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Klassenfahrt zur Hexenburg

Klassenfahrt zur Hexenburg

Titel: Klassenfahrt zur Hexenburg
Autoren: Stefan Wolf
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trank noch einen
Schluck und schloss für einige Sekunden die Augen.
    „Diese Neuigkeit“, meinte er
dann, „werde ich nachher gleich meiner Frau erzählen. Jetzt wissen wir also,
weshalb du die Ferien hier verbracht hättest — allein und ohne Freunde, aber
sicherlich nicht in Langeweile. Jedenfalls, Tim, hätten wir eine Überraschung
für dich gehabt. Eine Überraschung, die vor allem auf Gabys Drängen zurückgeht,
dem wir aber sehr gern nachgegeben haben. Mit Viersteins und Sauerlichs war das
auch abgesprochen, und wie ich sehe, haben Karl und Klößchen eisern
dichtgehalten, damit die Überraschung auch wirklich eine Überraschung bleibt —
selbst unter diesen Umständen. Wir wollten dich nämlich mitnehmen nach
Chicvillage. Dein Zimmer ist ebenso gebucht wie unsere.“
    Tim staunte. Vor Freude wäre er
fast verlegen geworden. Mit einem Bussi auf die Wange bedankte er sich bei Gaby.
„Aber daraus“, meinte er dann, „wird ja nun nichts.“
    „Das ist der Punkt, über den
wir reden müssen“, sagte Glockner.
    „Aha.“
    „Nur weil ich Pech gehabt
habe“, sagte der Kommissar, „sollt ihr nicht darunter leiden. Das hieße
nämlich, das Pech zu verdoppeln.“

    „Wie meinst du das, Papi?“ Gaby
machte große Augen. „Ich wiederhole: Die Zimmer sind bestellt. Zu Tim haben
deine Eltern, Gaby, größtes Vertrauen. Warum also solltet ihr beide nicht
reisen? Von dem bereits bezahlten Geld kriegen wir ohnehin nichts zurück. Denn
eine Reiserücktritts-Versicherung“, jetzt flunkerte er offensichtlich, „habe
ich leider nicht abgeschlossen.“
    „Wahnsinn!“, murmelte Tim. „Das
wäre ja... Also, Gaby wäre bei mir in bester Obhut, Herr Glockner.“
    „Wissen wir doch. Ihr beide
wart ja schon mal allein unterwegs.“
    Tims Freundin quietschte vor
Freude. Dann: „Auf uns ist Verlass, Papi. Aber was ist mit Mami? Kommt sie
mit?“
    „Ich würde was darum geben.
Denn sie hat sich sooo auf die Reise gefreut. Aber Mami sagt, um nichts in der
Welt würde sie mich hier allein lassen.“
    „Völlig klar“, nickte Gaby.
„Wenn Mami dich täglich mindestens zweimal besucht, wirst du viel schneller
gesund.“

3. Einladung zur Hexenburg
     
    Ulrich Döllner war ein junger
Kommissar und hatte schon mehrfach mit TKKG zu tun gehabt. Sympathie bestand
auf beiden Seiten. Döllner aß mittags nie in der Kantine, sondern suchte eine
Pizzeria auf, unweit des Polizeipräsidiums. Heute schnorpste er gerade an
seinem Vorspeisen-Salat herum, als der TKKG-Häuptling hereinkam — scheinbar
ganz zufällig — und sich mit breitem Pfingstferien-Grinsen zu Döllner setzte.
Tim bestellte eine Pizza mit Meeresfrüchten, zu der sich auch Döllner
entschieden hatte, und das Gespräch drehte sich natürlich um Gabys Vater, um
die missglückte Razzia, um den Drogen-Dealer Ossinsky und die Komplizen.
    Döllner betrachtete TKKG längst
als unbezahlte Junior-Mitarbeiter des Glocknerschen Dezernats, der umfassenden
Abteilung, und verzichtete auf jede Geheimniskrämerei.
    „Ist schon irre, was dieser
Ossinsky auf dem Kerbholz hat. Ein Super-Dealer, Tim. Er ist der Kopf einer
Bande, die Rauschgift aus dem Nahen Osten bezieht. Aber nur minderwertiges
Heroin. Anfangs lief der Handel über Marseille und Chicvillage. Um sein schmutziges
Geschäft noch gewinnbringender zu machen, hat Ossinsky die Droge strecken
lassen. Mit Chemikalien, die man nicht rausschmeckt, von denen er aber wusste,
dass sie Blutgerinnsel verursachen. Etliche Süchtige starben daran.“
    „Sagten Sie — Chicvillage?“ Tim
fühlte sich elektrisiert bis in die Haarspitzen, blieb aber äußerlich cool.
    „Ein Badeort“, nickte Döllner.
„Liegt an der französischen Mittelmeerküste.“ Er spießte ein knoblauchgewürztes
Scampo auf. „In Chicvillage hatte Ossinsky eine Art Hauptquartier.“
    „Was Sie nicht sagen. Und wo
da?“
    „In einem Fischrestaurant. Bei
Haito.“
    „Französisch klingt das nicht.“
    „Es handelt sich um ein
japanisches Restaurant. Aber wie die Kollegen von der Europ-Fahndung
feststellen konnten, hat man Ossinsky dort schon lange nicht mehr gesehen.
Offenbar hat er sein Hauptquartier verlegt. Na ja, der Saukerl ist in ganz
Europa zu Hause. Und der Schuss stammt von ihm. Eindeutig.“
    „Welcher Schuss?“
    „Das Geschoss, das deinen
künftigen Schwiegervater getroffen hat“, Döllner grinste wie über einen
gelungenen Witz, „ist zwar verformt, aber nicht total. Es sind noch genug
glatte Flächen an dem Projektil, um es
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