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Kleider machen Bräute

Kleider machen Bräute

Titel: Kleider machen Bräute
Autoren: Lucy Hepburn
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wie krank sie war. Und es gab ja auch jene segensreichen Momente, in denen sogar Molly es vor lauter Aufregung vergaß.
    Mollys schlichtes Etuikleid hatte die traumatische Reise in ihrem abgenutzten Koffer gut überstanden. Ein kurzes Darüberbügeln mit dem Bügeleisen genügte, damit es ordentlich aussah.
    Molly betrachtete sich im Spiegel. Das Kleid aus feinem Wollkrepp war am Saum asymmetrisch geschnitten und endete knapp über dem Knie, sodass ihre durchaus nicht unattraktiven Beine zur Geltung kamen. Ihre Schuhe – blaugrüne Wildledersandaletten mit dünnem Stummelabsatz – hatten die Reise ebenfalls gut überstanden. Ihr Haar steckte sie im Nacken mit zwei silbernen Spangen hoch, die sie vor Jahren spottbillig auf dem Flohmarkt erstanden hatte. Zum Schluss trug sie einen Hauch Maskara auf.
    Ihre Mutter hatte sich ebenfalls entschieden, es schlicht zu halten. Da sie mit einer eleganten venezianischen Hochzeit gerechnet hatte, hatte sie sich für ein dunkel rotes Seidenkleid im Stil der fünfziger Jahre mit einer gehäkelten Kaschmirjacke entschieden, hübsch und dezent.
    Molly konnte den Blick nicht von ihrer Mutter wenden. »Du siehst toll aus, Mum!«, rief sie.
    Ihre Mutter warf ihr einen Blick über die Schulter zu und zwinkerte. »Und ich bin noch nicht fertig! Du glaubst doch wohl nicht, dass ich ohne Hut am gesellschaftlichen Ereignis der Hochzeit meiner Tochter teilnehme!«
    »Natürlich nicht!«, erwiderte Molly mit gespielter Entrüstung. »Allein der Gedanke!«
    »Er ist in meinem Koffer. Würdest du ihn mir bitte geben?«
    »In deinem Koffer?«, wiederholte Molly. »Woraus zum Henker ist der denn, dass er eine Reise in einem Koffer übersteht? Aus Beton?«
    Sie lief zum Koffer ihrer Mutter und zog eine Tragetasche heraus. »Das gefällt mir gar nicht«, murmelte Molly. Zögernd griff sie in die Tüte, und zum Vorschein kam … ein Gewirr aus Stroh, Federn und Bändern, das einmal ein Hut gewesen sein mochte.
    »Meine einzige Konzession an teuren Glamour.« Ihre Mutter seufzte. »Dieses Ding kostete ein Vermögen. Und schau es dir jetzt an – es sieht aus wie ein toter Fasan!«
    »Tod durch Cinquecento.« Molly schnitt eine Grimasse. »Pech, Mum. Ich bin sicher, dass er umwerfend war – als er noch ein Hut war.«
    »In den Mülleimer damit«, erklärte Vanessa bestimmt. »Denken wir nicht weiter darüber nach.«
    Und so, fein gemacht und in Schale geworfen, begleite Molly ihre Mutter in das umgestaltete Wohnzimmer. Dort wurden sie der Reihe nach Francescos reizender Familie vorgestellt. Baby Mia – das tatsächlich superniedlich war – gurrte und gluckste und strahlte alle an.
    Francescos Vater, Giuseppe, begann sofort zu rotieren, als ihm auffiel, wie schwach Caitlins Mutter wirkte. Er führte sie zu einem Sessel und kümmerte sich rührend darum, dass sie es bequem hatte. Sein Gesicht drückte Sorge und Mitgefühl aus, so, wie das seiner Frau Maria, Francescos zierlicher Mutter. Maria wirkte unruhig und verschlossen, doch als Mutter des Bräutigams hatte sie auch allen Grund, nervös zu sein, fand Molly. Francescos Großmutter, von Kopf bis Fuß in WitwenSchwarz gekleidet, sprach kein Wort. Sie saß mit geschlossenen Augen da, umklammerte ihren Rosenkranz und betete tonlos.
    »Sie ist glücklich«, versicherte ihnen Francescos Vater.
    »Ich fände es furchtbar, wenn sie unglücklich wäre«, flüsterte Molly ihrer Mum zu und sie kicherten.
    Sobald ihre Mutter bequem saß, eilte Molly zurück in den Empfangsbereich, um nach Caitlin zu sehen. Stattdessen stieß sie auf Francesco, der umwerfend aussah in seinem maßgeschneiderten Frack, dem weißen Hemd mit Kläppchenkragen und der eisvogelblauen Seidenkra watte. Nervös ging er im Flur auf und ab, jeder Zentimeter der vollendete, ungeduldige Bräutigam.
    »Wahnsinn!«, rief Molly. »Du siehst …«, ihr fielen zunächst nicht die richtigen Worte ein, »… absolut angemessen aus. Gut gemacht, Francesco.« Feierlich hielt sie ihm die Hand hin.
    Francesco schlug ein und knallte die Hacken zusammen. »Ein Kompliment von einem Profi. Jetzt kann ich mich entspannen.«
    Sie teilten ein verschmitztes Grinsen und Molly verspürte ein warmes Gefühl der Freude.
    »Wie geht es ihr?«, fragte er.
    »Caitlin? Gut, vertrau mir. Ich war gerade noch oben bei ihr.«
    »Wird sie herunterkommen?« Seine Augen waren groß vor Sorge.
    Molly fühlte mit ihm. »Aber ja«, versicherte sie nachdrücklich. »Wird sie. Und jetzt entschuldige mich. Ich gehe besser wieder
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