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Kohärenz 01 - Black*Out

Titel: Kohärenz 01 - Black*Out
Autoren: Andreas Eschbach
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wissen.
    Dr. Connery machte eine fahrige Geste. »Oh. Im Prinzip jetzt gleich. Der Patient ist versorgt, sicher angeschnallt, der Kreislauf ist stabil … Einer von uns muss natürlich bei ihm bleiben. Es wäre gut, wenn jemand anders das Steuer übernimmt, weil wir, glaube ich, beide nicht mehr richtig fit sind.«
    Christopher sah auf die drei verdrehten, irgendwie schmutzig aussehenden Krümel aus Silikon und Metall in seiner Handfläche hinab. Das also war es, was übrig blieb vom Siegel der Kohärenz. Es sah so lächerlich winzig aus. Kaum zu fassen, dass nicht mehr nötig war, um einen Menschen seiner Individualität zu berauben.
    Und ihn mit unvorstellbarer Macht und Allwissenheit auszustatten.
    Er schloss die Hand darum, wütend über diesen letzten Gedanken, holte aus und schleuderte die Bruchstücke des Chips so weit fort, wie er konnte.
    Jeremiah Jones knurrte missbilligend. »Das war jetzt unnötig, Christopher. Eine Analyse der Überreste hätte uns wertvolle Informationen geben können.«
    Christopher fasste in seine Jackentasche, holte ein Etui heraus und drückte es Jones in die Hand. »Hier«, sagte er. »Hab ich einem der Upgrader abgenommen, ehe wir gegangen sind. Das sind die Chips, die die Kohärenz für uns vorgesehen hatte. Zwanzig Stück. Das sollte erst mal genug Material für Analysen sein.«

 
Freunde
     
     
    90 | Das neue Camp gefiel Serenity fast besser als das vorige. Sie lagerten in der flachen Biegung eines Wildwassers, das unablässig murmelte und rauschte und silbern schimmerte, und befanden sich noch tiefer im Wald als vorher.
    Und zwar offenbar an einer Stelle, wo sie noch nie gewesen waren, denn Irene aus der Küche maulte unablässig, wo sie hier ihre Kräuter herkriegen sollte.
    Als der Lotse gekommen war, um Melanie, Madonna und sie bei Patricia abzuholen und zum neuen Lagerplatz zu bringen, hatte Serenity ihn unterwegs gebeten, an einer Telefonzelle anzuhalten. Sie hatte ihre Mutter angerufen, hatte versucht zu erklären, ohne etwas zu verraten – was fast unmöglich war –, und dann die fällige Standpauke über sich ergehen lassen. Ihre Mutter war abwechselnd erleichtert, stinkwütend, besorgt und ungehalten geworden.
    Ihre Stimmung verbesserte sich nicht, als Serenity ihr erklärte, sie werde einstweilen nicht zurückkommen.
    »Du und dein Vater – ihr wisst aber noch, dass es so was wie Schule gibt? Und dass die übermorgen wieder beginnt?«
    Man hätte Löcher bohren können mit dem Klang ihrer Stimme.
    »Ja, ist mir klar. Trotzdem. Es geht gerade nicht. Mom, bitte glaub mir, ich muss jetzt einfach hierbleiben.«
    Immerhin, ihre Mutter fragte nicht nach dem Grund und ersparte es ihr auf diese Weise, sagen zu müssen, dass sie ihr das nicht am Telefon erklären konnte.
    »Also gut«, sagte sie schließlich, mit einem Klang in der Stimme, der deutlich zum Ausdruck brachte, dass sie das alles andere als gut fand. »Ich entschuldige dich in der Schule. Aber sag deinem Vater, er soll einen Weg finden, sich bei mir zu melden – und zwar so schnell wie möglich. Ewig wird das nämlich so nicht funktionieren!«
    »Ich hab nichts von ewig gesagt«, erwiderte Serenity.
    Doch als sie aufgelegt und die Telefonzelle verlassen hatte, war ihr auf einmal gewesen, als würde sie ihre Schule nie wiedersehen.
    Dad, Christopher und die anderen kehrten erst drei Tage später aus San Francisco zurück. Sie kamen mit den zwei Autos und Brians Wohnwagen, in dem sie auch Christophers Vater transportierten, im unteren der beiden Stockbetten. Am oberen Bettrand hing der Tropf, über den man ihn ernährte. Das Medomobil hatten sie unterwegs wieder abliefern müssen.
    Sie brachten Christophers Dad in ein Zelt neben das von Dr. Lundkvist. Dort lag er die ersten Tage, reglos, die meiste Zeit mit geschlossenen Augen. Wenn er sie zwischendurch kurz öffnete, gruselte einen: Er starrte einfach durch einen hindurch, schaute leblos ins Leere, und man hatte nicht das Gefühl, dass dahinter noch jemand war. Er hätte auch eine Puppe sein können.
    Es sei kein Koma, erklärte Dr. Connery. Es sei etwas anderes; ein Zustand, den es noch nie zuvor gegeben habe und für den in der medizinischen Fachliteratur folglich noch kein Begriff existiere.
    Und ja, es sei durchaus denkbar, dass sie James Kidd zwar aus der Kohärenz befreit hätten, dass er aber nie wieder zu sich kommen würde.
    Christopher wich seinem Vater nicht von der Seite. Den ganzen Tag über saß er an dessen Bett, und nachts schlief er auf
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