Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kohl des Zorns

Kohl des Zorns

Titel: Kohl des Zorns
Autoren: Robert Rankin
Vom Netzwerk:
Bruder vor.
    Neville drehte sich erneut in seinem Bett um. »Allison«, murmelte er, »du bist wirklich ein ungezogenes Mädchen.«
    Inspektor Hovis mühte sich mit den Armen voller Goldbarren zu einem hastig requirierten Eiskremwagen. »Machen Sie weiter, laden Sie auf, soviel Sie können«, befahl er Hugo Rune. »Hinten ist noch jede Menge Platz.«
    »Gehe ich richtig in der Annahme, daß Sie einen vorzeitigen Ruhestand planen?« erwiderte der Magus.
    Professor Slocombe wandte das Gesicht zum Himmel. »Es ist vollbracht. Glaube ich wenigstens«, sagte er. »Es ist vollbracht.«
    »Bedeutet das, ich bin jetzt Millionär?« fragte Jim Pooley.

Kapitel 44
     
    Ein strahlendes Gesicht lächelte in die Welt hinaus. »Wir berichten live von den Londoner Olympischen Spielen«, sagte es.
    Im Stadion wehten Fahnen, marschierten Athleten und jubelten eine Million Stimmen wie ein Dankgebet dem Sommerhimmel entgegen.
    Im Arbeitszimmer des Professors ließ Jim Pooley den Korken einer Champagnerflasche knallen.
    »Langsam, Jim«, mahnte der alte Mann. »Das ist ein ziemlich teurer Tropfen.«
    »Setzen Sie ihn auf die Rechnung«, erwiderte der Bursche und verspritzte den Inhalt großzügig im Zimmer. »In fünf Minuten fangen die Spiele an, in sechs machen John und ich einen Spaziergang zu Bobs Buchmacherladen, und zwar in Begleitung der versammelten lokalen Konstablerei, und in spätestens einer Stunde sind wir allesamt besinnungslos betrunken.«
    »Darauf trinke ich jetzt schon«, sagte Omally. »Auf die Brentforder Olympiade!«
    »Auf die Spiele!« rief Jim. »Aber nicht auf ihren Sponsor!«
    »Hmmm.« John schlürfte Champagner. »Dieser Herumtreiber, was war das eigentlich für ein Bursche, Professor? War er ein Mensch oder ein Dämon oder was?«
    »Ich bin nicht einmal sicher, ob Kaleton selbst gewußt hat, was er war. Er verachtete die Menschheit, weil er keiner ihrer Söhne war. Er mußte sich beweisen, daß er größer war als die Menschen. Sein Charakter, falls er überhaupt im buchstäblichen Sinne des Wortes so etwas besessen hat, war in ständigem innerem Widerstreit. Eine ständige Folter urgewaltiger Konflikte. Er war in gewisser Weise Ego, Macht, Gut und Böse in einer Person. Er verachtete jegliche menschliche Emotion und erlag ihr nichtsdestotrotz. Egoismus, Stolz, Größenwahn … er lechzte förmlich nach Anerkennung für seinen eigenen verrückten Genius.«
    »Das Stadion!« sagte John.
    »Ganz genau. Das Stadion sollte seine Apotheose werden. Ich glaube, daß das Stadion nicht mehr aufzuhalten gewesen wäre, hätte er es tatsächlich zum Leben erweckt.«
    »Und warum hat er es dann letzte Nacht nicht aufgeweckt?«
    »Sein Über-Ich hat es nicht erlaubt. Er wollte, daß die gesamte Welt zusah, wenn er seine Macht demonstrierte. Ich mußte auf diese menschliche Schwäche bauen. Es war alles, was ich hatte.«
    »Sie sind ein ziemliches Risiko eingegangen, Professor«, sagte Omally.
    »Ich bin nicht nur eines, sondern eine ganze Menge Risiken eingegangen. Zum Beispiel, daß Normans Wagen funktionieren würde. Oder daß du mit deinen Koffern zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle sein würdest, John.«
    Pooley blickte den alten Gelehrten lange und nachdenklich an. »Irgendwie scheint mir, daß es in letzter Zeit eine ganze Menge glücklicher Zufälle gegeben hat«, beobachtete er.
    Professor Slocombe zwinkerte.
    »Ich bin rein zufällig gar nicht so sehr vom Zufall überzeugt«, sagte er. »Trink aus, Jim, ich mach’ uns noch eine Flasche auf.«
    Pooley spähte in sein Glas. »Also war Kaleton gar nicht die Seele der Welt?« fragte er in einem Tonfall, der beinahe Enttäuschung zum Ausdruck brachte. Omally sah seinen Freund befremdet an.
    »Nein, Jim«, sagte der Professor und staubte eine weitere antike Flasche ab. »Ich weigere mich einfach, das zu glauben. Kaleton bestand aus einem richtiggehenden Chaos verschiedener Organismen, das habt ihr selbst gesehen. Es fiel ihm von Tag zu Tag schwerer, eine menschliche Gestalt oder überhaupt irgendeine Gestalt zu bewahren. Er wußte, daß seine Zeit allmählich knapp wurde. Ich glaube, Kaleton war ein Produkt der gleichen Gifte und Verrottungsprozesse, die er selbst so sehr verabscheute. Das fleischgewordene Produkt des Bösen zahlreicher Jahrhunderte.«
    »Ich hasse die Vorstellung, etwas zu seinen Gunsten zu sagen«, erwiderte Pooley, »doch in Kaletons Worten lag eine Menge Wahrheit. Dem Planeten wurde schlimmes Unrecht angetan. Entropie bestimmt unsere
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher