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Knockemstiff (German Edition)

Knockemstiff (German Edition)

Titel: Knockemstiff (German Edition)
Autoren: Donald Ray Pollock
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Hund aus New York und er die weiße Hure in Honolulu aufgabelten, an der Straßenecke, an der ein kleiner Krüppel aus Samoa Blumen verkaufte. Sie trug ein rotes Kleid, hielt eine Basttasche mit einem kaputten Holzgriff in der Hand und leckte sich ständig über einen Herpesausschlag an der Oberlippe, der so groß war wie eine tropische Küchenschabe. So wie sie vor ihnen herging und mit ihrem großen Hintern wackelte, musste Howard an die Geschichte von dem Flötentypen denken, der all die Ratten im Fluss ersäuft; doch die Frau führte sie in ein pinkfarbenes Hotel, das damit warb, auf jedem Zimmer ein Radio zu haben – für Honolulu im Jahre 1952 schon ziemlich luxuriös. Howard war in jener Nacht zu allem bereit, doch als die Frau das Licht anmachte, sah er ein kleines Baby, das in der Ecke in einem Schuhkarton schlief. Das erinnerte ihn an das Bild vom Jesuskind, das Maude Speakman zu Hause in ihrem Laden an die Wand gepinnt hatte. »He, da ist ja ein Kind«, sagte er, so als habe es jemand beim Auschecken vergessen.
    »Ja«, sagte die Hure und knöpfte die großen schwarzen Knöpfe ihres zerknitterten Kleids auf. »Ich hab ihn Cary genannt, wie diesen neuen Filmstar.«
    »Was? Soll er uns vielleicht dabei zuschauen?« fragte Howard.
    »Wo ist das Problem?« entgegnete die Frau. »Er schläft. Außerdem ist er noch keine drei Monate alt. Der kriegt doch nichts mit.«
    »Kümmere dich nicht um ihn, Schätzchen«, sagte der Typ aus New York. »Howie kommt aus irgendeinem Kaff in Ohio namens Knockemstiff. Scheiße, er hat noch nie ’ne Pizza gegessen!«
    »Lady, auf keinen Fall«, sagte Howard wütend. »Herrgott noch mal, man sollte Sie einsperren.«
    Verdammt, denkt Howard und lehnt sich plötzlich in dem knarrenden Stuhl nach vorn. Fast hatte ich ihn, den Namen von diesem Mistkerl. Der verdammte Hund, immer hat er gelacht. Hatte ’ne Nase wie eine Tomate … wie eine Banane … wie eine …
    Aber der New Yorker hatte schon die Hose fallen lassen und sagte: »Hör mal, Schätzchen, wir sind hier nicht zum Rumschmusen. Beug dich einfach vor und sprich dein Gebet.« Und bevor er noch wusste, was er da tat, schnappte Howard sich das Baby und rannte zur Tür hinaus.
    Er kann noch immer die haarigen Hände des New Yorkers sehen und wie sie die großen Titten der Hure packen und die beiden blassen Milchspritzer, die auf der dünnen karierten Bettdecke landen.
    Howard trug das winzige Baby die Straße entlang, setzte sich unter eine braune Palme voller Käfer, die so groß wie Kaugummikugeln waren, und zählte die vorbeifahrenden Autos, bis er meinte, dass der Kerl aus New York seine drei Dollar verschossen haben musste.
    Peg eilt ins Wohnzimmer und nimmt ihre Geldbörse vom Klavier. »Wir haben kein Bratfett mehr. Brauchst du irgendwas?«
    »Was denn?« entgegnet Howard misstrauisch.
    »Dauert nicht lang«, sagt sie beschwichtigend und bauscht vor dem Spiegel ihre platt gedrückten grauen Haare auf. »Wann habe ich Geburtstag, Howard?« fragt sie ihn plötzlich.
    »Was? Wer?«
    »Mein Geburtstag. Versuch mal draufzukommen, bis ich wieder da bin, okay?« Sie klopft ihm auf die Schulter.
    »Gehst du weg?« fragt er.
    Er schaut zu, wie die Dame im Auto seiner Frau rückwärts aus der Einfahrt setzt, und fragt sich, was aus all den Menschen geworden ist, die er einmal gekannt hat. Himmel, selbst das Kind aus dem Motel müsste jetzt schon fast fünfzig sein.
    Das Rodeo im Fernsehen zieht sich hin, übernervöse Pferde und Mörderbullen und Clowns, die furzen und blaue Flammen durch die Umzäunung schießen. Howard ist sich sicher, die wollen ihn mit all dem Zeug nur endgültig fertigmachen, all der gottverdammte Lärm Tag für Tag, aber dann meint er sich daran zu erinnern, dass sie damals irgendwo ganz weit weg gewesen sind.
    Ich habe vier Jahre lang zusammen mit dem Kerl gedient, denkt Howard und versucht sich an die Erinnerung zu klammern. Ich war in der Navy. Die Hure hatte eine blonde Perücke auf, die ständig in alle möglichen Richtungen verrutschte, genau wie die, die der dumme Clown im Fernsehen trägt.
    Als Howard mit dem Baby ins Motel zurückkehrte, zog der Typ aus New York ihn mit allem möglichen Zeug auf, direkt vor der Frau; er sagte, sie sei so eng wie ein Mauseohr. Howard wurde ganz rot im Gesicht, und die Frau lachte und fragte, ob er bereit sei, seine Kirsche vom Kuchen zu pflücken. Er ließ das Baby aufs Bett plumpsen, als würde er mit einem Basketball dribbeln, und machte, dass er fortkam. Der
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