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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition)
Autoren: Tobias O. Meißner
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Die Idee … war immer gut.«
    »Mir tun die Mädchen alle leid.«
    »Brauchen sie … nicht. Es geht ihnen besser hier … als draußen.« Ein Krampf schüttelte sie. Ihre Augen schlossen sich ganz fest, dann öffneten sie sich weit. Sie sah Erenis an, als sähe sie sie zum ersten Mal. »Du … weinst ja«, stellte sie fest.
    »Tut mir leid.«
    »Schwächling.« Sie machte eine zärtliche Geste an Erenis’ Wange. Ein ganzer Schwall von Erinnerungen fiel über Erenis her. Neeva hatte sie oft »Schwächling« genannt, wenn Erenis gegen sie verloren hatte. Und sie hatte sie auch manches Mal getröstet. Das hatte sie ganz vergessen.
    »Lass ihn … leben«, waren Neevas letzte Worte, dann durchlief sie ein eisiges Schaudern, und es war vorbei. Erenis schloss ihr die Augen und hatte die eigenen dabei ebenfalls geschlossen.
    Jetzt gab es nur noch Ladiglea und sie. Dass sie den Rittrichter wie einen hartnäckig kläffenden Hund an einer Leine hinter sich hergeführt hatte, hatte Hektei und Neeva das Leben gekostet. Wenn sie das hätte ahnen können, hätte sie ihn schon viel früher unschädlich gemacht. Nun verfluchte sie ihren eigenen Hochmut.
    Sie erhob sich, indem sie sich auf ihr neues, doch altes Schwert stützte. Ein Schwert war nun bald alles, was ihr noch geblieben war.
    Eine Zeit lang verharrte sie an Ort und Stelle. Lauschte, ob sie das Lachen von Mädchen hören konnte oder zumindest das Umherhuschen der Dienerinnen. Doch nichts. Der Berg der Masken lag wie ausgestorben da.
    Sie ging zu Ugon Fahus und stellte sich vor ihn hin.
    Sie räusperte sich, denn an ihrer Stimme hingen schwere Tränen.
    »Ich kann Euch nicht leben lassen.« Nach jedem Satz machte sie eine lange Pause. »Ich weiß nicht, ob es noch andere wie Euch gibt, woher Ihr eigentlich gekommen seid, warum Ihr tatet, was Ihr tatet. Ihr habt uns nie Eure Geschichte erzählt. Aber ich fürchte, dass Euer Einfluss noch immer zu unheilvoll ist. Die Bediensteten … sie werden nur aufhören mit diesem Irrsinn, wenn Ihr nicht mehr seid. Ihr dürft nicht mehr sein. Wir alle hätten verbrennen sollen.«
    Sie tötete den sitzenden Wehrlosen kunstfertig mit einem einzigen Streich, und es war ihr, als würde sie mit diesem Schlag ihre gesamte Vergangenheit ungültig machen.
    Anschließend durchsuchte sie den Berg, bis sie die Mädchen gefunden hatte.
    Es waren tatsächlich nur sechs. Sie kauerten auf Matten aus Bast und trugen nichts weiter als glänzende Lederriemen, die nur notdürftigst die Blößen bedeckten, sowie blaue Bänder an den Knöcheln. Mit diesem Blau bekam Ugon Fahus ihre Treue. Durch dieses Blau fühlten sie sich ausgezeichnet und gemocht. Dieses Hinterslichtführen wirkte noch immer und würde ewig wirken.
    Die Mädchen waren alle erst um die zehn Jahre alt. Noch keines von ihnen besaß frauliche Formen.
    Erenis suchte, bis sie Stoffe gefunden hatte, mit denen die Bediensteten sich kleideten, und gab dann jeder der sechs etwas zum Anziehen. Die Lederbänder nahm sie ihnen ab. Schwerter besaßen sie noch nicht, sie schlugen offensichtlich bei den Übungen mit biegsamen Holzrohren aufeinander ein, ihre Körper waren übersät von derartigen Spuren. Erenis redete auch mit ihnen, aber alle Mädchen stammten aus den Offenen Ländern. Ihre Haut war dunkel, ihre Augen noch dunkler. Sie verstanden Erenis’ Sprache nicht. Aber sie erkannten und respektierten ihr Schwert, das dem von Neeva ähnelte wie etwas Blutsverwandtes.
    Erenis führte die Mädchen aus dem Berg. Sie trotteten hinter ihr her, als wüssten sie bereits, dass Ugon Fahus und Neeva nicht mehr da waren. Sie lachten auch nicht mehr.
    Der Rückweg würde beschwerlich werden. Erenis suchte und fand das Höckerpferd des Rittrichters, aber auch auf zwei Reittieren konnten immer nur vier Mädchen gleichzeitig Halt finden, die übrigen mussten sich mit Nebenhergehen abwechseln.
    Aber immerhin hatte Erenis eine ungefähre Ahnung, wo sich die Oasen befanden. Und Brendin Grya war nur wenige Tagesreisen entfernt.
    Die Gesichter der Getöteten und Sterbenden, von Erenis wie zu einer grässlich schaukelnden Kette aneinandergeknüpft, wurden langsam verdrängt von den erwartungsfrohen und befriedigten Gesichtern der Kunden Elirous.
    Für Stenrei war das wie ein Verschorfen und Abheilen. Es juckte zwar ab und zu quälend, tat aber im Großen und Ganzen unbestreitbar gut.
    Er fragte sich sogar, wie er jemals so dumm gewesen sein konnte, einer Spur des Schreckens durch das ganze Land zu folgen. Es
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