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Kohärenz 01 - Black*Out

Titel: Kohärenz 01 - Black*Out
Autoren: Andreas Eschbach
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und kurz und mit verstellter Stimme.«
    »Und woher hast du das gewusst mit diesem … Wie hieß der Kerl doch gleich? Lu Harvester?«
    »Darauf bin ich gestoßen, als ich über Tremblestoke recherchiert habe. In einem Zeitungsartikel stand, dass sie nach dem dort schon seit Monaten fahnden.«
    Jones stieß einen Seufzer aus. »Aber warum? Wozu uns alle in Gefahr bringen?«
    »Ich brauchte eine glaubwürdige Gelegenheit, jemandem sagen zu können, dass ich Angst davor hätte, hier auf meinen Vater zu treffen. Dass ich in dem Fall wehrlos sein würde. Und das musste ich über ein Telefon sagen. Es musste wie ein Versehen wirken, als rutsche es mir in der Aufregung heraus -«
    »Du wolltest die Kohärenz dazu bringen, deinen Vater nach Los Angeles zu schicken?«
    »Genau.«
    Jones schüttelte verwundert den Kopf. »Du bist davon ausgegangen, dass sie dieses Telefonat mithören würde? Irgendein Telefonat, irgendwo auf der Welt?«
    Christopher hob den Kopf. »Natürlich. Als ich noch angeschlossen war, habe ich das auch gemacht. Das ging so nebenbei wie Radiohören.« Er sah über die Stadt und die Bay, deren Konturen allmählich aus dem Zwielicht hervortraten. »Linus hatte diese Freundin, diese Stewardess, als er das erste Mal in die USA kam, um sich die Internet-Schnittstelle implantieren zu lassen. Ihr Vater arbeitet für den Geheimdienst NSA. Über die beiden hat sich die Kohärenz später Zugang zu deren ECHELON-System verschafft, einer riesigen Computeranlage, die alle Telefonate auf der ganzen Welt überwacht. Das war das erste reine Computersystem, mit dem sich die Kohärenz direkt verschaltet hat.«
    »Du meine Güte«, murmelte Jones.
    Christopher fröstelte. Jetzt erst fiel ihm auf, wie kalt es hier draußen war. »Ich war mir nicht sicher, ob Dad es rechtzeitig schaffen würde. Von London nach San Francisco, das dauert schon eine Weile …«
    »Und dann hast du das Stromnetz von ganz Kalifornien zusammenbrechen lassen. Einfach so«, sagte Jones. Es klang halb missbilligend, halb bewundernd.
    »Ganz so einfach war es nicht«, bekannte Christopher. »Es musste ja nicht nur ausfallen, es musste auch lang genug so bleiben. Ich hab den größten Teil meiner Internetrecherchen dazu gebraucht, die nötigen Details herauszukriegen.«
    Dass er an die vertraulichen Notfallpläne herangekommen war, hatte sich natürlich als extrem nützlich erwiesen. Aber so genau wollte das sicher niemand wissen.
    Jones dachte nach. »Okay«, meinte er schließlich. »Letzten Endes ist dein Plan geglückt. Aber der erhoffte große Schlag gegen die Kohärenz war es nicht, oder?«
    »Aber ein Schlag war es«, sagte Christopher. »Ein Mitglied auf diese Weise zu verlieren, das trifft die Kohärenz ins Mark, glauben Sie mir. Die ist jetzt fuchsteufelswild.«
    »Na großartig«, entgegnete Jones müde. »Aber dir ist klar, dass wir unmöglich hunderttausend solcher Aktionen durchziehen können, oder? Nur falls du in Kategorien von Heute befreie ich meinen Vater, morgen meine Mutter und übermorgen den Rest der Welt gedacht haben solltest.«
    Christopher wusste nicht, was er darauf hätte sagen sollen. So weit in die Zukunft hatte er noch nicht geplant. Wozu auch? Wenn diese Geschichte hier nichts weiter gebracht hatte, als seinen Vater aus der Kohärenz zu reißen, wenn Dad ihnen nicht weiterhelfen konnte, mit einer Idee, mit einer Information, irgendwie … Dann hatte es ohnehin keinen Zweck, sich Gedanken über die Zukunft zu machen. Dann war klar, wie die aussehen würde.
    Dann würde die Kohärenz gewinnen. Und ob das schon nächstes Jahr sein würde oder erst in zwei Jahren, darauf kam es dann auch nicht mehr an.
    Das unverkennbare Geräusch, mit dem die luftdichte Tür des Medomobils geöffnet wurde, enthob ihn der Notwendigkeit zu antworten. Sie drehten sich herum und sahen zu, wie Dr. Connery die schmale Leiter heruntergestiegen kam, noch im grünen OP-Kittel, den Mundschutz lose um den Hals hängen. Der Kittel war blutbespritzt, das sahen sie, als er näher kam.
    »Geschafft«, sagte er in einem Ton, aus dem abgrundtiefe Müdigkeit sprach. Er drückte Christopher ein paar dunkle, verschmierte Metallkrümel in die Hand. »Das sind die Überreste des Chips. Wir mussten ihn zerbrechen. Dein Dad hat es gut überstanden, soweit man das im Moment sagen kann. Er wird natürlich noch eine ganze Weile bewusstlos bleiben, und was danach sein wird … Tja. Das wird man abwarten müssen.«
    »Wann können wir weiterfahren?«, wollte Jones
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