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Klondike

Titel: Klondike
Autoren: James A. Michener
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dem Luton gern seine Jagdgehilfen bezeichnete -, daß er außerdem gute Manieren hatte und eine Stimme wie die der bezahlten Chorsänger in den Kirchen von London. Er war breitschultrig, aber nicht übermäßig groß, und wenn er sich an eine Aufgabe machte, konnte er Erstaunliches leisten. Er hatte nur geringe Schulbildung, was er durch gesunden Menschenverstand auszugleichen wußte, und wenn eine Gruppe wohlhabender Engländer auf Reisen ein Faktotum suchte, dann ließ sich kein Besserer auftreiben als Tim Fogarty. Verheiratet mit einem besonnenen Mädchen namens Jenny, war er doch immer bereit, jede Herausforderung anzunehmen, die sich ihm bot, und da er über eine angeborene Intelligenz verfügte, Unbekanntes auf neue Art und Weise anzupacken, eignete er sich geradezu ideal für die Aufgabe, für die Lord Luton ihn auserkoren hatte. Tim
    Fogarty hatte jedoch eine Schwäche, von der der Lord nichts wußte: Obwohl ausgebildet in dem traditionellen Beruf des Wildhüters, gehörte er gleichzeitig zu den erfahrensten Wilderern in Irland. Kein Forellenbach entging seiner Aufmerksamkeit, und selbst die, die er schützen sollte, wurden Beute seiner nächtlichen Streifzüge, denn er war ein Meister im Fischen mit abgeschirmtem Licht und verdeckter Leine. Wildern war in seinen Augen kein Verbrechen, im Gegenteil, wie er seinem Beichtvater gestand: »Man kann nicht Pferde lieben und Rosen und Schweine, wenn man nicht auch ein Herz für Fische hat ... und ich liebe nun mal Fische.«
    Lord Luton konnte seinem Jagdgehilfen zwar nicht befehlen, ihn nach Kanada zu begleiten - die Zeit der Leibeigenschaft war vorbei -, aber er konnte die Reise so verlockend schildern, daß der Ire gar nicht anders konnte, als auf das Angebot einzugehen. Als Fogarty, nachdem er die Irische See überquert hatte, in London vorstellig wurde, hatte er sich den Vorschlag nicht einmal bis zu Ende angehört, da rief er schon begeistert: »Ich bin dabei« und bat um Erlaubnis, unverzüglich nach Belfast zurückkehren zu dürfen, um sein Gepäck zu holen. »Nicht nötig«, entgegnete Luton und zückte seine Brieftasche. »Nehmen Sie das hier, aber kaufen Sie nur das Allernotwendigste. Den Rest kriegen wir in Edmonton.« Fogarty zögerte einen Moment: »Ich möchte nicht nur wegen meines Gepäcks noch einmal zurück. Es ist auch wegen meiner Frau. Jenny wäre sehr .«
    Lord Luton wurde plötzlich förmlich, und seine Gesichtszüge bekamen einen finsteren Ausdruck: »Kaufen Sie die Sachen hier, nicht in Irland. Jede Stunde des noch verbleibenden Sommers ist wertvoll.« Und Fogarty, das Geld einsteckend, hatte verstanden.
    Am Tag darauf, als die Mannschaft von Lord Luton den Zug nach Liverpool bestieg, saß Fogarty schon im Abteil, denn wenn die Umstände sie dazu zwangen, vermochten englische
    Herrschaften und Iren schnell zu handeln, fast überstürzt. Da Luton und Carpenter möglichst rasch an ihr Ziel, die Goldfelder, kommen wollten, buchten sie eine Fahrt auf dem nächstbesten Schiff, das nach Kanada fuhr.
    Am 25. Juli 1897 schifften sie sich ein und waren angenehm überrascht, als sie feststellten, daß sie sich auf einem der elegantesten Schiffe befanden, das im nördlichen Atlantik verkehrte, der »Parisian«, Stolz der kanadischen Allan-Royal-Mail-Linie. Rank und schlank, hatte sie vier gewaltige Masten aufzuweisen, an denen ein ganzer Wald von Spieren und wahre Wolkenhimmel weißer Segel hingen. Die Pferdestärke der »Parisian« jedoch ließ sich an den beiden Schornsteinen ablesen, die sich mittschiffs dumpf in die Höhe reckten, denn das Schiff wurde sowohl durch Wind als auch durch Dampfkraft angetrieben, was sie zu einer wahren Königin auf See machte. Die Kabinen der Herrschaften waren geräumig und komfortabel, der Salon in Eiche und Esche gehalten und die zierlichen Säulen mit Leder ausgeschlagen.
    Nußbaumsessel, die Holzteile blankpoliert, daß sie rötlich schimmerten, luden nach einem erfrischenden Spaziergang auf dem Promenadendeck zum Verweilen ein.
    Der Kapitän persönlich, an dessen Tisch man sie am ersten Abend plazierte, beglückwünschte sie zu der Weitsicht, die sie mit ihrer Entscheidung für gerade dieses Schiff bewiesen hatten. Die »Parisian«, erklärte er, sei zum Glück so konstruiert, daß sich der Salon in der Mitte des Schiffes befinde, was das Stampfen der Maschine auf hoher See dämpfe und wodurch die Mahlzeiten an Bord so ruhig verlaufen könnten wie an Land. Stolz fuhr er mit seiner Beschreibung fort, nannte
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