Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Titel: Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Schatzel, hier muß etwas geklärt werden. Er sah hinunter auf den Kugelmenschen Plumps, der heftig aufschnufte, und Kochlowsky verstand nicht, warum keiner dem dicken Mann sagte, er solle sich die Nase putzen.
    »Gehen wir rum zu den Brennöfen und den Trockenkammern! Dabei erkläre ich Ihnen den Werdegang vom Rohton zum Ziegel …«, sagte Langenbach freundlich.
    »Nicht nötig!« Kochlowsky zupfte den Bart lang und verschränkte die Hände hinter dem Rücken. »Ich habe schon mit Ziegeln gespielt, als andere noch in die Windeln machten. Als was fungieren Sie hier, Herr Langenbach?«
    »Ich bin der Erste Geschäftsführer«, sagte Langenbach verblüfft.
    »Und ich?«
    »Sie werden der Zweite Geschäftsführer.«
    »Das heißt, Sie sind mein Vorgesetzter?«
    »Aber nein, wir sind Kollegen, Herr Kochlowsky«, erwiderte Langenbach jovial. »Jeder hat seinen Bereich. Ich kümmere mich um den technischen Betrieb, Sie um die kaufmännischen Belange. Oder noch einfacher: Ich verkaufe Ziegel, und Sie verwalten den Verkauf. Herr Plumps ist Ihr Erster Buchhalter.«
    »Aha!« Kochlowsky sah ernst auf den kleinen Dicken herunter. »Sie haben doch ein gutes Gehalt, nicht wahr?«
    »Ich bin zufrieden«, antwortete Plumps ahnungslos.
    »Sehen Sie! Da sollten Sie auch mal an Taschentücher denken!«
    Der kleine Plumps schnufte auf, als sei er am Ersticken, sein Kneifer schwankte auf dem Nasenrücken, aber er schwieg, nicht aus Klugheit, sondern weil er einfach keine Worte fand. Leopold Langenbach gefror das Lächeln auf den Lippen.
    »Sehen wir uns weiter den Betrieb an?« fragte er etwas steifer.
    »Bitte …«
    Sie gingen zu den Brennöfen, wo auch Mädchen arbeiteten, hübsche Dinger, die Leo Kochlowsky neugierig musterten und ziemlich dumm kicherten, als er sie mit seinen schwarzen, stechenden Augen anblickte. Das Gemunkel der letzten Tage schien sich zu bewahrheiten: Es kam ein zweiter Verwalter. War er das, der schöne Mann mit dem dichten Bart und dem makellosen Scheitel? Seht nur seine Augen an! Da friert man, weil man glaubt, plötzlich nackt zu sein. Welche Blicke! Die dringen durch bis auf die Knochen!
    Kochlowsky betrachtete unlustig die Öfen und Trockenkammern, die Lagerstapel, ließ sich erklären, daß man hier nicht nur Vollziegel, sondern auch Radialziegel, Stallvollplatten und Kaminformsteine herstellte und daß man das Sortiment um Hochlochziegel und Gitterziegel erweitern wolle. Neue bauphysikalische Untersuchungen hätten ergeben, daß Luft in Hohlräumen eine gute Isolierung sei. Bei Graf Douglas war man für alles Moderne aufgeschlossen.
    »Sie sehen«, sagte Leopold Langenbach, »daß vieles und Großes auf uns wartet. Neue Maschinen, ein neues Kesselhaus, neue Arbeiter. Sie treten zum richtigen Augenblick bei uns ein, Herr Kochlowsky.«
    Mit verschlossener Miene ließ sich Kochlowsky weiter herumführen, im Rücken ständig das Schnufen von Theodor Plumps im Zehn-Sekunden-Rhythmus. Man zeigte ihm seinen Büroplatz: ein breites, massives Stehpult gegenüber Langenbachs Pult, davor ein Drehhocker, seitlich davon noch ein Ablagetisch. An den Wänden Aktenschränke. Durchs Fenster blickte man auf den großen Lagerplatz mit den hohen Stapeln gebrannter Ziegel. Es war ein Maitag mit einer warmen Sonne. Zwischen den Stapeln auf einem Holzgestell sah Kochlowsky ein Mädchen liegen, die Arme im Nacken, den Rock hochgezogen, daß man ihre Oberschenkel im gleißenden Licht leuchten sah.
    Kochlowsky wandte sich ab, aber Langenbach war seinem Blick gefolgt und nickte. »Wie oft habe ich schon geschimpft«, sagte er. »Aber diese Weiberchen – ein paar freie Minuten, und schon ziehen sie die Röcke hoch, um zu provozieren. Na, das lernen Sie noch alles.«
    Nach dem Rundgang verabschiedete sich Kochlowsky rasch und ziemlich abweisend. Vor dem Verwaltungsgebäude wartete bereits ein Vis-à-vis-Wagen. Der Kutscher in einer grünen Uniform grüßte stramm. Kochlowsky stieg ein, ließ sich schwer ins Polster fallen und strich über seinen langen Bart. Leopold Langenbach hob grüßend die Hand.
    »Bis wann?« fragte er. »Wann treten Sie den Dienst an?«
    Dienst? Bin ich ein Lakai, dachte Kochlowsky zutiefst verletzt. Was bildest du Lackaffe dir denn ein? Als erstes werde ich mein Pult von dir wegrücken. Ich bin gewohnt, mein eigenes Zimmer zu haben. »Sehen Sie in Ihrem Terminkalender nach«, gab Kochlowsky zur Antwort, »da steht's drin. Fahren Sie los, Kutscher!«
    Verwirrt durch diesen rüden Ton, aber gehorsam ließ
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher