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Kohärenz 01 - Black*Out

Titel: Kohärenz 01 - Black*Out
Autoren: Andreas Eschbach
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Chris …!«
    »Ihr verdammten …«
    »George!« Dads Stimme. Er schrie. »George, nein!«
    Da. Da war was! Ein Schatten im Augenwinkel, ein Zucken, ein Flackern … Kyle wandte hastig den Kopf, sah nichts.
    Und dann sah er doch etwas.
    »Oh mein Gott«, murmelte er.
    Er stellte einen Fuß auf den Fahrersitz und zog sich am oberen Türholm empor, um über das Fahrzeugdach sehen zu können.
    Die Stadt, das nächtliche San Francisco, ein funkelndes Geschmeide aus Hunderttausenden von Straßenlaternen, hell erleuchteten Bürogebäuden und bunt strahlender Reklame, erlosch. Straßenzug um Straßenzug wurde dunkel, Stadtteil um Stadtteil löste sich in Schwärze auf.
    Dunkelheit raste wie eine Wand auf sie zu.

 
    88 | Christopher sah Lichtkegel durch die Dunkelheit zucken, Taschenlampen, huschende Gestalten. Jemand tauchte keuchend neben ihm auf, löste den Lederriemen um seinen Schädel, endlich, und endlich konnte er sich fallen lassen. Er sank zusammen, und jemand fing ihn auf.
    In seinem Kopf war es still. Er hob die Hand, tastete nach seiner Nase. Sein halbes Gesicht fühlte sich taub an von dem Mittel, das sie ihm in die Nasenhöhle gesprüht hatten. Er betastete seine Oberlippe, die Feuchtigkeit dort, versuchte, im unruhigen bleichen Licht der Taschenlampen zu erkennen, was das war, Blut?
    Nein, es sah nicht aus wie Blut, und aus irgendeinem Grund, der ihm im Augenblick nicht einfiel, war das gut so. Sehr gut sogar.
    Dann sah er den Mann auf dem Boden neben sich, im Lichtkegel einer Handlampe. Er sah das Messer, das im Handgelenk des Mannes steckte, und alles fiel ihm wieder ein.
    Wie er den Injektor schon vor dem Gesicht gehabt hatte. Wie ein Schrei, laut und gellend und ohrenbetäubend – wie aus dem Nichts heraus. Und wie plötzlich, in letzter Sekunde, etwas angeflogen gekommen war, um das Gerät zur Seite zu schmettern.
    Christopher kannte das Messer. Er hatte es zuletzt am Gürtel von George Angry Snake gesehen.
    Er rappelte sich hoch, wusste wieder, was zu tun war, wusste wieder, dass er handeln musste, und zwar schnell.
    Das Rauschen in seinen Ohren ließ nach. Er hörte jemanden nach den Ärzten rufen, ein anderer wunderte sich über die Männer, die alle reglos auf dem Boden lagen und mit glasigem Blick ins Leere starrten.
    Was gab es da nicht zu verstehen? Das Feld war erloschen, hier wie fast in ganz Kalifornien, aus dem einfachen Grund, dass der Staat ohne Strom war. Die Upgrader waren aus der Kohärenz gefallen. Ihre Chips funktionierten, klar, aber das half ihnen nichts ohne Einbindung ins Funknetz. Ohne diese Einbindung funktionierten ihre Gehirne erst einmal nicht richtig.
    Christopher kam keuchend hoch, obwohl sich seine Knie anfühlten wie aus Gummi. »Langsam«, sagte derjenige, der ihn stützte. Brian. Der Typ, der fast nie etwas sagte.
    »Nein«, sagte Christopher. »Nicht langsam. Schnell.«
    Das verstand er wohl nicht. Egal. Christopher taumelte durch die schummrige Dunkelheit. Jeremiah! Wo war Jeremiah Jones?
    Und dann stand er auf einmal vor ihm. »Wir brauchen das Medomobil«, stieß Christopher hervor und hatte das Gefühl, nur zu brabbeln mit seinem halb betäubten Gesicht.
    »Sie sind schon unterwegs.« Serenitys Dad sah ihn durchdringend an. »Das war eine Falle!«
    Christopher nickte. »Kann man so sagen.«
    Da. Zwei Gestalten rannten durch die leere Lagerhalle. Dr. Lundkvist mit seiner Ledertasche, wie es sich gehörte. »Wo ist der Verletzte?«, wollte er wissen. Dr. Connery trug die Lampe.
    »Keine Zeit!«, drängte Christopher. Er packte den Neurologen am Ärmel, zog ihn mit sich, deutete auf eine reglose Gestalt am Boden.
    »Das ist mein Vater«, erklärte er. »Sie müssen ihn mitnehmen und ihm das Implantat entfernen. So schnell wie möglich!«
    Die Männer sahen ihn entgeistert an.
    »Das ist dein Vater?«, vergewisserte sich Jones.
    »Ja«, sagte Christopher. War er so schwer zu verstehen?
    Dr. Connery leuchtete Dads Gesicht ab. »Das stimmt. Jetzt erkenne ich ihn. Das ist James, kein Zweifel.«
    »Okay …«, meinte Jeremiah Jones und sah sich um. »Und was ist mit den anderen?«
    Christopher hob die Schultern. »Wir fesseln sie und lassen sie liegen.«
    »Aber das sind doch alles Upgrader, oder? Was ist mit deren Implantaten? Die müsste man auch entfernen.«
    »Müsste man. Wenn man es in fünf Minuten schaffen würde.«
    »Was heißt das?«
    Christopher holte Luft, bewegte den Unterkiefer, den er kaum spürte, die Zunge, die sich anfühlte, als sei sie geschwollen.
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