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kommt wie gerufen

kommt wie gerufen

Titel: kommt wie gerufen
Autoren: Dorothy Gilman
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Becher ab und seufzte. »Das hatte ich befürchtet. Touristen kann ich Ihnen scharenweise liefern, aber einen speziellen Typ – na, schießen Sie los. Eine halbe Stunde habe ich Zeit.«
    »Er oder sie muß aus Ihren Reservelisten stammen. Wichtig ist, daß dieser Tourist absolut unbekannt sein muß.«
    »Weiter. Für welche Art von Aufgabe übrigens?«
    Carstairs zögerte. Es war ihm immer verhaßt, andere ins Vertrauen zu ziehen. Diese Gewohnheit hatte er sich während des Krieges zugelegt. Aber es war nicht anzunehmen, daß Higgins Gefahr lief, innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden gefoltert zu werden.
    »Es wird ein Päckchen nach Mexico-City kommen. Dieser bewußte Tourist darf mehrere Wochen nichts weiter als der normale Vergnügungsreisende sein, muß aber an einem bestimmten Tag an einen bestimmten Ort kommen und das erwähnte Päckchen abholen, das natürlich für den Zoll verharmlost wurde, und es in die Staaten bringen.«
    Higgins zog eine Braue hoch. »Ein richtiger Kurier genügt nicht?«
    »Die sind den andern zu gut bekannt«, gab Carstairs zu bedenken.
    »Und der Postweg?«
    »Viel, viel zu riskant.«
    Higgins’ Blick wurde nachdenklich. »Verstehe. Ich nehme also an, daß Ihr Päckchen Dynamit ist, zwar nicht im wörtlichen, aber im übertragenen Sinne, und Sie daher gezwungen sind, äußerst behutsam und unauffällig vorzugehen, daß der Auftrag jedoch nicht gefährlich ist, solange Ihr Tourist der Gegenseite unbekannt bleibt.«
    »Tausend Dank, daß Sie uns beiden kostbare Minuten ersparen«, sagte Carstairs erleichtert.
    »Haben Sie daran gedacht, statt eines Reservisten einen richtigen Neuling einzusetzen?«
    Überrascht antwortete Carstairs: »Nein. Aber dann hätten wir es mit einem unerfahrenen Menschen zu tun, nicht wahr? Na, zeigen Sie her, was Sie auf Lager haben.«
    Sie traten zu den Ablageschränken, zogen ein Foto ums andere hervor und steckten es manchmal sofort mit einer Bemerkung wie: »Nein, der kommt nicht in Frage, der hat sich am Balkan das Schienbein gebrochen«, oder »Hoppla, bedaure, diese Dame haben wir an den Orient verliehen«, zurück. Als Carstairs schließlich ging, trug er fünf Fotos und einen durchweichten Becher mit Kaffee fort.
    »Noch immer nichts«, meldete Bishop, von seiner Schreibmaschine aufblickend.
    »Verdammt«, murmelte Carstairs wieder, sah auf seine Uhr – es war eben halb zehn vorbei – und ging in sein Büro. Bishop, dieser Schatz, hatte ihm einen frischen Becher Kaffee auf den Schreibtisch gestellt. Carstairs zog einen Zuckerwürfel aus seiner Lade und warf ihn in den Kaffee. Er hielt sich vor, daß Tirpak einer seiner besten Leute war, aber wenn er sich vor zwei Tagen aus Nicaragua gemeldet hatte, müßte er mittlerweile in Costa Rica sein. Seit acht Monaten war Tirpak mit diesem Auftrag betraut, und aus den fragmentarischen Meldungen zu schließen, die er über Funk oder chiffrierte Post aus Südamerika erstattet hatte, war seine Tätigkeit äußerst erfolgreich gewesen. Vom optischen Standpunkt war Tirpak nichts weiter als ein Foto der streng geheimen Kartei, aber Carstairs wußte genau, daß dieser Mann unbestechlich wie ein Rechenautomat, ein Statistiker oder Jurist dachte. Vor Monaten hatte man ihn mit allen Tips und Gerüchten ausgestattet, die der Abteilung bekannt waren, und diese bescheidenen Anfänge hatte er zu kalten, unwiderlegbaren Tatsachen über sämtliche geheimen Operationen Castros ausgebaut. Die Tatsachen allein aber genügten nicht. Das wichtigste war der Beweis, den Tirpak aus Südamerika mitbringen mußte, und der so detailliert und konkret war, daß jeder Staat Amerikas ein für allemal das Gesicht des Feindes erkannte und wußte, in welcher Verkleidung sich der Kommunismus in das jeweilige Land einschleichen wollte.
    Mit dem Pappbecher in der Hand stellte Carstairs sich vor die bis an die Zimmerdecke reichende Wandkarte und starrte sie griesgrämig an. Man konnte behaupten, daß Tirpaks Arbeit beendet war, aber im Grunde begann sie erst. letzt befand man sich bei >Aktion zwei<, der schwierigeren, in der es darum ging, das Beweismaterial durch mehrere Länder immer weiter nach Norden in die richtigen Hände zu schleusen, bis es auf Carstairs Schreibtisch landete, um von ihm oben abgeliefert zu werden. Der Unterschied zwischen diesem Auftrag und anderen bestand in der Vielfalt der Dokumente, Fotos, Dossiers und Erläuterungen der taktischen Methoden. Es war nur zu erwarten, daß letzten Endes die verkehrten Leute
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