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Komisch - die Liebe

Komisch - die Liebe

Titel: Komisch - die Liebe
Autoren: Andrea Manni
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sind die Erde.
    Clelia.
    Alles ging so schnell. War so normal. So rund und richtig.
    Wir betraten die Buchhandlung, die viel gemütlicher ist als meine. Wir setzten uns. Bestellten einen Wein, sie einen weißen
     und ich einen roten. Das war das Einzige, worin wir uns nicht einig waren. Das Einzige, was uns trennte, einen Moment lang.
    Es lief das
Blumenduett
aus der Oper
Lakmé
von Delibes.
    Ich weiß nicht mehr, was mir durch den Kopf ging, als ich sie zum ersten Mal sah, damals unter dem heilbringenden Regen. Ich
     weiß nur, dass ich jetzt und hier, ihr gegenüber, das Gefühl habe, sie schon ewig zu kennen. Zu wissen, wo sie zur Schule
     gegangen ist. Was sie nicht gerne isst. Wie sie schläft. Ihren ganz eigenen Duft zu kennen. Ihre Kleidergröße. Ihr Parfüm.
     Zu wissen, wie sie ins Wasser springt. Wann sie das letzte Mal geweint hat und weswegen. Was sie sich wünscht. Wie sie schmeckt.
     Was sie mag. Wann sie zuletzt Schnupfen hatte. Welche Träume ihr guttun. Was sie berührt. Bei wem sie sich die Haare schneiden
     lässt.
    Schön ist sie, Clelia.
    Sie hat kastanienbraunes Haar, mit wundervollen mahagonifarbenen Strähnen und anderen, die ins Aschblondetendieren. Sie sind weich, glatt, schulterlang und fransig geschnitten.
    Sie ist nicht groß. Keinen Meter siebzig, glaube ich. Genauer gesagt, misst sie einen Meter achtundsechzig.
    Sie ist dünn. Sie hat einen leichten Körper, Knochen so zart wie die einer Kohlmeise. Ihr Muskel-Gelenk-Apparat ermöglicht
     es ihr, sich anmutig und geschmeidig zu bewegen. Musikalisch. Ein ständiger Tanz.
    Das Gesicht ist leicht quadratisch und kantig, aber harmonisch. Elegant. Hohe Wangenknochen. Große Augen. Hellbraun, mit smaragdgrünen
     Sprenkeln.
    Die Nase ist schön. Ansatzweise schief, etwas prominent, aber wohlgeformt.
    Die Haut ist gepflegt und leuchtend. Gesunde Gesichtsfarbe.
    Der Mund, kunstvoll geschwungen, bildet den Rahmen für ein ansteckendes und lebhaftes Lächeln.
    Die Ohren sind phantastisch.
    Knöchel. Clelias Knöchel sind ein Monument der Anmut.
    Schmal, sehnig, wie bei einem wahren Vollblut.
    Kurz, sie ist von einer ganz eigenen Schönheit. In ihrem Gesicht gibt es nichts Ordinäres oder Gewöhnliches. Alles ist so
     ungewöhnlich, ungewohnt und original.
    Mir fallen die Verse von Sandro Penna ein:
     
    Gleich einem bekannten Gesicht
    eher noch unbekannt, ohnegleichen
    unter den anderen Tieren, einzige Erde
    deine zufällige Form, wie ich sie liebte.
     
    Clelia ist fünfunddreißig Jahre alt. Sie wirkt jünger.
    Sie spielt Cello in der Nationalakademie Santa Cecilia.
    Wir haben entspannt geplaudert und uns dies und dasvoneinander erzählt. In aller Ruhe. Wir haben ein paar Gläser Wein getrunken. Draußen geraucht und geredet. Über Musik, Literatur,
     Kino. Traumurlaube. Enttäuschungen. Missglückte Reisen.
    Clelia ist eine vielseitige Gesprächspartnerin. Sie interessiert sich für alles Mögliche. Wir haben oft gelacht.
    Um Viertel nach neun aßen wir etwas zusammen.
    Um halb elf küssten wir uns auf der Piazza Santa Maria in Trastevere.
    Um fünf vor elf tasteten wir uns unter unseren Kleidern voran, während der Aufzug zu meiner Wohnung hinauffuhr.
    Um zehn nach elf liebten wir uns, zuerst auf dem Sofa, dann auf dem Teppich.
    Um halb zwölf bewegten wir unsere Körper, ohne voneinander zu lassen, in Richtung Schlafzimmer. Lachend und überall anrempelnd,
     als wären wir eins.
    Um Viertel nach zwölf rauchten wir eine Zigarette.
     
    Schon um fünf nach acht war mir vollkommen klar, dass ich verrückt nach ihr bin.
     
    Um zwölf Uhr fünfunddreißig liebten wir uns wieder.
    Um zehn nach eins schmiegten wir uns aneinander. Erschöpft.
    Schläfriges Glück.
    Wir sind die Erde.
    Worauf laufen und leben wohl die anderen Lebewesen dieses Planeten?
    Um Viertel vor zwei regt sich das Sternbild meiner Liebe. Rückt leicht ab. Ohne einen Laut. Entschwebt aus unserem Universum.
     Das ganze Firmament und alle Himmelskörper rücken zur Seite, um sie zu betrachten.
    »Das Bad ist dort.«
    Ich sage das, um ihr nicht zu sagen, dass ich sie mit meinem ganzen Wesen liebe. Mit Leib und Seele, ganz und gar. Mit meinem
     entflammten Blut. Mit meiner Vergangenheit ohne sie. Und meiner Zukunft in ihr. Sei mir Eisen und Feuer. Wasser und Leben.
     Gib mir Leben. Du bist die Askese. Die Bewegung. Ich bin trunken von dir. Du bist mir Wind und Segel. Meer und Flutwelle.
     Du bist mein blinder Passagier. Meine schöne Galionsfigur.
    »Das Bad ist dort.«
    Clelia
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