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Königliche Republik (German Edition)

Königliche Republik (German Edition)

Titel: Königliche Republik (German Edition)
Autoren: Annemarie Nikolaus
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del Mercato.
    Auf
dem Pizzofalcone dagegen herrschte der Alltag. Zwei Mal musste
Fabrizio einen Umweg fahren, weil Fuhrwerke mit Sand und Tuffstein in
den engen Gassen ausgeladen wurden und ihnen den Weg versperrten.
Selbst in diesem abgelegenen Viertel wurden Häuser aufgestockt,
weil es innerhalb der Stadtmauer keine freien Flächen mehr gab.
    Vor
dem Gallo bianco stieg Mirella aus. Nun spiegelte sich die
Sonne in den Scheiben des Wirtshauses und verwehrte ihr den Blick
hinein. Sie drückte langsam die Klinke hinunter. Aber die Tür
war verschlossen.
    Gegenüber
klapperte ein Fenster. Kurzentschlossen ging sie über die Straße
und klopfte dort.
    Nach
einer Weile wurde das Fenster geöffnet und eine zahnlose alte
Frau blickte zu ihr herunter. „Was ist?“
    „Sie
verzeihe mir, aber ... Wann hat der Gallo bianco auf?“
    „Was
will Sie dort?“ Die Alte strich ihre dünnen Haare zurück.
Sie kniff die Augen zusammen und deutete auf Fabrizio. „War Sie
nicht gestern schon hier?“
    Mirella
fühlte sich ertappt. Sie versteifte sich; doch dann wurde ihr
klar, dass sie die Gelegenheit nutzen konnte. Wenn sie harmlos genug
wirkte, bekäme sie bestimmt genug Antworten. „Aber ich
habe etwas vergessen und darum ....“ Wie absichtslos hörte
sie auf zu sprechen und sah scheinbar verlegen zu Boden. „Ich
bin manchmal ein bisschen schusselig.“
    „Aber
das macht doch nichts, Kindchen.“ Die alte Frau klang plötzlich
sehr viel freundlicher. „Der Wirt wohnt links daneben. Geh Sie
nur und klopfe.“ Sie reckte sich weiter aus dem Fenster. „Um
diese Zeit ist er meist schon wach. Ich denke doch, dass er an einem
Tag wie diesem ...“ Also gehörten der Gallo bianco und das Nachbarhaus tatsächlich zusammen. Bestimmt gab es eine
Tür, die beide Häuser miteinander verband.
    Bevor
die Alte sie mit ihrem Redefluss überschwemmen konnte,
verabschiedete Mirella sich schnell mit einem höflichen Knicks.
Sie raffte ihre Röcke und lief mit einem Tanzschritt los.
    „Fabrizio,
wem hast du gestern Darios Brief gegeben?“
    Fabrizio
sah irritiert aus. „Habe ich etwas falsch gemacht? Der Signore
sagte, es sei in Ordnung; er würde ihn weitergeben.“
    „Aber
du warst doch im Haus.“
    Er
nickte. „Sicher. Sollte ich den Brief etwa dem Kind geben, das
mir geöffnet hatte?“
    „Nein;
es war alles ganz richtig.“
    „Was
tun wir dann hier?“
    „Dario
erwartet eine Antwort“, fiel ihr ein zu sagen. „Aber wir
wollen uns doch nicht lange aufhalten lassen. Wenn du also wüsstest,
nach wem ich fragen soll?“
    Fabrizio
wiegte bedauernd den Kopf. „Frag Sie, ob der Edelmann eine
Nachricht hinterlassen hat.“
    „Der
Edelmann?“ Sie hatte gedacht, er wüsste besser Bescheid.
    Fabrizio
wurde ganz Eifer. „Hat Sie ihn nicht selber gesehen?“
    Der
Ziegenbock.
    Mirella
ging zum Haus des Wirts und zog an der Glocke. Es war so still hier –
ob alle auf die Piazza gegangen waren? Am Ende gab es dort
Wichtigeres zu erfahren.
    Schließlich
wurde die Tür geöffnet. Eine Frau in einem verblichenen
Kleid aus grobem Hanfleinen musterte sie mit griesgrämigem
Gesicht. „Die Signorina will zu uns?“
    „Mein
Bruder hat gestern einen Brief abgeben lassen und ich soll fragen, ob
es eine Antwort gibt.“
    „Ich
weiß von keinem Brief.“ Sie drehte sich um und rief in
den Flur: „Giacomo! Giacomo, hast du gestern einen Brief
bekommen?“
    Irgendwo
scharrte ein Möbelstück über Steinboden. Dann
quietschte etwas und ein Vogel zeterte. Am Ende des Flurs trat ein
Mann mit Bartstoppeln auf den Wangen und einem Ziegenbart unterm Kinn
aus einer Tür.
    Hier
wimmelt es von Ziegen, kam Mirella in den Sinn. Sie hielt sich
schnell die Hand vor den Mund, um ihr Lachen zu verbergen.
    „Ich
habe keinen Brief bekommen!“ Er gähnte ungeniert, während
er den Flur entlangschlurfte. Seine Zähne waren von dunklen
Flecken übersät; ein Eckzahn fehlte.
    „Scandore.
– Unser Kutscher hat hier gestern einen Brief ausgehändigt.
Dem Edelmann, der bei Ihm zu Gast war.“
    „Davon
weiß ich nichts.“
    Mirella
versuchte, ihre Ungeduld mit einem verbindlichen Lächeln zu
verbergen. „Ist er wieder da?“
    „Wer?“
    „Der
Edelmann. Er ging kurz darauf weg.“
    Der
Wirt kam näher und schnürte sich im Gehen die Hose zu.
„Wann soll das gewesen sein?“
    „Am
Nachmittag.“ Mirella trat von einem Fuß auf den anderen.
War der Mann so dämlich oder wollte er nicht mit der Sprache
herausrücken? „Bitte, es ist wichtig. Mein Bruder erwartet
eine
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