Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition)
Autoren: Tobias O. Meißner
Vom Netzwerk:
Rucksack lag. So eines hatte er noch nie gesehen. Es hatte rote Muster in der Klinge, wie eine Schrift aus Blut, und es sah schwer aus. Er fragte sich, wie es wohl in seiner Hand liegen würde, aber er war kein Dieb, und wenn er sie fragte, ob er es einmal halten dürfe, würde sie ihn wahrscheinlich für ein Kind halten und auslachen.
    Als er wieder zurückschaute zu der Frau, sah sie genau in seine Richtung.
    Er erschrak bis ins Mark.
    Er war aber doch gut genug verborgen, oder? Mehrere Schichten Blattwerk deckten ihn. Er konnte hindurch spähen, aber sie doch wohl nicht zurück? Und ein Geräusch hatte er doch ebenfalls nicht gemacht, da war er sich sicher.
    Er schluckte. Zum ersten Mal sah er das Gesicht der Frau. Und obwohl er fürchten musste, von ihr entdeckt worden zu sein, war er fasziniert von ihren Zügen. Ihr Kinn war energisch, ihre Nase gerade, die Augen klar, von heller Farbe, blau oder grün, vielleicht eine Mischung aus beidem. Ihr dunkelblondes Haar mochte sehr lang sein, aber sie trug es zusammengebunden zu einer Ansammlung von Knoten. Besonders ihre Brauen gefielen ihm. Sie waren sanft geschwungen, sodass ihr Gesicht fast ein wenig hochmütig wirkte, aber sie waren schmal und nicht im Mindesten in der Mitte zusammengewachsen wie bei so manchen Mädchen aus dem Dorf.
    Diese Brauen waren nicht gerunzelt. Also argwöhnte sie wohl nichts.
    Tatsächlich blickte sie nicht lange in seine Richtung. Vielleicht hatte sie etwas gehört, einen auffliegenden Ufervogel womöglich, in seiner Nähe. Ein dummer Zufall. Nichts weiter.
    Er entspannte sich, als sie das Lederhemd fertig zugeknöpft hatte, das von ihren Brüsten glänzend gespannt wurde, und zum Ufer watete, wo ihre Ausrüstung lag. Sie nahm ihren Rucksack und warf ihn sich über. Das Schwert schob sie sich ebenfalls auf den Rücken, der Rucksack schien eigens dafür vorgesehene Schlaufen zu besitzen. Auf so etwas wie eine Schwertscheide schien sie zu verzichten, sie trug den Stahl offen.
    Dann tauchte sie ins Unterholz ein und war weg. Er hörte sie nur noch kurze Zeit, dann waren auch ihre Geräusche im Unterholz verschwunden.
    Stenrei überlegte, ob er ihr folgen sollte.
    Sie war außergewöhnlich schön. Sicherlich nicht aus diesem Land, ihr Gesicht wies eine nordische Fremdartigkeit auf, die ihn sehr ansprach. Sie war vielleicht fünfundzwanzig Jahre alt. Damit natürlich deutlich älter als er selbst, also etwa im Alter der Frau, die ihn immer noch ab und zu im Lesen und Schreiben unterrichtete. Aber sie gefiel ihm. Gefiel ihm viel besser als die Mädchen im Dorf. Diese Brauen. Das freche, offene Schwert. Ihr Blick. Wie sie sich bewegt hatte, sehr sicher und geschmeidig. Auch ihre Kleidung. Die Hose, die so tief auf den Hüften saß, dass man beinahe schon die Einkerbung des Hinterns sehen konnte. Allein dieser Hose zu folgen mochte schon mancherlei Mühsal wert sein.
    Stenrei war begeistert von dieser Frau. Und spürte schon jetzt, nachdem er sie gerade erst ein paar Augenblicke lang hatte beobachten können, so etwas wie das ziehende Sehnen eines Verlusts in sich.
    Er wollte ihr folgen. Sein Pirschen an ihr erproben. Es war ihm natürlich klar, dass das nicht ohne Gefahr sein würde. Sie war offensichtlich eine Schwertkriegerin. Das Schwert zeigte seine blutrote Schrift jedem, der solcherart zu lesen verstand. Sicherlich war die Trägerin einer solch beeindruckenden Waffe nicht gut zu sprechen auf Jungs, die ihr durchs Unterholz nachschlichen.
    Er dachte hin und her, vor und zurück.
    Aber wollte ihr folgen.
    Er schlug ihre Richtung ein, weg vom Flimmern und Funkeln des Wassers, hinein in das tiefere Grün.
    Und fand ihre Fährte nicht. Sie hatte keine hinterlassen. Sie war umsichtiger als eine Stachelbache, natürlich.
    Er seufzte. Kratzte sich am bartlosen Kinn. Kratzte sich mit dem Daumen am Rücken.
    Er wollte noch etwas umherstreifen. Vielleicht begegnete er ihr ja wieder. Wo ein Zufall war, mochten auch mehrere möglich sein. Sie konnte ja wohl kaum schlecht zu sprechen sein auf Jungs, die einfach nur im Wald umherstreiften. Zumal er von hier war und ein Anrecht darauf hatte, in dieser Gegend herumzuschlendern, während sie fremd war, fremd sein musste, denn er hatte noch nie von ihr gehört, sie nie zuvor gesehen.
    Er konnte nicht wissen, dass sie die Klingentänzerin war, denn niemand hatte ihm je von ihr erzählt.
    So wandelte er herum. In der ungefähren Richtung, in der sie verschwunden sein musste. Er war leiser noch als sonst
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher