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Klex in der Landschaft

Klex in der Landschaft

Titel: Klex in der Landschaft
Autoren: Tom Sharpe
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fünfhundert Jahren lebt meine Familie nun schon in dieser Schlucht, und ich bin keinesfalls gewillt, mich mit der Gewißheit ins Grab zu legen, daß ich die letzte Handyman bin.«
    »Mir ist nicht ganz klar, wie du das umgehen kannst, was auch immer geschieht«, sagte Sir Giles. »Schließlich würden sie – den unwahrscheinlichen Fall vorausgesetzt, daß du Kinder bekämst – den Namen Lynchwood tragen.«
    »Ich hatte schon immer vor«, erklärte Lady Maud, »den Namen durch einseitige Absichtserklärung ändern zu lassen.«
    »Tatsächlich? Tja, dann laß dich davon unterrichten, daß dazu keine Notwendigkeit besteht«, sagte Sir Giles. »Aus unserer Ehe werden keine Kinder hervorgehen, daran gibt’s nichts zu rütteln.«
    »Wenn das so ist«, sagte Lady Maud, »werde ich die nötigen Schritte für eine Scheidung einleiten. Du hörst dann von meinen Anwälten.«
    Sie verließ das Zimmer und schmetterte die Tür hinter sich zu. Zurück blieb ein vor Genugtuung zitternder Sir Giles. Vorüber waren die Jahre der Qual. Er würde seine Scheidung bekommen und den Herrensitz behalten. Mit den Sorgen war es endlich vorbei. Er griff nach der nächsten Zigarre und zündete sie an. Von oben konnte er die schwerfälligen Bewegungen seiner Frau in ihrem Schlafzimmer hören. Zweifellos bereitete sie sich auf einen Besuch bei Ganglion, Turnbull und Shrine vor, den Familienanwälten in Worford. Sir Giles faltete die Times auseinander und las noch einmal den Brief über den Kuckuck.

Kapitel 2
    Mr. Turnbull von Ganglion, Turnbull und Shrine war zwar verständnisvoll, aber keineswegs hilfreich. »Wenn Sie mit solch offensichtlich wenig stichhaltigen Scheidungsgründen, wie den von Ihnen gerade so anschaulich skizzierten, einen Prozeß anstrengen«, informierte er Lady Maud, »wird die Anwartschaftsklausel null und nichtig. Womöglich verlieren Sie am Ende sogar das gesamte Anwesen.«
    »Wollen Sie mir vielleicht weismachen, ich kann mich nicht von meinem Mann scheiden lassen, ohne meinen Familiensitz zu verlieren?« wollte Lady Maud wissen. Mr. Turnbull nickte. »Sir Giles muß Ihre Behauptungen nur abstreiten«, erläuterte er, »und ich kann mir, ehrlich gesagt, kaum denken, daß ein Mann in seiner Position diese Verfehlungen zugibt. Das Gericht würde zu seinen Gunsten entscheiden, so leid es mir tut. Bei einem derartigen Fall liegt die Schwierigkeit darin, daß man keinen überzeugenden Beweis vorlegen kann.«
    »Ich würde doch denken, meine Jungfräulichkeit sei Beweis genug«, gab ihm Lady Maud unverblümt zu verstehen. Mr. Turnbull unterdrückte einen Schauder. Die Vorstellung, daß Lady Maud ihr Jungfernhäutchen als Beweisstück A vorlegen würde, sagte ihm ganz und gar nicht zu. »Meiner Meinung nach sollten wir uns nach was ein bißchen Orthodoxerem umsehen. Schließlich könnte Sir Giles ja behaupten, Sie hätten ihm seine ehelichen Rechte verweigert. Dann stünde ganz einfach sein Wort gegen Ihres. Natürlich könnten Sie die Scheidung trotzdem erwirken, doch juristisch betrachtet würde das Anwesen in seinem Besitz bleiben.«
    »Aber irgend etwas werde ich doch unternehmen können«, wandte Lady Maud ein. Wie er sie so ansah, hatte Mr. Turnbull da seine Zweifel, war jedoch taktvoll genug, sie nicht auszusprechen.
    »Und Sie haben versucht, eine Aussöhnung herbeizuführen, sagen Sie?«
    »Ich habe Giles klar gemacht, er müsse seine Pflicht mir gegenüber erfüllen.«
    »Das ist nicht ganz das, was ich meinte«, klärte Mr. Turnbull sie auf. »Schließlich ist die Ehe, wenn es gut geht, eine schwierige Beziehung. Vielleicht würde ein wenig Zärtlichkeit Ihrerseits ...«
    »Zärtlichkeit?« sagte Lady Maud. »Zärtlichkeit? Anscheinend ist Ihnen entfallen, daß mein Mann ein perverser Mensch ist. Bilden Sie sich etwa ein, daß ein Mann, der Befriedigung empfindet, wenn man ihn ...«
    »Nein«, sagte Mr. Turnbull eilig, »ich habe schon begriffen. Vielleicht ist Zärtlichkeit das falsche Wort. Was ich meinte, was ... nun ja ... ein wenig Verständnis.«
    Lady Maud schaute ihn verächtlich an.
    »Schließlich heißt es ja tout comprende, c’est tout pardonner « fuhr Mr. Turnbull fort, wobei er unwillkürlich in die Sprache verfiel, die für ihn gleichbedeutend war mit Kultiviertheit in Herzensangelegenheiten.
    »Wie meinen?« fragte Lady Maud.
    »Ich sagte nur, alles verstehen, heißt alles verzeihen«, erläuterte Mr. Turnbull.
    »Aus dem Munde eines Juristen finde ich diese Bemerkung erstaunlich«, sagte Lady
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