einem begnadeten Teil eines himmlischen Wesens werden lassen. Zu einem Menschen, der den Schlüssel für das Schloß gefunden hatte, das den Menschen bisher auf seiner kleinen Welt festgehalten hatte.
    Varl musterte die Statue in ihrer Gesamtheit und konnte sich dann eine Frage nicht verkneifen: »Wer hat das geschaffen?«
    »Ein Verrückter«, erklärte Kalif. »Ein Student, der von Visionen beherrscht war, der die Beschränkungen der Gesellschaft für sich abgelehnt hat. Daher mußte man ihn für verrückt erklären. Aber ich glaube, letzten Endes hat er doch sein Glück gefunden.«
    Wie Ludwig Kreutzal seines. Varl studierte noch einmal eingehend die Figur und was sie darstellte, und ihm fielen Feinheiten auf, die er auf den ersten Blick übersehen hatte; seine Bewunderung für den Bildhauer wuchs mit jeder Minute. Verrückt, hatte der Kontroller gesagt – in seiner Stimme hatte aber auch eine gewisse Bitterkeit mitgeschwungen. War es ein Verwandter gewesen, vielleicht ein Sohn von ihm? Wer sonst wäre mit einem solch persönlichen Auftrag betraut worden?
    »Ist er tot, der Bildhauer, meine ich?« fragte Varl.
    »Ja.«
    »Ein Jammer.« Varl berührte den Stein. »Und noch schlimmer ist es, daß man sein Werk im verborgenen halten muß. Das ist Kreutzal gegenüber nicht fair. Kein Foto könnte ihm gerecht werden. Wir sollten unsere Wohltäter mehr respektieren.«
    »Dafür halten Sie ihn?«
    »Er hat uns das Weltall erschlossen. Das Universum als Spielplatz geschenkt, zahllose Welten zu unserer Verfügung gestellt. Wenn je ein Mensch ein Held war, dann Kreutzal. Man sollte ihn vor allen anderen verehren – statt dessen verstecken Sie ihn hinter einem Nebelvorhang. Ein alter Mann.« Varl verstummte. »Schon gut.«
    »Ein alter Mann, der vor Angst zittert – wollten Sie das sagen?«
    »Lassen wir das.«
    »Warum? Haben Sie nicht den Mut, zu sagen, was Sie denken?« Kalif sah hinauf zum Gesicht der Statue. »Dreihundert Jahre«, sagte
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