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Kloster Northanger

Kloster Northanger

Titel: Kloster Northanger
Autoren: Jane Austen
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Theater?«
    »Ja, Sir, im Schauspiel war ich am Dienstag.«
    »Zum Konzert?«
    »Ja, Sir, am Mittwoch.«
    »Und wie gefällt Ihnen Bath alles in allem?«
    »Gut, es gefällt mir sehr gut.«
    »Nun muss ich ein süßliches Lächeln aufsetzen, und dann dürfen wir uns wieder wie vernünftige Menschen benehmen.«
    Catherine wandte das Gesicht ab und wusste nicht recht, ob sie zu lachen wagen durfte.
    »Ich weiß schon, was Sie von mir denken«, sagte er zerknirscht, »ich werde morgen in Ihrem Tagebuch nur eine klägliche Rolle spielen.«
    »Mein Tagebuch!«
    »Ja, ich weiß genau, was Sie schreiben werden – Freitag: ging in die Unteren Gesellschaftsräume, trug mein geblümtes Musselinkleid mit blauen Rüschen, einfache schwarze Schuhe, sah äußerst vorteilhaft aus, wurde aber ständig von einem merkwürdigen, halbverrückten Mann belästigt, der unbedingt mit mir tanzen wollte und mir dann mit seinem Unsinn auf die Nerven fiel.«
    »Ich werde nichts dergleichen schreiben.«
    »Soll ich Ihnen sagen, was Sie schreiben sollten?«
    »Ja, bitte.«
    »Ich habe mit einem äußerst angenehmen jungen Mann getanzt, der mir von Mr. King vorgestellt wurde, unterhielt mich glänzend mit ihm, scheint geradezu ein Genie zu sein, hoffe, ihn besser kennenzulernen. Das, Madam, würden Sie schreiben, wenn es nach mir ginge.«
    »Aber vielleicht führe ich gar kein Tagebuch.«
    »Vielleicht sitzen Sie gar nicht in diesem Zimmer und ich sitze nicht neben Ihnen. Mit gleichem Recht könnte ich auch daran zweifeln. Kein Tagebuch führen! Wie sollen denn Ihre Cousinen zu Hause ohne Tagebuch wissen, was für ein Leben Sie in Bath geführt haben? Wie sollen denn die Höflichkeiten und Komplimente jedes Tages berichtet werden, wie es sich gehört, wenn Sie sie nicht jeden Abend in Ihr Tagebuch schreiben? Wie sollen Sie sich an Ihre verschiedenen Kleider erinnern und den Ton Ihres Teints und Ihre Lockenpracht in aller Vielfalt beschreiben, ohne Ihr Tagebuch zu Hilfe zu nehmen? Meine liebe Madam, ich bin nicht ganz so ahnungslos im Hinblick auf die Lebensweise junger Damen, wie Sie anzunehmen belieben; es ist gerade diese reizende Angewohnheit, sich täglich schriftstellerisch zu betätigen, die im Wesentlichen dafür verantwortlich ist, dass die Damen den eleganten leichten Stil schreiben, für den sie so berühmt sind. Alle sind sich darin einig, dass es ein ausgesprochen weibliches Talent ist, bezaubernde Briefe zu schreiben. Vielleicht hat die Natur mitgeholfen, aber ich bin überzeugt, im Wesentlichen verdanken sie es der Übung, Tagebuch zu schreiben.«
    »Manchmal frage ich mich«, sagte Catherine unsicher, »ob Damen tatsächlich so viel bessere Briefe schreiben als Herren. Das heißt, ich glaube nicht, dass die Überlegenheit immer auf unserer Seite war.«
    »Soweit ich das beurteilen kann, habe ich den Eindruck, dass der Schreibstil der Damen fehlerlos ist – mit Ausnahme von drei Kleinigkeiten.«
    »Und die wären?«
    »Ein allgemeiner Mangel an Substanz, eine völlige Unachtsamkeit gegenüber Punkt und Komma und eine weitverbreitete grammatische Ahnungslosigkeit.«
    »Ich muss schon sagen! Ich hätte mir keine Mühe zu geben brauchen, das Kompliment zurückzuweisen. Sie halten in dieser Hinsicht nicht gerade allzuviel von uns.«
    »Ich würde es ebensowenig zur allgemeinen Regel erheben, dass Frauen bessere Briefe schreiben als Männer, wie dass sie bessere Duette singen oder bessere Landschaften malen. Bei allen Fähigkeiten, wo Geschmack ausschlaggebend ist, ist Begabung ziemlich gleich zwischen den Geschlechtern verteilt.«
    Sie wurden von Mrs. Allen unterbrochen: »Meine liebe Catherine«, sagte sie, »nehmen Sie diese Nadel aus meinem Ärmel; ich fürchte fast, ich habe mir schon ein Loch hineingerissen. Das täte mir unendlich leid, denn dies ist eines meiner Lieblingskleider, obwohl der Stoff nur neun Shilling 7 pro Meter gekostet hat.«
    »Genau das hätte ich geschätzt, Madam«, sagte Mr. Tilney mit einem Blick auf den Musselin.
    »Verstehen Sie etwas von Stoffen, Sir?«
    »Sehr viel sogar; ich kaufe immer meine Krawatten selbst und gelte als Kenner; und meine Schwester überlässt mir häufig die Auswahl beim Kleiderkauf. Gerade neulich habe ich ihr eins gekauft, und alle Damen, die es sahen, hielten es für einen unglaublich günstigen Kauf. Ich habe nur fünf Shilling pro Meter bezahlt, und dabei ist es echt indischer Musselin.«
    Mrs. Allen war geradezu überwältigt von soviel Genie. »Im Allgemeinen achten Männer
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