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Klex in der Landschaft

Klex in der Landschaft

Titel: Klex in der Landschaft
Autoren: Tom Sharpe
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zu seiner Gesichtsfarbe. Hier befand sich das Allerheiligste seiner Welt, wo er inmitten von Blumen rasten konnte, deren Schönheit ihm bewies, daß das Leben nicht ganz und gar sinnlos war. Durch die gläsernen Fenster konnte er den Küchengarten sehen, den Kopfsalat, die Erbsen und Bohnen, die Johannisbeerbüsche und die Stachelbeeren, auf die er besonders stolz war. Und zu allen Seiten hielten alte Backsteinmauern die Welt fern, für die er nichts als Mißtrauen übrig hatte. Klex leerte seine Thermosflasche und stand auf. Über seinem Kopf konnte er die Telefondrähte erkennen, die vom Haus wegführten. Er ging hinaus, schnappte sich eine Leiter, und bald war er eifrig damit beschäftigt, seine Drähte an die Leitung über ihm anzuschließen. Als Sir Giles im Bentley davonfuhr, war er immer noch dabei. Klex beobachtete seine Abfahrt ohne Interesse. Er konnte Sir Giles partout nicht ausstehen, und einer der Vorteile seiner Arbeit im Küchengarten bestand darin, daß sie sich nur selten begegneten. Er beendete seine Arbeit, dann schloß er Kopfhörer und Klingel an. Danach ging er ins Haus. Lady Maud fand er in der Küche beim Geschirrspülen.
    »Es ist so weit«, sagte er, »wir können es ausprobieren.« Lady Maud trocknete sich die Hände ab. »Was habe ich zu tun?«
    »Wenn das Telefon klingelt, setzen Sie sich den Kopfhörer auf«, erklärte Klex.
    »Sie gehen ins Arbeitszimmer, wählen eine Nummer, und ich höre zu«, sagte Lady Maud.
    Klex ging ins Arbeitszimmer und setzte sich hinter den Schreibtisch. Erst nahm er den Hörer ab, dann überlegte er, wen er wohl anrufen sollte. Er kannte keinen, den er anrufen konnte. Schließlich fiel sein Blick auf einen Schreibblock vor ihm, und da war mit Bleistift eine Nummer notiert. Neben ihr befanden sich ein paar Kritzeleien und eine Katzenzeichnung. Klex wählte die Nummer. Sie war ziemlich lang, fing mit 01 an, und er mußte eine ganze Weile warten, bis sich jemand meldete. »Hallo, hier spricht Felicia Forthby«, sagte eine Frauenstimme.
    Klex überlegte, was er wohl antworten sollte. »Hier ist Klex«, meinte er schließlich.
    »Klex?« fragte Mrs. Forthby. »Kenne ich Sie?«
    »Nein«, sagte Klex.
    »Kann ich irgend etwas für Sie tun?«
    »Nein«, sagte Klex.
    Es folgte ein betretenes Schweigen, dann ergriff Mrs. Forthby wieder das Wort. »Was wollen Sie?«
    Klex überlegte, was er wohl gerade brauchte. »Ich will eine Tonne Schweinemist haben«, sagte er.
    »Da sind Sie offenbar falsch verbunden.«
    »Ja«, sagte Klex und legte den Hörer auf. Im Gewächshaus war Lady Maud von diesem Experiment hellauf begeistert. »Bald werde ich herausfinden, wer ihn jetzt verdrischt«, dachte sie und setzte den Kopfhörer ab. Dann ging sie wieder ins Haus.
    »Wir werden abwechselnd sämtliche Telefonate meines Mannes abhören«, verkündete sie Klex. »Ich will herausbekommen, wen er in London besucht. Sie müssen die Namen von allen Leuten aufschreiben, mit denen er telefoniert. Haben Sie verstanden?«
    »Ja«, sagte Klex und ging zufrieden zurück in seinen Küchengarten. In der Küche beendete Lady Maud ihren Abwasch. Eigentlich hatte sie Klex fragen wollen, mit wem er gesprochen hatte. Sei’s drum, das war nebensächlich.
    Kapitel 3
    Sir Giles kam um einiges früher aus London zurück, als er erwartet hatte. Dank ihrer Periode war Mrs. Forthby wirklich mies gelaunt, und Sir Giles hatte schon genug am Hals, da wollte er nicht auch noch die Nebenwirkungen ihrer menstruationsbedingten Nervosität über sich ergehen lassen. Außerdem war Mrs. Forthby in natura was ganz anderes als die Mrs. Forthby seiner Phantasie. Letztere wies eine Vielzahl perverser Neigungen auf, die sich haargenau mit seinen eigenen unglückseligen Neigungen deckten, zudem verfügte sie über eine Diskretion, die einer Trappistennonne zur Ehre gereicht hätte. In der Realität war sie enttäuschend anders. Anscheinend glaubte sie – und Sir Giles’ Meinung nach konnte eine Frau keinen schwereren Fehler haben –, er liebe sie einzig und allein um ihrer selbst willen. Bei dieser Formulierung lief es ihm kalt den Rücken runter. Wenn er sie überhaupt liebte, und nur mit der Entfernung wuchs seine Liebe, so gewiß nicht um ihrer selbst willen. Nur deswegen, weil es ihr, soweit er feststellen konnte, an jeglichem Selbst fehlte, hatte er sich überhaupt zu ihr hingezogen gefühlt.
    Äußerlich wies Mrs. Forthby alle Attribute begehrenswerter Weiblichkeit auf, beinahe zu viele für heikle Geschmäcker,
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