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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition)
Autoren: Tobias O. Meißner
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schlimmer. Ich kann nicht dich auch noch töten.«
    Neeva griff ein letztes Mal an, mit wild erhobener Klinge, doch Erenis ging ihr einfach aus dem Weg. Der Kampf zerflatterte wie ein Schwarm Fledermäuse. Überall lagen Schwerttrümmer. Sinnlose Blutstaben.
    Neeva machte Schritte ins Leere und versuchte zu begreifen, was gerade passierte. Sie beide versuchten zu verstehen. Im Hintergrund saß ihr Lehrer auf seinem geflochtenen Thron und bekam vielleicht gar nichts mehr mit.
    »Aber …«, begann Neeva zu stammeln, »du hast gesagt, dass Ladiglea noch lebt. Dann sind wir nicht die Letzten.«
    »Ladiglea ist keine Klingentänzerin mehr. Sie ist nur noch das Echo eines Schattens.« Erenis kamen noch immer die Tränen. Es war ihr unangenehm, sie wollte das nicht, aber sie konnte nichts dagegen tun. Dieses Wiedersehen, diese Konfrontation ging über ihre von der Wüste und dem Kampf in Brendin Grya zermürbten Kräfte.
    »Also was sollen wir machen?«, fragte Neeva schließlich, völlig hilflos.
    »Ich weiß nicht. Mädchen das Kämpfen beibringen. Das ist sicherlich sinnvoll. Damit sie sich wehren können. Damit niemand sie von oben herab behandeln kann. Aber nicht in einer Schule, die ihnen sonst alles raubt. Wir könnten … umherziehen. Von Dorf zu Dorf. Und lehren. Beibringen. Unsere Kenntnisse weiterreichen.« Etwas anderes als ein Dasein von Dorf zu Dorf wollte ihr nicht einfallen. Ihre Einfallslosigkeit kam ihr selbst enttäuschend vor.
    Neeva schüttelte nur den Kopf. »Du hast ihm nie Gelegenheit gegeben zu zeigen, was aus uns geworden wäre, wenn du nicht alles zerstört hättest. Du lehnst seine Lehren ab. Aber nur, weil du ihn nicht hören konntest, nachdem du ihm alles genommen hattest. Oh, Erenis. Du hast unsere Schwestern verbrannt!«
    »Es war ein furchtbarer Unfall, Neeva. Ich wollte den Männern wehtun, und habe stattdessen meine Schwestern getötet. Du kannst dir nicht vorstellen, wie furchtbar das ist.«
    »Ich soll auch noch Mitleid mit dir haben? Ausgemerzt gehörst du!«
    »Vielleicht hast du recht.«
    »Warum bist du nicht früher gekommen? Warum erst jetzt?«
    »Ich hielt euch für tot. Ich hielt alle für tot. Und ich wusste nicht, wo ich war.«
    » Er hat dich nie für tot gehalten. Er hat immer gesagt: Eines Tages wird sie uns finden . Und er sagte das voller Liebe.«
    »Aber ich hasse ihn! Kannst du das denn nicht verstehen? Vielleicht verstehst du das nicht, weil sie von dir eben nur deine Muskeln wollten. Von mir wollten sie alles . Und sie haben es sich einfach so genommen!«
    »Ich habe ihm auch alles gegeben. Warum sollte eine Klingentänzerin nicht auch diesen Schmerz kennenlernen? Warum glaubest du, darüber erhaben zu sein?«
    »Weil … weil ich dachte, dass wir deswegen kämpfen lernen. Damit man uns eben nicht einfach so nehmen kann. Welchen Sinn hat denn das sonst, wenn wir nicht imstande sind, unseren Willen zu behaupten?«
    »Du denkst immer, dass Männer und Frauen Feinde sind. Aber wir können uns doch auch zusammentun. Unser Wissen haben wir von einem Mann. Also warum sollen wir es nicht mit Männern teilen?«
    »Eure neue Schule hat doch auch wieder nur Mädchen! Das beweist doch, dass auch ihr nicht am Zusammentun interessiert seid!«
    »Wir haben nur Mädchen, weil nur Mädchen verstoßen werden. Niemand verstößt einen Jungen. Jungs verstoßen sich höchstens selbst. Aber Mädchen wollen so schrecklich gerne gemocht werden und werden immer wieder enttäuscht.« Sie sprach von sich. Aber sie hatte nicht unrecht. Auch Erenis trug enges Schlangenleder, weil sie wusste, dass sie Männer damit empfindlich schwächen konnte.
    Sie kämpften nicht mehr. Die Waffen hingen an ihnen herunter wie die abgestorbenen Blätter noch lebender Pflanzen. Und ihre Worte ermüdeten sie noch mehr, als jedes denkbare Klingengewitter das vermocht hätte. Die Worte der anderen verkraften. Eigene Worte finden, die denen der anderen entgegenzutreten vermochten. Darin hatte sie nie jemand unterrichtet. Es war dies ein Schlachtfeld, auf dem die meisten anderen Menschen sich besser zurechtfanden als Klingentänzerinnen.
    Sie atmeten beide sehr schwer, und Erenis’ Augen schwammen noch immer in peinlichen Tränen. Sie wollte nicht, dass jemand sie so sah. Sie hoffte inständig, dass die Augen von Ugon Fahus ihren Dienst versagten. Neeva hatte behauptet, er höre und denke. Von Sehen war nicht die Rede gewesen.
    Eine ihr wohlbekannte Stimme schnarrte in die Halle: »Hab’ ich dich
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