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Koenig Nicolo Oder So Ist Das Leben

Titel: Koenig Nicolo Oder So Ist Das Leben
Autoren: Frank Wedekind
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nicht auf dem Markt von Perugia unter Henkershand fallen soll!
     
    Filipo Folchi läßt den König und die Prinzessin, die sich fest an ihren Vater klammert, durch Bewaffnete abführen. Er will ihnen eben folgen, als er von dem atemlos hereinstürzenden Benedetto Nardi in vollster Wut am Arm gepackt wird.
     
    BENEDETTO NARDI. Hab ich dich, Schandbube!
Zu König Pietro.
Dieser dein Sohn, Pietro Folchi, hetzte gestern abend im Verein mit seinen Zechbrüdern mein wehrloses Kind durch die Gassen der Stadt und stand im Begriff, ihr Gewalt anzutun, als zwei meiner Gesellen, auf ihr Wehgeschrei herbeigeeilt, die Nichtswürdigen mit Stockhieben in die Flucht jagten. – Da trägt der Bube noch die blutigen Schrammen über dem Auge!
    KÖNIG PIETRO
aufbrausend.
Verteidige dich, mein Sohn!
    FILIPO FOLCHI. Er spricht die Wahrheit.
    KÖNIG PIETRO. Zurück in die Werkstatt mit dir! Von meinem eigenen Sohn muß ich meine Herrschaft am ersten Tage in der ruchlosesten Weise geschändet sehen! Dich treffe das Gesetz mit seiner grausamsten Strenge! Und nachher bleib an der Schlachtbank stehen, bis die Bürger Perugias auf den Knien vor mir liegen, um Gnade für dich zu erflehen! – Legt ihn in Ketten!
     
    Die Söldner, die den König hinausgeführt, kommen mit Alma zurück. Ihr Führer wirft sich, ein Knie beugend, vor dem Throne nieder.
     
    DER SÖLDNER. Laßt, o Herr, Eure Knechte das furchtbare Unglück nicht entgelten! Wie wir den König eben hier vor dem Portal über die Brücke San Margherita führen, kommt uns ein Fähnlein unserer Kameraden entgegen und drängt uns an die Brustwehr. Diese Gelegenheit nutzte der Gefangene, um sich mit gewaltigem Sprung in die vom Regen angeschwollenen Fluten zu stürzen. All unserer Kraft bedurften wir, um diese Jungfrau zu hindern, ein gleiches zu tun; und als ich mich dem Gefangenen nachstürzen wollte, hatten ihn die tosenden Wogen längst unter sich begraben.
    KÖNIG PIETRO. Sein Leben ist das bedauernswerteste Opfer nicht in diesen blutigen Tagen! Für ihn sind hundert Bessere gefallen. –
Zu den Staatsräten.
Man führe das Kind zu den Ursulinerinnen und halte es in sorglichster Obhut.
Sich erhebend.
Die Sitzung des Staatsrates ist geschlossen.
    ALLE ANWESENDEN. Heil dem König Pietro!
     
     
Zweites Bild

    Heerstraße. Waldsaum.
    Der König und Prinzessin Alma, beide in Bettlerkleidern.
     
    DER KÖNIG. Wie lange ist es jetzt her, daß ich dich von Ort zu Ort schleppe und du für mich bettelst?
    ALMA. Ruht Euch aus, Vater; nachher werdet Ihr besserer Laune sein.
    DER KÖNIG
setzt sich am Wege nieder.
Warum verschlangen mich an jenem Abend die tobenden Wogen nicht! Dann wäre alles längst vorbei!
    ALMA. Stürztet Ihr Euch denn aber über den Brückenrand, um Eurem Leben ein Ende zu bereiten? Ich wußte doch, welch eine Kraft in Euren Armen wohnt, und daß Euch das reißende Wasser zur Freiheit verhelfen werde. Wo hätte ich ohne diese Zuversicht den Mut hergenommen, aus dem Kloster und aus der Stadt zu entfliehen!
    DER KÖNIG. Hier unten liegen die reichen Jagdgründe, in denen ich mit der Hofgesellschaft auf die Reiherbeize ritt. Du warst noch zu jung, um uns zu begleiten.
    ALMA. Daß Ihr dieses kleine Land Umbrien nicht verlassen wollt, mein Vater! Die Welt ist so groß! In Siena, in Modena harren Euer die Anverwandten. Ihr würdet mit Jubel begrüßt und Euer teures Haupt wäre endlich in Sicherheit.
    DER KÖNIG. Du opferst mir viel, mein Kind! Trotzdem bitte ich dich, mir diese eine immer wiederkehrende Frage nicht mehr zu stellen. Darin eben Hegt mein Verhängnis: Vermöchte ich dieses Land zu verlassen, dann hätte ich auch seine Krone nicht verloren. Aber meine Seele wird von Wünschen beherrscht, die ich auch um mein Leben nicht unerfüllt lassen kann. Als König glaubte ich mich sicher genug vor der Welt, um ohne Gefahr meinen Träumen leben zu können. Ich vergaß, daß der König wie auch der Bauer und jeder andere Mensch nur der Wahrung seines Standes und der Verteidigung seines Besitzes leben darf, wenn er nicht beides verlieren will.
    ALMA. Jetzt spottet Ihr Euer selbst, mein Vater!
    DER KÖNIG. Das ist der Gang der Welt! – Du findest, daß ich meiner spotte? – Das wäre schon wenigstens etwas, wofür die Menschen vielleicht unseren Unterhalt bestreiten möchten. So wie ich mich ihnen jetzt darbiete, bin ich nicht zu verwenden. Entweder verletze ich sie durch Anmaßung und Stolz, zu denen mein Bettlergewand im lächerlichsten Gegensatz steht, oder mein höfliches
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