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Knochenzeichen

Knochenzeichen

Titel: Knochenzeichen
Autoren: Kylie Brant
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Stunden hat es von Washington aus gedauert. Da wär ich ja schneller gelaufen. Den halben Weg hätte ich per Fallschirm zurücklegen und mich die restliche Strecke von einer gottverdammten Ente mitnehmen lassen können, dann wär ich immer noch vor diesem Scheißflieger hier gewesen.«
    »Dann hattest du also einen guten Flug?« Cait lachte, als ihre winzige Freundin ihr den Stinkefinger zeigte, während sie das Leichenschauhaus betraten. »Und du schuldest mir vier Dollar. Das ›Verdammt‹ und den Stinkefinger lass ich dir durchgehen, weil der wenigstens stumm ist.«
    »Wir haben noch nicht mal Arbeitsbeginn«, beschwerte sich Kristy. Doch sie kramte bereits in ihrer Tasche nach der Geldbörse. »Ich finde, wir sollten die Regeln ändern, damit es nur während der Arbeitszeit zählt.«
    »Dumm gelaufen.« Cait schnappte sich den Fünfer aus der Hand ihrer Assistentin und kramte ihrerseits in ihrer Tasche, bis sie einen einzelnen Dollarschein zum Herausgeben gefunden hatte. »Du wolltest doch Unterstützung dabei, deinen Sprachgebrauch zu säubern. Jetzt kannst du die Regeln nicht einfach mittendrin ändern.«
    »Warum denn nicht? Sonst hat sich doch nichts geändert, außer meinem verfügbaren Einkommen. Ich fluche immer noch wie ein einbeiniger Seemann.«
    Sie zeigten der Beamtin am Empfang ihre temporären Dienstausweise und marschierten den langen Korridor zu dem Raum entlang, in den Cait schon am Vorabend von Sheriff Andrews geführt worden war.
    »Disziplin«, erklärte sie, jedoch ohne jeden Groll. Es war ihr mehr oder weniger egal, dass Kristy fluchte wie ein alter Hafenarbeiter, solange sie ihre Arbeit genau nach Caits Anweisungen ausführte. Und da Kristy die beste Technikerin war, die man ihr je zur Seite gestellt hatte, war Cait zufrieden. »Aber du kriegst sowieso schnell bessere Laune, wenn du erst siehst, womit wir es zu tun haben.« Sie blieb vor der Tür am Ende des Korridors stehen, ehe sie sie mit theatralischer Geste öffnete.
    »Süüüüüß«, jubelte Kristy beim ersten Blick auf die Knochen. »Was ist das hier, ein Massengrab? Ein Massenmord«, korrigierte sie sich, als sie näher herantrat und registrierte, dass die Köpfe fehlten.
    »Wir werden die Möglichkeit in Betracht ziehen müssen, dass schon lange vor diesem Outdoor-Guide jemand auf die Höhle gestoßen ist«, sinnierte Cait. Der Gedanke war ihr erst verspätet gekommen, nachdem sie zu Bett gegangen war und ihr noch der Inhalt der vielen Unterlagen durch den Kopf schwirrte. »Jemand mit einem Sinn fürs Makabre, der sich die Schädel als Souvenirs mitgenommen hat.«
    Kristy lief praktisch das Wasser im Mund zusammen, als sie ihren Rundgang zwischen den einzelnen Bahren machte. »Also überprüfe ich sie doppelt, ja? Sorge dafür, dass die richtigen Teile beim richtigen Skelett liegen?«
    »Zuerst legst du bitte gleich eine Fotodokumentation an«, erwiderte Cait. »Ich brauche einen kontinuierlichen Bildnachweis von jedem Skelett über das ganze Verfahren hinweg.« Auf die Art ließen sich Fehler leichter korrigieren, vor allem bei der heiklen Aufgabe, die Überreste jedes Einzelnen richtig zusammenzusetzen, was oft nur mithilfe von Versuch und Irrtum funktionierte. »Der Rechtsmediziner muss hier irgendwo sein. Sag ihm, er soll dir eine Kopie von den Messdaten geben, die er erhoben hat.« Sie hatte ihr Exemplar der Messergebnisse in dem Aktenordner im Motel liegen lassen.
    »Aber du willst, dass ich auch eigene Messungen vornehme.«
    Cait sah sie zustimmend an. »Ich bezweifle, dass er eine Schublehre für die Messungen benutzt hat. Du könntest dafür sorgen, dass jeder Knochen beim richtigen Skelett liegt.« Wenn Kristy fertig war, würde Cait alles noch mal kontrollieren, nur um ganz sicher zu sein. »Wir haben verschiedene einzelne Knochen auf der letzten Bahre liegen, die auch noch zugeordnet werden müssen. Dann wissen wir genau, womit wir es hier zu tun haben.«
    »Und was soll ich in meiner Freizeit machen?«, fragte Kristy mit gespieltem Sarkasmus. Die Ausmaße ihrer Aufgabe faszinierten sie genauso wie Cait. Sie glühte regelrecht vor Vorfreude.
    »Ich habe Stimmen gehört.« Beide Frauen drehten sich zu dem Mann um, der nun von der Tür her auf sie zukam. Er war mittelgroß, hatte ebenso dunkle Haare wie Cait und trug blaue OP-Kleidung und Überschuhe. Sein mattes Lächeln verflüchtigte sich beim Näherkommen, und sein Gesicht nahm jenen leicht verblüfften Ausdruck an, den Cait nur allzu gut kannte. Er gaffte mehrmals
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