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Klex in der Landschaft

Klex in der Landschaft

Titel: Klex in der Landschaft
Autoren: Tom Sharpe
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ausgehoben, in die der gesamte irgendwie organisch geartete Hausmüll wanderte. »Nichts darf umkommen«, hatte der Graf verkündet, und daran hielt man sich. Unter seiner Regie war die Kanalisation des Anwesens umgeleitet worden, so daß sie sich in die Kompostgruben ergoß und Klex wie Graf verlebten frohe Stunden beim Betrachten der diversen Schichten aus Kohlstrünken, Kartoffelschalen und Exkrementen, aus denen die Tagesabfälle bestanden. Sobald eine Grube voll war, schachtete Klex die nächste aus, und das Ganze ging wieder von vorne los.
    Das Ergebnis war erstaunlich. Überall wucherten gewaltige Kohlköpfe, erschreckend große Kürbisse und mächtige Gurken. Allerdings gediehen im Sommer auch die Fliegen prächtig, bis die Lage schließlich unerträglich wurde und Lady Handyman – die seit Beginn des Recycling-Verfahrens keinen Appetit mehr hatte – ein Machtwort sprach und darauf bestand, daß entweder die Fliegen das Grundstück verließen oder sie. Klex leitete die Abwässer wieder dorthin, wo sie hingehörten, während der Graf, offenbar durch die Fortpflanzungsrate der Fliegen inspiriert, seine Aufmerksamkeit den Kaninchen zuwandte. Klex hatte, nach dem Vorbild eines Apartmentkomplexes, ein paar Dutzend Ställe übereinander errichtet, in denen der Graf die größten Kaninchen unterbrachte, die er kriegen konnte, nämlich eine Rasse namens ›Flämische Riesen‹. Wie alle gräflichen Projekte wurden auch die Kaninchen nicht gerade ein durchschlagender Erfolg. Sie vertilgten gewaltige Mengen Grünzeug, und die Familie hatte eine regelrechte Abneigung gegen Kaninchenauflauf, Kaninchenbraten, Kanincheneintopf und lapin a l’orange entwickelt, während Klex bei dem Versuch, mit dem Riesenappetit der Tiere Schritt zu halten, fast in den Wahnsinn getrieben wurde. Als hätte er nicht schon genug Probleme gehabt, hatte die damals zehnjährige Maud ihren Vater mit Mr. McGregor (dem bösartigen Hasenfeind aus ihren Kindergeschichten) gleichgesetzt und den Kaninchen Fluchthilfe geleistet. Gerade als in Europa der Frieden einkehrte, wurde die gesamte Schlucht von flämischen Riesen überrannt und eingenommen. Inzwischen war Lord Handymans Kaninchen- Begeisterung geschwunden. Statt dessen wandte er sich Enten zu, und zwar insbesondere den sogenannten ›Khaki Campbells‹, einer Art, die den Vorteil hat, daß sie sich weitgehend als Selbstversorger durchschlägt und Eier in Hülle und Fülle legt. »Bei Enten kann man nichts falsch machen«, war sein fröhlicher Kommentar, als die Familie von Kaninchendiät auf Enteneier umstieg. Wie bei seinen Vorhersagen üblich, hatte er auch diesmal völlig daneben gelegen. Daß es nur allzu leicht war, bei Enten etwas falsch zu machen, hatte die Familie erfahren, als der Graf einem tödlichen Ei erlag, das zu nahe an einer seiner ehemaligen Kompostgruben gelegt worden war. Als er so friedlich verschied, wie es eine Ptomain-Vergiftung nur zuließ, hatte er Maud und ihre Mutter allein zurückgelassen, die sich nun irgendwie durchschlagen mußten. Seinem Tod hatte es Klex hauptsächlich zu verdanken, daß man ihm erlaubte, auf dem Anwesen zu bleiben.

Kapitel 4
    Im Laufe der nächsten Wochen war Lady Maud enorm aktiv. Sie ließ sich täglich von Mr. Turnbull juristisch beraten. In ganz South Worfordshire organisierte sie den Widerstand gegen die geplante Autobahn und saß ununterbrochen in Komitees. Besonders stark machte sich ihre stattliche Erscheinung im Komitee zur Erhaltung der Cleene-Schlucht bemerkbar. Zum Vorsitzenden wählte man General Burnett, wohnhaft im Bauernhaus, Guildstead Carbonell, doch als Schriftführerin war Lady Maud die treibende Kraft. Unterschriften wurden gesammelt, Protestveranstaltungen abgehalten, Anträge gestellt, unterstützt und verabschiedet, Gelder aufgetrieben und Plakate gedruckt.
    »Der Preis der Gerechtigkeit ist, ewig im Licht der Öffentlichkeit zu stehen«, verkündete sie mit einer Originalität, die ihren Zuhörern ungeheuer imponierte, die sie aber in Wirklichkeit dem Buch Bartletts Geflügelte Worte verdankte. »Es reicht nicht, zu protestieren, wir müssen unseren Protest publik machen. Wenn die Schlucht gerettet werden soll, so gelingt das nicht durch Worte allein, wir müssen auch handeln.« Neben ihr auf dem Podium nickte Sir Giles scheinbar zustimmend, dabei war er zutiefst beunruhigt. Nichts gegen die Öffentlichkeit, und Gerechtigkeit war ja schön und gut, wenn es um andere Leute ging, aber er legte keinen Wert darauf, daß
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