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Klex in der Landschaft

Klex in der Landschaft

Titel: Klex in der Landschaft
Autoren: Tom Sharpe
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Maud, »und ich bin sowieso weder an Verstehen noch an Verzeihen interessiert. Ich bin ganz einfach daran interessiert, ein Kind zur Welt zu bringen. Meine Familie lebt seit fünfhundert Jahren in der Schlucht, und ich beabsichtige keineswegs, die Verantwortung dafür auf mich zu laden, daß sie keine weiteren fünfhundert Jahre hier wohnen bleibt. Sie mögen mein Beharren auf der Familientradition romantisch finden. Ich kann nur sagen, ich betrachte es als meine Pflicht, einen Erben in die Welt zu setzen. Wenn mein Mann sich weigert, seiner Zeugungspflicht nachzukommen, werde ich eben einen Ersatz für ihn finden.«
    »Meine liebe Lady Maud«, sagte Mr. Turnbull, dem plötzlich bewußt wurde, daß er möglicherweise Gefahr lief, zum ersten Objekt ihrer außerehelichen Aufmerksamkeiten zu werden, »ich bitte sie inständig, keine übereilten Schritte zu unternehmen. Nach einem ehebrecherischen Akt Ihrerseits gelänge es Sir Giles ganz ohne Zweifel, eine Scheidung zu erwirken, bei der man die Anwartschaftsklausel für nichtig erklären würde. Vielleicht möchten Sie ja, daß ich einmal mit ihm rede. Manchmal hilft es, wenn man einen Dritten einschaltet, einen völlig Unparteiischen, Sie verstehen schon, um eine Aussöhnung zu erreichen.« Lady Maud schüttelte den Kopf. Ihre Gedanken drehten sich um Ehebruch.
    »Gehe ich recht in der Annahme«, meinte sie schließlich, »daß, wenn Giles Ehebruch begeht, das Anwesen mir zugesprochen wird?«
    Bei dieser Vorstellung strahlte Mr. Turnbull. »In dem Fall gäbe es keinerlei Schwierigkeiten«, sagte er. »Dann hätten Sie ein unanfechtbares Anrecht auf das Anwesen. Das steht im Vertrag. Keinerlei Schwierigkeiten.«
    »Gut«, sagte Lady Maud und erhob sich. Sie ging und überließ Mr. Turnbull der begründeten Vermutung, daß Sir Giles Lynchwood eine böse Überraschung bevorstünde, und – noch besser – daß sich die Firma Ganglion, Turnbull und Shrine auf einen langwierigen Prozeß sowie nicht unerhebliche Anwaltshonorare freuen könne.
    Draußen im Wagen wartete Klex.
    »Klex«, sagte Lady Maud als sie sich auf den Rücksitz hievte, »was wissen Sie über das Abhören von Telefonen?«
    Klex lächelte und ließ den Motor an. »Kein Problem, man braucht bloß etwas Draht und einen Kopfhörer.«
    »Wenn das so ist, dann halten Sie am nächsten Elektroladen und kaufen das erforderliche Material.« Als sie am Haus Handyman eintrafen, hatte Lady Maud sich ihre Pläne zurechtgelegt.
    *
    Sir Giles ebenfalls. Als seine erste Hochstimmung angesichts einer möglichen Scheidung abgeklungen war, kamen ihm beim Abwägen der ganzen Angelegenheit etliche unangenehme Möglichkeiten in den Sinn. Zunächst einmal schmeckte ihm der Gedanke überhaupt nicht, sich von irgendeinem Staranwalt wegen seines Liebeslebens ins Kreuzverhör nehmen zu lassen. Für die Zeitungen, besonders für das eine oder andere Sonntagsblatt, wäre Lady Mauds Schilderung ihrer Flitterwochen ein gefundenes Fressen. Schlimmer noch, er würde niemanden wegen Verleumdung verklagen können. Der Hoteldirektor konnte die Geschichte bestätigen, und obwohl Sir Giles wahrscheinlich den Scheidungsprozeß gewinnen und den Herrensitz würde behalten dürfen, seinen guten Ruf war er mit Sicherheit los. Nein, mit dieser Angelegenheit mußte man sich auf eine diskretere Art und Weise befassen. Sir Giles griff nach einem Bleistift und begann, vor sich hin zu kritzeln. Das Problem war schlicht folgendes: Die Scheidung sollte sie je akut werden – mußte zu seinen Bedingungen erfolgen. Nicht das geringste Odium eines Skandals durfte daran haften. Es wäre vermessen, zu hoffen, daß Lady Maud einen Liebhaber fände, doch womöglich trieb sie ja die Verzweiflung zu irgendeiner Wahnsinnstat. Sir Giles hatte da zwar so seine Zweifel, zumal ihr Alter, ihre Erscheinung und ihr ganzes Wesen so etwas eher unwahrscheinlich machten. Und dann waren da noch der Herrensitz und die hunderttausend Pfund, die er dafür bezahlt hatte. Er zeichnete eine Katze und dachte sich gerade, daß es mehr Möglichkeiten gäbe, mit einem Gebäude Profit zu machen, als es zu verkaufen oder bis auf die Grundmauern niederzubrennen, da weckte die Form seiner Skizze – eine Acht mit Ohren und Schwanz – in ihm die Erinnerung an etwas, das er einmal aus der Luft gesehen hatte. Eine Überführung, eine Kleeblattkreuzung, eine Autobahn. Kurz darauf entfaltete er ein Meßtischblatt und musterte es mit äußerstem Interesse. Warum hatte er nicht gleich daran
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