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Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Titel: Kommissar Morry - Der Judas von Sodom
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Nähe gelegen war. Sie rechnete schon mit einer Enttäuschung, als plötzlich doch noch Ernest Prince neben ihr auftauchte. Er kam wie ein Schatten aus dem Dunkel auf sie zu. Er lüftete höflich den Hut.
    „Haben Sie heute etwas mehr Zeit für mich?“ fragte er mit mattem Lächeln. „Ich möchte gern ein wenig mit Ihnen plaudern.“
    Angela Sirion sträubte sich erst ein bißchen, wie es sich gehörte, aber dann ging sie doch auf seinen Wunsch ein. Sie hielt sich eng neben ihm. Sie tat sehr zutraulich.
    „Lokale sind mir verhaßt“, plauderte sie. „Sicher können Sie das verstehen. Wenn man den ganzen Abend in einer Bar tanzt, will man nachher seine Ruhe haben. Ich möchte deshalb nach Hause gehen.“
    „Ich darf Sie doch begleiten?“ fragte Ernest Prince mit dunkler Stimme.
    „Meinetwegen. Es macht mir nichts aus.“ Während sie sprach, musterte sie ihn heimlich von der Seite. Er ist es, ging es ihr durch den Kopf. Er ist es ganz bestimmt. Ich erkenne seinen Mantel wieder. Er hat mich damals am Sodom Wall fast zu Tode gewürgt. Er ist der Mörder, den wir seit vielen Wochen jagen. Sie war sich ihrer Sache nun völlig sicher. Er dagegen schien sie nicht wiederzuerkennen. Es war damals eine neblige Nacht gewesen. Er hatte kaum gesehen, über wen er herfiel. Dieser Fehler sollte ihm nun zum Verhängnis werden. Als sie ein Eckhaus in Mill Wall erreichten, blieb Angela Sirion stehen. Sie nahm ihre Schlüssel aus der Handtasche. Sie klimperte eine Zeitlang damit herum.
    „Darf ich noch eine Tasse Tee bei Ihnen trinken?“ fragte Ernest Prince in bescheidenem Ton.
    Auf diese Frage hatte Angela Sirion nur gewartet. Ein heißer Triumph flutete durch ihren Körper. Er geht geradewegs in die Falle, dachte sie freudig erregt. Er beißt wie ein Fisch nach der tödlichen Angel.
    Laut sagte sie: „Wir kennen uns zwar erst kurz, aber ich glaube, daß Sie ein Gentleman sind, Mr. Prince! Sie können ruhig für ein halbes Stündchen mit herauf kommen.“
    Sie gingen eine Treppe empor. Im ersten Stock befand sich die kleine Wohnung, die Angela Sirion nur für die Zeitspanne gemietet hatte, in der sie zusammen mit dem Kommissar Jagd auf den Mörder machte. Deshalb war die Wohnung auch bescheiden und fast ärmlich. Das war ja gerade der Zweck. Es sollte alles glaubhaft erscheinen. Eine kleine Tänzerin konnte sich kein fürstliches Appartement leisten. Sie bot Ernest Prince einen Sessel an. Es war der einzige, den das kleine Wohnzimmer überhaupt zu bieten hatte. Eine braungestrichene Tür führte in den angrenzenden Schlafraum hinaus. Dann gab es noch eine enge Küche. Das war alles.
    Ernest Prince blickte sich neugierig um. „Sie würden sicher gern schöner wohnen“, meinte er lauernd, „in einem hellen Wohnhaus im Westend, zum Beispiel. Das aber wird für Sie kaum erschwinglich sein, wie?“
    „Leider ist es so“, seufzte Angela Sirion mit verdrehten Augen. „Man verdient schlecht in der Austern Bar. Sie sehen ja, wie ich herumlaufe. Dieses Kleid stammt von einer alten Tante, die es abgelegt hatte, weil es ihr nicht mehr gefiel.“ „Ich könnte Ihnen vielleicht helfen“, murmelte Ernest Prince zögernd. „Aber ich weiß nicht, ob Sie genügend Mut für diese Aufgabe hätten.“ „Mut?“ fragte Angela Sirion unternehmungslustig. „Mit mir können Sie Pferde stehlen, Mr. Prince. Ich tue alles, wenn etwas dabei herausschaut. Es müßte sich natürlich rentieren.“
    „Und ob es sich rentiert“, sagte Ernest Prince mit seltsam verschleierter Stimme. „Sie könnten in einer einzigen Nacht fünfzig Pfund verdienen.
    Das ist zehnmal mehr, als Sie in der Austern Bar bekommen.“
    „Was muß ich dafür tun?“ fragte Angela Sirion eifrig. „Es würde mich wirklich interessieren. Ich bin Feuer und Flamme für Ihre Idee, Mr. Prince!“ „Waren Sie schon einmal im Mulatten Klub?“ fragte er lauernd.
    „Nein. Leider nicht. Aber das Lokal würde mich brennend interessieren. Ich schwärme für Abenteuer, Mr. Prince. Leider erlebt man heutzutage nichts Aufregendes mehr.“
    „Hätten Sie Lust zu einer Nachtfahrt auf der Themse? Auf einem Boot, das gefährliche Fracht an Bord hat?“
    „Phantastisch, Mr. Prince“, hauchte Angela Sirion. „Es wäre wie im Film. Würden Sie mich da wirklich mitnehmen?“
    „Kommen Sie morgen Abend um elf Uhr zum Themsetunnel in Wapping. Warten Sie neben den Bootsschuppen auf mich. Einverstanden?“
    „Einverstanden“, lächelte Angela Sirion glücklich.
    Bisher war alles ganz
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