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Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out
Autoren: Andreas Eschbach
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Schmerzen. »Nicht nur das. Überleg doch: Nach allem, was wir miteinander durchgemacht haben, kann keiner von uns beiden je wieder mit jemand anderem zufrieden sein. Weil niemand sonst weiß, wie es gewesen ist. Weil das niemand außer uns beiden wirklich verstehen kann.«
    Serenity musterte ihn mit gerunzelter Stirn. »Und was schließt du daraus?«
    »Dass wir zusammenbleiben müssen. Wir haben gar keine andere Wahl.«
    »Und das findest du gut?«
    »Ja«, sagte Christopher. »Das finde ich gut.«

Timeout

91

    Es war ein warmer Frühlingsabend. Über der Stadt Darwin im Norden Australiens ging gerade die Sonne unter, als ein Polizeiauto vor einem Haus im Stadtteil Larrakeyah hielt. Ein Mann in Uniform stieg aus. So unruhig, wie er sich umsah, wirkte er, als wäre er lieber nicht hier.
    Doch da trat schon ein Mann in einem grauen Trainingsanzug aus der Tür und sagte: »Hi, Jim.«
    »Hi, Marcus«, erwiderte der Polizist. »Und? Hast du es?«
    Der Angesprochene rieb seinen Hals, als sei ihm der Hemdkragen zu eng. »Ja. Aber wohl ist mir nicht dabei.«
    »Ich hab dir doch erklärt –«
    »Jaja.« Jim öffnete seinen Kofferraum. »Schnell, schaffen wir es rein.«
    Gemeinsam hievten sie eine schwere schwarze Reisetasche aus dem Auto. Jim schlug den Kofferraumdeckel zu, dann trugen sie die Tasche ohne ein weiteres Wort ins Haus.
    »Wie gesagt, ich brauch das Gerät nur ein paar Tage«, stieß Marcus hervor, als sie die Tasche drinnen auf den Küchentisch wuchteten. »Danach kannst du es zurückbringen, wenn du –«
    »Quatsch«, sagte Jim. »Wir haben diese Dinger massenweise eingesammelt. Der Asservatenkeller ist voll davon. Den Apparat hier vermisst niemand. Und ich werd den Teufel tun und riskieren, ihn zurückzuschmuggeln.«
    »Dann versteh ich nicht, was du –«
    »Du willst meiner Schwester so ein Ding einpflanzen! Und dir selber auch«, zischte Jim. »Mann – viele von den Kids, denen sie die Lifehooks rausgemacht haben, sind jetzt noch in Behandlung!«
    Marcus nickte. »Ich weiß. Ich war schließlich einer von denen, die Lifehooks entfernt haben. Aber das hier ist was anderes. Ich will ja nicht die Welt erobern. Ich will nur, dass Theresa wieder am Leben teilhaben kann. Dass sie noch mal erleben kann, wie es ist, am Strand spazieren zu gehen. Zu rennen. Zu schwimmen, meine Güte.«
    Jim seufzte abgrundtief und zog den Reißverschluss der Tasche auf. Ein Gestänge kam zum Vorschein, das entfernt an ein Instrument für Augenärzte erinnerte. »Ich weiß. Aber es ist mir trotzdem unheimlich.«
    »Das Problem mit der Kohärenz war lediglich, dass sie solche Ausmaße angenommen hat«, sagte Marcus. »Wir werden die Technik nur für uns nutzen. Nur wir zwei. Theresa und ich.«
    Jim musterte seinen Schwager lange. »Versprochen?«
    »Versprochen.«
    »Okay.« Jim holte eine Plastikschachtel heraus und legte sie ihm hin. »Da sind die Chips. Zwei Stück, und zwei in Reserve.«
    Marcus Shepard war von Beruf Hals-Nasen-Ohren-Arzt. Er betrieb eine Praxis in der Mitchell Street, seine Patienten mochten ihn, mit seinen Nachbarn kam er gut aus. Wobei niemand etwas Schlechtes über ihn gesagt hätte: Man wusste schließlich vom tragischen Schicksal seiner Frau.
    Theresa Shepard war drei Jahre zuvor mit dem Fahrrad verunglückt und seither an Armen und Beinen gelähmt. Sie lag, auf Pflege angewiesen wie ein Baby, den ganzen Tag im Bett und sah fern. Den Fernseher steuerte sie mit einer sprachgesteuerten Fernbedienung, die es hinnahm, wenn sie sie anschrie oder wenn sie weinte vor Verzweiflung.
    Je länger es ging, desto schwermütiger wurde sie. Dabei tat Marcus, was er konnte, um ihr Los zu erleichtern. Er hatte seine Hobbys – Wandern, Schwimmen, Radfahren – aufgegeben, um so viel Zeit wie möglich mit ihr zu verbringen. Er beschäftigte eine Pflegerin, die in der Nähe wohnte und mehrmals am Tag nach Theresa sah, sowie eine Haushaltshilfe. Sie hatten Freunde, die trotz allem noch regelmäßig zu Besuch kamen. An solchen Abenden zu sehen, wie seine Frau aufblühte, lachte – das machte Marcus Shepard glücklich.
    Doch Theresa war eine leidenschaftliche Sportlerin gewesen, hatte einst als australische Hoffnung auf olympisches Gold im Marathonlauf gegolten. Ihren Körper nur noch als regloses Anhängsel zu empfinden, nicht mehr spüren zu können, wie es war, wenn sich Muskeln und Knochen bewegten, das Herz pumpte, der Atem tiefer wurde ...
    Darüber durfte sie gar nicht nachdenken.
    Dann war das mit dieser Kohärenz
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