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Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan
Autoren: Kathy Reichs
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Knirschen. Männerstimmen.
    »Was ist denn los?« Besorgnis ließ meine Stimme überschnappen.
    Keine Antwort.
    Ein geschriener Befehl.
    »Leck mich!« Carlos.
    »Molly! Sag mir, was los ist!« Ich kreischte beinahe. Die anderen hatten das Aufladen unterbrochen und starrten mich an.
    »Nein!« Molly Carraway sprach wie aus einer entfernten Galaxie, ihre Stimme klang dünn und blechern und voller Panik. »Bitte. Nein!«
    Zwei gedämpfte Knalle.
    Noch ein Schrei.
    Zwei weitere Knalle.
    Stille.

2
    Wir fanden Carlos und Molly ungefähr acht Kilometer außerhalb von Sololá, mehr als neunzig Kilometer von Guatemala City, aber nur dreißig von der Grabungsstelle entfernt.
    Es hatte stetig geregnet, während unser Konvoi sich ruckelnd und zockelnd über den schmalen Lehm- und Felspfad mühte, der den Rand des Tals mit der Teerstraße verband. Zuerst blieb ein Fahrzeug stecken, dann ein zweites, und immer musste das ganze Team zusammen helfen, um die Räder wieder frei zu bekommen. Nach mühsamem Schieben und Stemmen in einem Ozean aus Schlamm kletterten wir wieder auf unsere Sitze und fuhren weiter. Wir sahen aus wie Eingeborene aus Neuguinea, die sich für eine Trauerfeier bemalt hatten.
    Normalerweise dauerte es bis zur Teerstraße zwanzig Minuten. An diesem Abend brauchten wir mehr als eine Stunde. Ich hielt mich am Handgriff des Transporters fest, mein Oberkörper schwankte hin und her, und mein Magen verkrampfte sich vor Sorge. Obwohl wir sie nicht aussprachen, gingen Mateo und mir dieselben Fragen durch den Kopf. Was war mit Molly und Carlos passiert? Was würden wir finden? Warum hatten sie sich so verspätet? Was hatte sie aufgehalten? Hatte man sie tatsächlich verfolgt? Und wer? Wo waren ihre Verfolger jetzt?
    An der Einmündung des Talwegs in die Straße stieg Señor Amado aus dem Jeep, lief zu seinem Auto und fuhr in die Nacht davon. Es war offensichtlich, dass der Vertreter des Bezirksstaatsanwalts keine Lust hatte, länger als unbedingt nötig in unserer Gesellschaft zu verweilen.
    Der Regen war uns aus dem Tal heraus gefolgt, und sogar die Teerstraße war gefährlich. Nach fünfzehn Minuten entdeckten wir den Pick-up der FAFG in einem Graben auf der anderen Straßenseite, die Lichtkegel der Scheinwerfer stachen schräg in den Himmel, die Fahrertür stand offen. Mateo legte eine gewagte Spitzkehre hin und schlitterte an den Rand. Ich sprang aus der Fahrerkabine, obwohl der Wagen noch rollte, und Angst verkrampfte den Knoten in meinem Bauch zu einer harten, kalten Faust.
    Trotz Regen und Dunkelheit konnte ich dunkle Spritzer auf dem Blech der Fahrerseite erkennen. Was ich im Inneren sah, ließ mir das Blut zu Eis erstarren.
    Carlos lag zusammengeklappt hinter dem Lenkrad, Füße und Kopf zur offenen Tür hin, als wäre er von außen hineingestoßen worden. Die Haare auf seinem Hinterkopf und der Hemdrücken hatten die Farbe billigen Weins. Blut breitete sich auf der Sitzfläche aus und tropfte in die Lache, die sich um Gas- und Bremspedal gebildet hatte, sowie auf die grausigen Flecken auf seinen Jeans und Stiefeln.
    Molly saß auf der Beifahrerseite, eine Hand am Türgriff, die andere geöffnet in ihrem Schoß. Sie war zusammengesackt wie eine Lumpenpuppe, die Beine waren gespreizt, und der Kopf ruhte in merkwürdigem Winkel an der Stütze. Die Vorderseite ihrer Nylonjacke war wie von zwei dunklen Flechten verfärbt.
    Ich rannte übers Bankett, drückte zitternde Finger an Carlos’ Hals. Nichts. Ich bewegte die Hand, suchte nach Lebenszeichen. Nichts. Ich versuchte es am Handgelenk. Nichts.
    O Gott, bitte! Mein Herz schlug wild gegen das Brustbein.
    Mateo kam zu mir gelaufen, bedeutete mir, nach Molly zu sehen. Ich stolperte zu ihr, streckte die Hand durchs offene Fenster und tastete nach dem Puls. Nichts. Wieder und wieder legte ich die Finger an das blasse Fleisch ihres Halses. Mir gegenüber schrie Mateo in sein Telefon und ahmte meine verzweifelten Bemühungen nach.
    Beim vierten Versuch spürte ich ein Schlagen, schwach und unsicher. Es war kaum ein Zittern, aber es war da.
    »Sie lebt!«, schrie ich.
    Dann stand Elena mit weit aufgerissenen, feucht glitzernden Augen neben mir. Während sie die Tür aufhielt, beugte ich mich hinein und nahm Molly in die Arme. Regen stach mir in den Nacken, während ich sie in aufrechter Position hielt, den Reißverschluss ihrer Jacke aufzog, ihr Sweatshirt hochschob und die beiden Wunden lokalisierte. Ich stellte mich breitbeinig hin, um besseren Halt zu haben, drückte
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