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Klebstoff

Klebstoff

Titel: Klebstoff
Autoren: Irvine Welsh
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Ende außen vor blieb, arbeitete er in Gedanken an der Feinabstimmung seiner Phantasie.
    – Wie geht’s Yvonne? fragte Billy.
    – Immer noch mit diesem Knaben aus Perth verheiratet. Großer St.-Johnstone-Fan. Fährt ihnen überallhin nach. Die Kinder werden groß.
    – Gehst du mit einer?
    – Tja, du weißt ja, wie das ist, oder? Terry grinste, während Billy ausdruckslos nickte. – Und selbst?
    – War n paar Jahre mit ner Französin zusammen, aber sie ist Weihnachten wieder nach Nizza gezogen. Solche Fernbeziehungen bringen es nie, sagte er.
    Sie machten so noch eine Weile weiter, bis sie es angemessen fanden, hineinzugehen und nach Maria und Carl zu sehen. Billy legte Maria die Hand auf die Schulter, und Terry kopierte die Geste bei Carl. – Carl, sagte er.
    – Terry.
    Billy flüsterte Maria zu: – Sagen Sie mir einfach, was Sie möchten. Okay? Wir können gehen oder noch ein bisschen hier bleiben.
    – Geh du ruhig nach Hause, Junge, ich möchte noch etwas bleiben, sagte sie.
    Carl war ein bisschen eifersüchtig. Billy tat das, was er eigentlich tun sollte, und sagte das, was er eigentlich sagen sollte. Nicht dass Billy viel redete, aber wenn er es tat, war es immer genau das Richtige. Zu wissen, wann man die Klappe halten musste, war eine wunderbare und unterbewertete Gabe. Carl konnte endlos leeres Gerede absondern, aber manchmal, erst recht in Momenten wie diesem, stieß man an die Grenzen des Blablas. Leute wie Billy, die sich im richtigen Moment einschalteten, die hatten es richtig raus. – Nee, wir bleiben in der Nähe. Bis Sie so weit sind. Kein Grund zur Eile, erklärte er Carls Mutter.
    Sie blieben noch lange, nachdem der Oszillograph die Nulllinie angezeigt hatte. Sie wussten, dass Duncan nicht mehr bei ihnen war. Aber sie blieben noch eine Weile, nur für den Fall, dass er zurückkam.
    Billy rief Marias Schwester Avril und Sandra, seine Mutter, an. Dann fuhr er sie alle zu Sandra. Die Frauen blieben mit Maria im Haus, während die Jungs rausgingen, ziellos herumwanderten und schließlich irgendwann im Park landeten.
    Carl sah in den trüben Himmel und begann sich in einem tränenlosen, heftigen Schluchzen zu krümmen, das seinen mageren Körper schüttelte. Billy und Terry wechselten einen Blick. Es brachte sie in Verlegenheit, weniger wegen Carl als stellvertretend für ihn. Schließlich war er ja trotz allem ein Kerl.
    Aber durch Duncans Tod hing etwas zwischen ihnen in der Luft. Da war irgendetwas , so was wie eine zweite Chance, und selbst Carl schien es irgendwie trotz seiner Trauer zu spüren. Er wirkte, als versuchte er sich zu fassen, tief Luft zu holen und etwas zu sagen.
    Sie sahen ein paar kleine Jungs, sie mussten so um die zehn Jahre alt sein, beim Fußballspielen. Billy dachte daran zurück, wie sie früher das Gleiche getan hatten. Er dachte über die Zeit nach, wie sie aus den Menschen erst den Mumm herauspresste, um sie dann versteinern zu lassen und nur ganz langsam an ihnen zu nagen. Das frisch geschnittene Sommergras hatte diesen süßsauren Geruch. Die Rasenmäher schienen mindestens genauso viel Hundescheiße aufgewühlt wie verkrustete Erdklumpen aufgerissen zu haben. Die Kinder balgten sich mit Gras, stopften es sich gegenseitig in den Kragen, genau so, wie sie es früher getan hatten, ohne sich Gedanken darum zu machen, dass sie sich dabei mit Hundescheiße beschmierten.
    Billy sah hinüber zu der Ecke des Parks neben der Mauer, wo alle immer hingingen, um sich zu schlagen, um Streitereien beizulegen, die auf dem Spielplatz oder in der Siedlung ausgebrochen waren. Da drüben hatte er Brian Turvey ein paarmal vermöbelt. Topsy, Carls Freund. Ein tapferer Junge, allerdings wusste er nie, wann er geschlagen war. Kam immer wieder zurück. Oft funktionierte diese Taktik: Er hatte ein paar Typen erlebt, die Topsy verkloppt hatten, aber durch seine Hartnäckigkeit zermürbt worden waren und beim zweiten oder dritten Mal einfach kapitulierten, um ihre Ruhe zu haben. Denny Frost war so ein Beispiel. Hatte Topsy n paarmal fast umgebracht, wurde es dann aber so leid, angegriffen oder angehalten zu werden, dass er vor dem Knaben kuschte, nur damit er es endlich hinter sich hatte.
    Billy hatte das allerdings nie gekümmert, er hätte Topsy jeden Tag der Woche für den Rest seines Lebens in den Arsch getreten, wenn die Fotze das unbedingt wollte. Nach dem dritten Mal war Topsy schlau genug einzusehen, dass der Einfluss von Doctor-Martin-Stiefeln auf die Gehirnzellen sich langfristig
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