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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition)
Autoren: Mark Lawrence
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Hunderten, in stinkenden, rauchenden und schreienden Haufen.

49
Hochzeitstag
    Der Krieger reitet einen schwarzen Hengst. Rauch umhüllt die Burgruine hinter ihm, und der Wind gewährt nur kurze Blicke auf die von Leichen gefüllte Lücke in der hohen, geborstenen Mauer. Derselbe Wind lässt langes schwarzes Haar wie eine Fahne über die Schultern des Reiters wehen und die Reste seines Umhangs flattern. Links und rechts von ihm kommen weitere Reiter aus dem Nebel des Krieges, alles Krieger, ihre Rüstungen verbeult und mit Ruß und Blut verschmiert. Ein hünenhafter Soldat in Plattenpanzer trägt die Standarte, Ankraths schwarzer Keiler auf dem roten Grund von Renar. Einzeln und zu zweit reiten sie, langsam, als ob die große Entfernung, aus der sie beobachtet werden, ihren Bewegungen Eile und Dringlichkeit nimmt. Jeder Huf schlägt mit der Endgültigkeit eines zufallenden Sargdeckels auf den Boden, aber kein Geräusch erklingt dabei. Jeder Sprung und jeder Ruck im Sattel dauern eine Ewigkeit.
    Wo sich ein Schmutzbrocken von der Rüstung des Kriegers löst, zeigt das Metall den bunten Glanz von geöltem Stahl. Neben ihm ein älterer dunkelhaariger Ritter, mit einem halben
Lächeln auf den dicken Lippen und an der Stirn klebenden schwarzen Locken. Sein Schild zeigt den Kopf eines Adlers in Kupfer, Bronze und Silber. Ein Breitschwert hängt an seiner Hüfte, und am Sattel ist ein Flegel aus schwarzem Eisen befestigt. Ein zweiter Mann in Plattenpanzer auf einem weißen Streitross reitet links von ihnen, in seinem Sattel ebenso zu Hause wie ein Seebär auf dem schwankenden Deck seines Schiffes. Seine Rüstung zeigt die gotischen Gravuren der Pferdeküste, sein Umhang das Blau des Meeres, sein Turnierschild das weiße Schiff und die schwarze Sonne des Hauses Morrow.
    Ein Priester folgt ihnen, er hockt voller Unbehagen auf einem störrischen Esel. Der Wind weht ihm grauweiße Haarbüschel ins mürrische Gesicht.
    Der Mann in der Mitte, an der Spitze dieser allmählich sichtbar werdenden Streitmacht, blickt geradeaus. Ein Wolfsschädel hängt an seinem Sattelknauf. Der Schädel eines Wolfs oder eines großen Hundes. Das Gesicht des Mannes ist zernarbt, die linke Seite rau und verzerrt, als hätte der Bildhauer die Arbeitsglocke gehört und sein Werk unvollständig gelassen. Vor einem Auge, mit eisernen Bolzen an Rand und Seite des Helms befestigt, befindet sich ein silberner Ring, groß genug, um auf Braue und Jochbein zu ruhen. Wenn man weiß, dass der Rand des Rings gezahnt ist, so kann man glauben, die Zähne zu sehen, aber sie sind Gefangene der Entfernung zwischen uns, ebenso wie jede Botschaft in dem tausend Meter entfernten Blick.
    Ich hatte es satt, mich selbst zu beobachten, und klappte den Ring nach oben, um uneingeschränkte Sicht zu haben.
     
    Sie fanden mich nackt. Alles an mir schien verbrannt zu sein, bis auf das Schwert, über dessen Klinge noch immer Flammen
tanzten. Noch Stunden blieb das Feuer an ihr, und selbst heute sehe ich dann und wann den Widerschein von Flammen im Stahl. Ich habe dem Schwert einen Namen gegeben. Ich nenne es Gog, obwohl ich glaube, dass es nur ein Echo von ihm enthält, wie das Echo von Fexler Brews, eines Mannes, der sich vor langer Zeit mit einem 45er Colt in einer Stasiskammer erschoss. Die Welt drehte sich, sagte er. Und sie ließ ihn zurück.
    Ich hatte die Augen geöffnet, als Makin mich in seinen Umhang wickelte. Die Wunde in meiner Brust bestand aus rosaroten Rändern und weißen Nähten – das Feuer hatte alle Reste der Nekromantie in mir verbrannt, und als es schließlich aufhörte, als die Flammen aus mir wichen, holte der Tod sich Gog. Ich fühlte die Abwesenheit von beidem, wie Löcher in der Welt. Gog existiert nicht mehr. Ich werde ihn nie wiedersehen.
    Das Feuer hat mich verlassen, denn es war immer seins, nie meins, und die Nekromantie ebenfalls. Ich mag jetzt Kleidung und eine Rüstung tragen, aber ich bin wieder nackt vor der Welt und muss allein mit Scharfsinn, Zunge und Klinge der Ankraths zurechtkommen.
    Wenn sie nicht um mich gekämpft hätten, Ferrakind und der Tote König, wenn einer von ihnen seine Aufmerksamkeit auf mich gerichtet hätte, als ich mich ihren Sphären öffnete und jene Orte durch mich strömen ließ, mit derart tollkühner Hemmungslosigkeit … Dann hätten sie mich packen und überwältigen können. Solche Mächte lassen sich nicht beherrschen, nicht ohne einen hohen Preis, und zu diesem Preis gehört offenbar der Verlust aller
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