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Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out
Autoren: Andreas Eschbach
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seines Rotors zerrte allmählich an den Nerven. Es schienen sich draußen auch immer mehr Menschen zu versammeln. Sie bildeten einen weiten Kreis um das Gebäude; ein paar Wagemutige kamen näher, versuchten, durch die Scheiben ins Innere zu spähen.
    Was konnten sie da schon sehen? Lauter Leute, die reglos herumlagen. Bewusstlos diesmal, richtiggehend.
    Christopher humpelte die Schränke entlang, öffnete Fächer, zog Schubladen auf. Aussichtslos. Einer der Männer musste die Schlüssel mitgenommen haben. Und jetzt?
    Ob die Lifehook-Träger wohl nach der Löschung der Zuordnungs-Datenbank auch alle bewusstlos waren? Schwer zu sagen. Möglich. Er hatte jedenfalls sämtliche Backups der Datenbank gelöscht, soweit sich das von hier aus feststellen ließ.
    Verdammt, tat der Fuß weh. Es war eine Kurzschlusshandlung gewesen, sich selber zu verletzen. Er war so verzweifelt gewesen, so bereit zu allem ... Es schauderte ihn, wenn er an diesen Moment zurückdachte.
    Er fand die Schublade mit dem Verbandszeug, versuchte, zumindest die Blutung zu stoppen. Gegen die pochenden Schmerzen hätte er vermutlich eine Tablette nehmen müssen, aber er wusste nicht, welche.
    Wie kam man hier sonst noch raus? Er sah sich um. Es musste einen Notausgang geben! Feuerschutzvorschriften galten auch für Banken, mochten sie aus Glas sein oder nicht.
    Da. Tatsächlich. Ein dezenter Aufkleber mit der Aufschrift »Notausstieg«. Überaus dezent. Wenn man nicht danach suchte, bemerkte man ihn kaum. Er humpelte aus dem Halbrund der Tische, die Glasscheiben entlang. Wie ließ sich das nun öffnen? Wenn nur dieser verdammte Fuß nicht so –
    Ah. Okay. Ein Hebel am unteren Rand. Von außen unzugänglich – klar, sonst wären sie hereingekommen. Christopher zog daran, kräftig, und die Scheibe schwang vor ihm auf wie eine große Tür. Kühle, nach Schweiß und allerhand Unappetitlichem stinkende Luft schlug ihm entgegen.
    Ein paar Upgrader lagen bewusstlos am Boden. Er stieg über ihre Leiber hinweg, wankte in den Innenhof hinaus.
    Alles war still. Kaum zu glauben.
    Der Fuß fühlte sich an wie eine dicke, dumpfe, pulsierende Blase aus Schmerz. Jetzt durfte er nicht zusammenklappen, fiel ihm ein. Hier würde ihn lange niemand finden.
    Also schleppte er sich weiter. Das Portal funktionierte, fuhr mit leisem Scharren vor ihm auf. Noch kühlere Luft, aber frischer. Früher Morgen. Leute überall, die ihn anstarrten. Wegschauten, ehe ihre Blicke wieder zu ihm zurückwanderten. Und immer noch der Hubschrauber. Was tat der eigentlich da oben?
    Ein Krankenwagen wäre jetzt eine tolle Sache gewesen. Er hätte sich gern fallen lassen.
    Leute, die näher kamen. Ihm etwas zuriefen. Er verstand nicht, was sie sagten, hinkte einfach weiter. Er wusste selber nicht, wieso und wohin.
    Und dann war da plötzlich Serenity. Löwenmähne, Sommersprossenflut, warmer Blick, Arme, die ihn umfingen.
    »Du hast es geschafft«, schluchzte sie in sein Ohr. »Du hast die Kohärenz besiegt.«
    »Hat dein Vater doch recht behalten.«
    »Was? Dass du vom Schicksal auserwählt warst?«
    »Ich habe einen ziemlichen Respekt vor dem Schicksal entwickelt, muss ich zugeben.« Er schaute umher. Da war ein Steinquader, der aussah, als könnte man auf ihm sitzen. Sitzen, das war es, was er jetzt brauchte. »Wo ist Guy?«
    »Weg. Er wollte lieber nicht warten, bis die Polizei auftaucht. Ich soll dich von ihm grüßen.«
    »Na toll. Ich hab gedacht, ich kann mir endlich mal was Frisches anziehen.«
    »Unsere Sachen hab ich. Beruhig dich.« Sie sah an ihm herab. »Sollen wir uns nicht lieber hinsetzen? Dein Fuß sieht ...« – sie schluckte – »übel aus.«
    »Hinsetzen wäre eine prima Idee.«
    Serenity führte ihn zu dem Quader. Dekoration, vermutete Christopher, aber stabil. Das war das Wichtigste.
    Und da saßen sie Seite an Seite auf dem Stein, während um sie herum das Chaos ausbrach. Polizeiautos kamen an. Uniformierte stürmten das Gebäude. Ein zweiter Hubschrauber kam und landete. Schützenwagen fuhren vor. Menschen überall. Flatternde Absperrbänder. Krankenwagen. Leute mit Kameras.
    Egal. Niemand beachtete sie. Sie konnten einfach hier sitzen und einander halten. Da war das mit dem Fuß nur noch halb so schlimm.
    »Ein Gutes hat das alles auf jeden Fall gehabt«, sagte Christopher irgendwann.
    Serenity lächelte wehmütig. »Sag jetzt am besten: Es hat uns zusammengebracht«, riet sie ihm. »Das wäre nämlich romantisch.«
    Christopher musterte sie, musste lachen, trotz der
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