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Kölner Kreuzigung

Kölner Kreuzigung

Titel: Kölner Kreuzigung
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Petrus mit dem Schlüssel.«
    Malven nickte anerkennend.
    »Deswegen habe ich Sie und Ihre Detektei«, er zögerte kurz, bevor er das letzte Wort aussprach, »kontaktiert. Ich hatte bereits gehört, dass einer von Ihnen ein wenig kunstgeschichtliche Kenntnisse mitbringt. Auf wann datieren Sie das Werk?«
    »Kölner Malerei, 15. Jahrhundert.«
    »Sehr gut.« Malven lächelte zufrieden.
    »Untypischerweise wissen wir sogar, wer das Bild gemalt hat. Maler der Spätgotik haben ihre Werke nicht signiert, müssen Sie wissen.« Er schaute Brock an, als er das sagte. »Wir analysieren also den Malstil und die Herstellungszeit und ziehen daraus Rückschlüsse auf den Künstler, dessen Namen wir dann oft genug auch gar nicht kennen. Deswegen hängen hier im Museum auch Bilder vom Meister des Sankt-Georg-Altars oder des Altars zu Sankt Michael. In diesem Fall aber wissen wir mit ziemlicher Sicherheit, wer das Bild gemalt hat.«
    Brock starrte aus dem Fenster und blickte hinüber auf die alten Mauern des Kölner Gürzenich. Marius wusste, dass er dennoch zuhörte, halbwegs zumindest. Doch im Grunde verließ Brock sich darauf, dass Marius sich diesen Teil des Gesprächs merkte, und sie beide wussten das.
    »Wer hat es gemalt?«, wollte Marius wissen.
    »Stephan Lochner.« Dem Direktor huschte ein um Anerkennung buhlendes Grinsen über das Gesicht. Marius enttäuschte ihn nicht. Beeindruckt schnalzte er mit der Zunge und nahm das Bild erneut in die Hand.
    »Einen renommierteren Maler gab es zu dieser Zeit in Köln nicht.«
    »Nein, allerdings nicht. Und es gibt auch nicht so viele Werke, von denen wir sicher wissen, dass sie von ihm stammen.«
    Marius betrachtete das Gemälde im Hintergrund ein weiteres Mal. Der Abzug war einfach zu klein, die Qualität zu schlecht, um irgendetwas sehen zu können, was darauf hindeuten könnte, dass Lochner tatsächlich Urheber dieser Kreuzigungsszene war.
    »Woher wissen Sie, dass das ein Lochner ist?«
    »Wir haben das Bild in unserem Bestandsarchiv. Es gehört uns.«
    Brock schaute weiterhin aus dem Fenster, Marius jedoch wurde langsam hellhörig. »Was macht das Gemälde eines der berühmtesten Kölner Maler des späten Mittelalters in einem privaten Arbeitszimmer? Zumal, wenn es dem Wallraf-Richartz-Museum gehört?«
    »Das würden wir auch gerne wissen«, erwiderte der Mann mit den kurz geschorenen weißen Haaren.
    Brock wandte sich nun wieder dem Gespräch zu. »Sie möchten also, dass wir dieses Gemälde finden?« Malven nickte. »Darf man hier rauchen?« Brock griff in die Innentasche seiner farblos beigen Windjacke und zog eine verknitterte Schachtel Zigaretten heraus. Der Direktor schüttelte den Kopf.
    »Wir sind ein Nichtraucherhaus. Tut mir leid.« Brocks Augen wirkten fast noch ein wenig kleiner und dunkler als sonst, aber er steckte die Packung wortlos wieder weg. Das war nicht selbstverständlich. Marius atmete erleichtert aus.
    »Ich verstehe immer noch nicht, wieso sich dieses Gemälde in dem privaten Arbeitszimmer auf diesem Foto befindet, wenn es doch zum Bestand des Wallraf-Richartz gehört?«, fragte Brock. »Ist es Ihnen geklaut worden? Ihr Sicherheitssystem sah eigentlich gut aus. Auf den ersten Blick.«
    »Wir wissen es nicht.« Aus den Augenwinkeln sah Marius, wie Brock genervt die Stirn runzelte. Nein, seine Geduld war wirklich endlich. Es war besser, einzugreifen.
    »Erzählen Sie uns doch einfach, was es mit diesem Gemälde auf sich hat.« Marius lächelte Direktor Malven aufmunternd an.
    »Die Kreuzigung, eine kleine, weniger bekannte Auftragsarbeit Lochners, wurde dem Museum Ende der 20er-Jahre vererbt. Es gibt immer wieder Kölner, die nach ihrem Tod den heimischen Museen das ein oder andere hinterlassen, müssen Sie wissen. Nicht immer ist so ein Schätzchen dabei wie damals. Dennoch verschwand das Bild erst einmal im Archiv, wurde also nie öffentlich ausgestellt. Vermutlich wusste damals niemand so richtig, was für einen Schatz man da erhalten hatte. Die Zuschreibung war zur damaligen Zeit durchaus strittig. Außerdem hatte das Museum in dieser Zeit einfach zu wenig Platz, um alles zu zeigen, was es besaß. Das Haus …«
    Brock fiel dem Direktor ins Wort: »Aber wie ist das Bild abhanden gekommen? So etwas beschließt ja nicht in einem staubigen Archivkeller, dass ihm langweilig ist, und spaziert dann zur Tür hinaus, um was von der Welt zu sehen.« Malven blickte Brock pikiert an.
    »Sie machen sich keine Vorstellung von unseren Archivräumen. Das sind
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