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Koenig Nicolo Oder So Ist Das Leben

Titel: Koenig Nicolo Oder So Ist Das Leben
Autoren: Frank Wedekind
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sucht das Weite.
     
    ALMA
sich bebend an ihren Vater schmiegend.
O mein Vater! Ich beuge mich über die Quelle, da stürzt sich der Mensch auf mich!
    DER KÖNIG
schwer atmend.
Beruhige dich, mein Kind ...
    ALMA. Mein armer Vater! Daß ich, statt Euch helfen zu können, noch Eurer Hilfe bedarf!
    DER KÖNIG. Ich bringe dich heute noch nach Perugia. Wirf dich dem König Pietro zu Füßen ...
    ALMA. O laßt mich das nicht immer wieder hören! Ich Euch verlassen, wo Euch täglich der Tod bedroht!
    DER KÖNIG. – Es wird in Zukunft wohl klüger sein, wenn du statt in Frauentracht in Männerkleidern gehst. Wunder genug, daß dich die Vorsehung bis heute vor den Schrecknissen bewahrt hat, die dich bei unserem Umherirren bedrohen! In Männerkleidern wirst du sicherer sein. – Ein Bauer kam eben des Weges. Wenn er zurückkehrt, will er mich mitnehmen und mir Arbeit auf seinem Gute geben.
    ALMA. Wollt Ihr wirklich den Versuch noch einmal unternehmen, Euch in die Knechtschaft von Leuten zu verdingen, die so abgrundtief unter Euch stehen?
    DER KÖNIG
verdutzt.
Das sagst du, mein Kind! Warum stehen sie unter mir? – Übrigens ist es noch gar nicht sicher, daß er mich seiner Arbeit für würdig findet. – Heißt er mich aber mitgehen, dann folge uns, auf daß ich dir meinen Platz unter seinem Dache überlassen kann.
    ALMA. Nein, nein, meinetwegen dürft Ihr Euch kein Ungemach bereiten. Wie hätte ich das um Euch verdient!
    DER KÖNIG. Weißt du auch, mein Kind, daß ich heute wahrscheinlich längst wegen gemeinen Straßenraubes am lichten Galgen hinge, wenn ich dich, mein Kleinod, nicht als Schutzengel bei mir hätte?! –
Er läßt sich am Wege nieder.
Nun laß uns hier in geduldiger Ergebung des
Ironisch.
allgewaltigen Mannes harren, dessen Rückkunft über unser Sehnen und Hoffen, mit Menschen in Gemeinschaft leben zu dürfen, entscheiden wird.
     
     
Drittes Bild

    Damenschneiderwerkstatt.
    Der König in Gesellentracht sitzt, an einem reichen Frauenkleid arbeitend, mit untergeschlagenen Beinen auf den Stufen. Meister Pandolfo tritt geschäftig herein.
     
    MEISTER PANDOLFO. Pünktlich bei der Arbeit, Gigi! Pünktlich bei der Arbeit! Brav, Gigi!
    DER KÖNIG. Der Hahn hat gekräht, Meister!
    MEISTER PANDOLFO. Künftig rüttle mir nur auch die Gesellen gleich aus dem Schlaf! In Gesellschaft, Gigi, arbeitet sich's besser als allein.
Nimmt ihm die Arbeit aus den Händen.
Sieh her, Gigi!
Er zerreißt das Kleid.
Ratsch! – Was helfen Frühaufstehen und Spätschlafengehen, wenn die Nähte nicht halten! Und die Knopflöcher, Gigi! Haben dir die Ratten dabei geholfen? Ich habe für Ihre Majestät die Königin Amalie schon gearbeitet, als ihr Mann noch Mortadella und Salami fabrizierte. Soll mir deine Pfuscherei die hohe Dame jetzt abspenstig machen? He, Gigi?
    DER KÖNIG. Wenn ich Euch zum Schaden arbeite, dann schickt mich fort!
    MEISTER PANDOLFO. He, diese Grobheit, Gigi! – Du glaubst wohl, in Baschi noch die Schweine zu hüten?! Vierzig Jahre auf dem Buckel und nichts gelernt! Pack dich aus meinem Haus, Landstreicher, und sieh, wo du dein Essen findest!
    DER KÖNIG
erhebt sich und schüttelt die Flicken ab.
Ich nehme Euch beim Wort, Meister!
    MEISTER PANDOLFO. Zum Henker, Tollkopf, verstehst du keinen Spaß? Kann ich meinem Lehrbub mehr Liebe antun, als wenn ich ihm die Arbeit gebe, die sonst der Meister verrichtet?! Laß ich dich nicht, seit du bei mir bist, sämtliche Gewänder zuschneiden? Hol mich der Teufel, daß ich dir deinen Schnitt nicht absehen kann! Aber die Damen von Perugia sagen: Meister Pandolfo, seit der alte Lehrbub bei Euch schafft, hat Eure Arbeit einen vornehmen Schnitt! Aber was hilft das vornehme Zuschneiden, wenn den Jungfrauen beim Tanz die Nähte platzen! Du wirst nie Geselle, Gigi, wenn du nicht nähen lernst! Mein lieber süßer Gigi, siehst du denn nicht selbst, daß ich nur dein Bestes will?!
    DER KÖNIG. Gut, Meister Pandolfo, ich bleibe bei Euch, wenn Ihr mir von nun an jede Woche außer freier Verpflegung noch dreißig Soldi bezahlt.
    MEISTER PANDOLFO. Das verspreche ich dir, Gigi! – So wahr ich hier stehe, verspreche ich dir das! – Dreißig Soldi willst du? – Ja, ja, dreißig Soldi! Ja, ja! – Das Kleid für Ihre Majestät die Königin muß bis zum Mittag fix und fertig genäht sein. Also fleißig, Gigi! Immer fleißig! –
Ab.
     
    Der König lächelt, nachdem Meister Pandolfo die Werkstatt verlassen, verächtlich vor sich hin und setzt sich dann wieder zur Arbeit. Prinzessin Alma
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