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Kokoschkins Reise

Kokoschkins Reise

Titel: Kokoschkins Reise
Autoren: Hans Joachim Schädlich
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die Hafenanlagen betrachten. Er fuhr bis Deck 13.   Sah große Schiffe, die festgemacht hatten. Sah kleine Schiffe, die in den Hafen einfuhren. Die Bläue des Wassers unter sonnigem Himmel am späten Nachmittag.
    Nach der Reise mit Jakub Hlaváček kam plötzlich große Ruhe über ihn. Das Schiff eine Insel. Kokoschkin unerreichbar. Die Aussicht auf eine gleichmäßige mittlere Geschwindigkeit. Besinnung auf die Bilder der Vergangenheit.
     
    Zurück in seiner Kabine, legte Kokoschkin die Rettungsweste an, wie es geschrieben stand, und machte sich auf den Weg zu Deck 7.   Unzählige Leute in roten Westen.
    Die Passagiere lernten: Nur im extremsten Fall sich ins Wasser fallen lassen! Sollte dieser Fall aber eintreten, so halte man sich die Nase zu und drücke die Handflächegegen den Mund. Die andere Hand drücke man auf der gegenüberliegenden Seite gegen die Weste, damit sie nicht nach oben gerissen werde, wenn man aufs Wasser treffe.
    Nun schaue man nach, ob direkt unter einem etwas oder jemand im Wasser schwimme.
    Jetzt geradeaus schauen und nach vorne schreiten!
    Die Passagiere lernten auch, daß das Notsignal aus sieben kurzen Tönen und einem langen Ton der Schiffsglocke bestehe. Wenn es ertöne, habe man warm angezogen (Kopfbedeckung nicht vergessen) mit angelegter Rettungsweste und mit lebensnotwendigen Medikamenten versehen zu einer Assembly Station zu gehen. Die Assembly Stations befänden sich eben hier auf Deck 7, wo die Rettungsboote hingen, wie man sehe.
    Am Ende der Übung brachte Kokoschkin die Rettungsweste in seine Kabine zurück. Neben der Kabinentür stand sein Koffer.
     
    Kokoschkin wollte, bevor er seinen Koffer auspackte, noch einmal auf Deck 7 gehen, das Promenadendeck. Neben Kokoschkin traten mehr und mehr Leute an die Reling. Hafenbedienstete in gelben Westen machten die Leinen los. Um 18   :   00   Uhr löste sich das Schiff fast lautlos von der Pier.
    Abendessen 20   :   30   Uhr im Britannia Restaurant. Die Kleidung für den Abend: leger. Hemd oder Pullover und lange Hose. Sakko nicht nötig. Und die Damen?Bluse oder Pullover, Rock oder Hose. Kokoschkin trug nie Pullover, und er ging nie ohne Sakko in ein Restaurant.
    Zeit umherzuwandern. Die Grand Lobby sechsstöckig. Zugang zu den Mayfair Shops auf der Höhe von Deck 3. Hermès, Chopard, H.   Stern etc. Kokoschkin sah sich die Dinge zwar gerne an. Schmuck, Uhren, Parfums, Kosmetika, Kleidung, Spirituosen, Tabakwaren. Alles zu Phantasiepreisen. Aber er registrierte, daß ihn die Sachen nicht wirklich interessierten. Höchstens der Photo Shop.
    Er warf einen Blick in den Chart Room; für einen Barbesuch war es zu früh. Zu schweigen von der Champagner Bar Veuve Clicquot. Aber Sir Samuels Wine Bar hielt ihn auf. Einen Apéritif.
     
    Erst gegen 20   :   45   Uhr ging Kokoschkin hinunter zum Eingang des Britannia Restaurants.
    Er war beeindruckt. Das Restaurant drei Decks hoch und so breit wie das Schiff. An der Stirnwand ein riesiger Gobelin: Das Schiff vor der Skyline von Manhattan. Zu Füßen des Gobelins der runde Tisch des Kapitäns, der Master genannt wird. Er residierte mit zehn Gästen.
    Kokoschkin gelangte zu dem Tisch, der ihm durch eine Tischkarte zugewiesen war, die er aus seinen Papieren genommen hatte. Er verbeugte sich leicht: «Kokoschkin.»
    Er setzte sich. Zu seiner Rechten eine dunkelhaarige Frau Mitte Vierzig. Sie sagte: «Noborra.»
    Im gleichen Moment sagte der Mann zur Linken, an der Stirnseite: «Herr Kokoschkin, wir kennen uns. Aus Boston. Ich bin Josh Oakley.»
    «Das ist eine Überraschung. Ich habe nicht vergessen, daß Sie mich einmal aus einer gefährlichen Lage befreit haben.»
    Frau Noborra sagte: «Darf man wissen   …»
    «Ich war auf offener Straße angerempelt worden.»
    Oakley sagte: «Sagen Sie ruhig: überfallen.»
    «Zwei junge Männer hielten mich fest und verlangten Geld von mir. Ich war drauf und dran, ihnen Geld zu geben. In diesem Moment trat Herr Oakley hinzu und zog seine Dienstwaffe. Die jungen Männer ließen mich los und rannten davon.»
    Der schmächtige alte Mann, der Kokoschkin gegenübersaß, sagte: «Sie können mich Frank nennen.» Er wies auf die zarte alte Frau zu seiner Seite: «Das ist meine Frau.»
    Sie sagte zu Kokoschkin: «Sie dürfen mich Lucy nennen.»
    «Das ist freundlich von Ihnen.»
    An der Stirnseite zur Rechten Kokoschkins saß ein junger Mann. Er sagte: «Sachnowski.»
    «Sind Sie Russe?»
    «Wie Sie.»
    Frank sagte: «Sie kommen spät. Die Vorspeisen
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