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Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan
Autoren: Kathy Reichs
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anderen.
    In den Sechzigern und Siebzigern wurde der Ort zu einem Mekka für Gringo-Gurus, Hippies und Aussteiger. Gerüchte, der Atitlán-See sei einer der wenigen »Kraftfeldstrudel« dieser Erde, führten zu einem Zustrom von kosmischen Heilern und Kristallspähern.
    Heute ist Panajachel eine Mischung aus traditioneller Maya-Kultur, zeitgenössischem Guatemala und westlichem Einfluss. Es gibt Luxushotels und hospedajes, europäische Cafés und comedores, Supermärkte und Straßenhändler, güipils und Tank-Tops; Mariachis und Madonna-Platten, Maya -brujos und katholische Priester.
    Am späten Mittwochnachmittag hatten wir die Ausgrabung in Chupan Ya abgeschlossen. Alles in allem hatten wir die Überreste von dreiundzwanzig Menschen aus dem Brunnen geborgen. Zwischen den Skeletten hatten wir dreizehn Projektile und Patronenhülsen sowie zwei zerbrochene Machetenklingen gefunden. Jeder Knochen und jedes Objekt waren registriert, fotografiert und für den Transport in das FAFG-Labor in Guatemala City verpackt und versiegelt worden. Die Kulturanthropologen hatten siebenundzwanzig Berichte aufgezeichnet und von sechzehn Familienmitgliedern DNS-Proben genommen.
    Carlos’ Leiche war in die Leichenhalle von Guatemala City gebracht worden, wo eine Autopsie den ersten Eindruck der örtlichen Polizei bestätigte. Der Tod war verursacht worden durch Schüsse aus nächster Nähe.
    Molly lag weiter im Koma. Wir alle fuhren abwechselnd ins Krankenhaus San Juan de Dios in Sololá, saßen an ihrem Bett, berichteten dann den anderen. Die Berichte klangen immer gleich. Keine Veränderung.
    Die Polizei konnte weder Fingerabdrücke oder andere Spuren der Täter finden noch Verdächtige identifizieren. Die Ermittlungen gingen weiter.
    Nach dem Abendessen am Mittwoch fuhr ich allein zu Molly.
    Zwei Stunden lang hielt ich ihre Hand und strich ihr über den Kopf und hoffte dabei, dass meine Anwesenheit dorthin durchdringen würde, wo ihr Geist sich versteckt hatte. Hin und wieder redete ich mit ihr, erinnerte an gemeinsame Zeiten und gemeinsame Bekannte. Ich erzählte von unseren Fortschritten in Chupan Ya und ihrer zukünftigen Rolle im Team. Ansonsten saß ich stumm da, lauschte dem leisen Summen ihres Herzmonitors und betete für ihre Genesung.
    Am Donnerstagmorgen beluden wir die Transporter und den Jeep unter den gleichgültigen Blicken von Señor Amado. Danach brachen wir in die Hauptstadt auf, wobei wir uns zuerst die steile Straße hocharbeiten mussten, die von Panajachel in die Höhe führte. Der Himmel war wolkenlos, der See reines Satin. Sonnenlicht stach durch Bäume, machte die Blätter durchscheinend und funkelte in Spinnweben.
    Als wir durch die Haarnadelkurve hoch über dem Atitlán-See fuhren, sah ich hinüber zu den Gipfeln am anderen Ufer.
    Der Vulkan San Pedro. Der Vulkan Tolimán. Der Vulkan Atitlán.
    Ich schloss die Augen und schickte ein letztes Gebet zu dem Gott, der mir gerade sein Ohr leihen mochte.
    Lass Molly überleben.
     
    Die Zentrale der FAFG befindet sich in Zone zwei von Guatemala City. Erbaut auf einem schmalen Höhenzug zwischen zwei tiefen Schluchten, so genannten barrancas, war die charmante, von Bäumen beschattete Gegend früher eine Enklave für die Wohlhabenden. Aber das prächtige alte Viertel hatte bessere Zeiten gesehen. Heute stehen Geschäfte und Büros dicht an dicht neben Wohnhäusern, die sich wie mit Saugnäpfen an die Anhöhe klammern. Das Nationale Baseballstadion erhebt sich am entfernten Ende der Calle Siméon Cañas, und vielfarbige Busse halten an graffiti-übersäten Stopps zu beiden Straßenseiten. Händler verkaufen Fast Food aus Handkarren oder Blechhütten mit Schiebefenstern. Der eine Pepsi. Der andere Coke. Tamales. Chuchitos. Normale Hot Dogs. Hot Dogs shuco. Schmutzig. Mit Avocado und Kohl.
    Die Labore und Verwaltungsbüros der FAFG befinden sich in einem ehemaligen Privathaus an der Siméon Cañas. Das zweistöckige Haus mit eigenem Pool und Innenhof steht, allerdings durch vier Fahrspuren getrennt, direkt gegenüber einem ähnlichen Domizil, in dem die Abteilung für Entführungen und Organisiertes Verbrechen des Innenministeriums untergebracht ist.
    Dort angekommen, fuhr Mateo in die Einfahrt und drückte auf die Hupe. Binnen Sekunden öffnete eine junge Frau mit Eulengesicht und langen dunklen Zöpfen das Tor. Wir fuhren hindurch und parkten auf einem Kiesplatz rechts der Eingangstür. Der zweite Transporter und der Jeep folgten, die junge Frau schloss und
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