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Klex in der Landschaft

Klex in der Landschaft

Titel: Klex in der Landschaft
Autoren: Tom Sharpe
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geheiratet hatte; ihrer Meinung nach gab es keine höhere Tugend. Aus Pflichtgefühl gegenüber ihrer Familie hatte sie ihn geheiratet. Wäre es nach ihr gegangen, sie hätte einen jüngeren, attraktiveren Mann gewählt, doch das Angebot an jungen, attraktiven Männern mit Vermögen war in Worfordshire begrenzt und Maud war nicht ansehnlich genug, um sich in London einen aufzustöbern.
    »In die Gesellschaft eingeführt werden?« hatte sie ihre Mutter angeschrien, als Lady Handyman vorschlug, man solle sie bei Hofe einführen. »In die Gesellschaft? Das hab’ ich doch längst hinter mir.«
    Und es stimmte. Lady Mauds kurzlebige Schönheit hatte sich verfrüht eingestellt. Mit fünfzehn sah sie entzückend aus. Mit einundzwanzig waren die Handymanschen Gesichtszüge, vor allem die gewaltige Nase, immer auffallender und sie immer unattraktiver geworden. Mit fünfunddreißig war sie eine Handyman vom Scheitel bis zur Sohle und nur noch für jemanden mit Sir Giles’ verkommenem Geschmack und seinem Auge für versteckte Vorzüge akzeptabel. Ohne Illusionen hatte sie seinen Heiratsantrag angenommen, um dann zu spät herauszufinden, daß sein langes Junggesellendasein bei ihm Spuren in Gestalt einer Reihe von Angewohnheiten und Phantasievorstellungen hinterlassen hatte, die es ihm unmöglich machten, seinen Teil der Abmachung zu erfüllen. Wofür Sir Giles auch immer geeignet war – die Vaterschaft gehörte nicht dazu. Nach dem unglückseligen Erlebnis in ihren Flitterwochen hatte Maud versucht, eine Aussöhnung zu erreichen, doch ohne Erfolg. Sie hatte es mit Alkohol probiert, mit stark gewürzten Speisen, mit Austern und Champagner, mit hartgekochten Eiern, doch Sir Giles war eisern impotent geblieben. An diesem heiteren Frühlingstag, wo alles um sie herum aufkeimte und emporschoß und ihr die Freuden der Mutterschaft aus allen Winkeln des Anwesens entgegentönten, verspürte Lady Maud ein ausgesprochen lüsternes Verlangen. Sie wollte noch einen Versuch unternehmen, Sir Giles zur Räson zu bringen. Entschlossen richtete sie sich auf, marschierte über den Rasen ins Haus und ging durch den Flur.
    »Giles«, sagte sie, als sie das Arbeitszimmer ohne anzuklopfen betrat, »es ist an der Zeit, daß wir uns mit dieser Sache auseinandersetzen.« Sir Giles schaute von seiner Times auf. »Welche Sache?« fragte er.
    »Du weißt sehr gut, wovon ich rede. Brauchst gar nicht wie die Katze um den heißen Brei zu streichen.« Sir Giles faltete die Zeitung zusammen. »Brei, Liebes?« meinte er skeptisch.
    »Versuch’ nicht abzulenken«, sagte Lady Maud.
    »Ich lenke überhaupt nicht ab«, protestierte Sir Giles, »ich weiß ganz einfach nicht, wovon du sprichst.« Lady Maud legte ihre Hände auf den Schreibtisch und beugte sich drohend vor. »Sex«, knurrte sie.
    Sir Giles kuschelte sich in seinen Stuhl. »Ach ja, Sex«, murmelte er. »Was ist damit?«
    »Ich werde auch nicht jünger.«
    Sir Giles nickte verständnisvoll. Es war eine der wenigen Tatsachen, für die er dankbar war.
    »In ein oder zwei Jahren ist es zu spät.« Gott sei Dank, dachte Sir Giles, doch die Worte blieben ungesagt. Stattdessen entschied er sich für eine Ramon Allones aus seiner Zigarrenkiste. Das war ein ungeschickter Schritt. Lady Maud beugte sich vor und entriß sie seinen Fingern. »Jetzt hör mir mal zu, Giles Lynchwood«, sagte sie, »ich hab’ dich nicht geheiratet, um als kinderlose Witwe zu enden.«
    »Witwe?« fragte Sir Giles verschreckt.
    »Die Betonung liegt auf ›kinderlos‹. Ob du lebendig oder tot bist, läßt mich ziemlich kalt. Wichtig ist, daß ich einen Erben kriege. Als ich dich heiratete, geschah dies einzig unter der Voraussetzung, daß du der Vater meiner zukünftigen Kinder werden solltest. Wir sind jetzt seit sechs Jahren verheiratet. Es ist an der Zeit, daß du deine Pflicht tust.« Sir Giles schlug seine Beine herausfordernd übereinander. »Das haben wir doch alles schon mal durchgekaut«, murmelte er.
    »Das haben wir mitnichten alles durchgekaut. Genau darüber beschwere ich mich ja. Du hast dich hartnäckig geweigert, dich wie ein normaler Ehemann zu benehmen. Du hast ...«
    »Wir alle haben so unsere Problemchen, Liebes«, sagte Sir Giles.
    »Durchaus«, räumte Lady Maud ein, »die haben wir. Nur daß meine Problemchen unglücklicherweise weit weniger Aufschub dulden als deine. Ich bin über vierzig und werde, wie ich bereits andeutete, in ein oder zwei Jahren das gebärfähige Alter überschritten haben. Seit
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