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Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Titel: Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer
Autoren: Sue Grafton
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die Stromleitungen zu berühren, die sich an der Grundstücksgrenze entlangzogen. Der Garten lag verlassen vor mir. Beide Halbtüren der Doppelgarage waren geschlossen und mit massiven Vorhängeschlössern versehen.
    Ich stieg die Stufen zur hinteren Veranda hinauf und sah mich noch einmal um, um festzustellen, ob schon irgendwelche Nachbarn eifrig die Nummer des Überfallkommandos wählten. Von meiner Ungestörtheit überzeugt, äugte ich durchs Küchenfenster. In den Räumen, die in Sichtweite lagen, brannte kein Licht. Ich probierte den Türgriff. Abgesperrt. Ich starrte das Schlage-Schloss an und fragte mich, wie lange es dauern würde, bis es meinen Dietrichen nachgab. Als ich auf Kniehöhe hinabblickte, fiel mir auf, dass die untere Türhälfte eine großzügige, selbst gebaute Klappe für Haustiere besaß. Tja, was hatten wir denn da? Ich fasste nach unten, versetzte der Klappe einen Stoß und blickte auf ein Stück Küchenlinoleum. Ich dachte daran, wie Ted Rich von seiner Scheidung und dem Tod seines geliebten Köters gesprochen hatte. Die Öffnung der Hundetür kam mir allemal groß genug vor.

    Ich legte das Klemmbrett aufs Verandageländer und ließ mich auf alle viere herab. Mit meinen einsachtundsechzig und vierundfünfzig Kilo hatte ich nur geringfügige Schwierigkeiten beim Bemühen, einzudringen. Die Arme über dem Kopf, den Körper diagonal abgeknickt, begann ich mich durch die Öffnung zu schieben. Nachdem ich es geschafft hatte, Kopf und Schultern durch die Tür zu zwängen, hielt ich inne, um mich kurz davon zu vergewissern, dass niemand sonst anwesend war. Mein einseitiger Blick erfasste lediglich den Essplatz aus Chrom und Resopal, der voller schmutzigem Geschirr stand, und die große Plastikuhr an der Wand darüber. Ich rutschte vorwärts und drehte meinen Körper, damit ich den Rest des Raumes sehen konnte. Jetzt, wo ich halb durch die Hundetür hindurch war, dämmerte mir, dass ich Rich hätte fragen sollen, ob er sich einen neuen Hund angeschafft hatte. Zu meiner Linken, in Augenhöhe, konnte ich eine Zwei-Liter-Wasserschüssel und einen großen Plastiknapf sehen, der mit Hundetrockenfutter gefüllt war. Gleich daneben lag ein rohlederner Knochen mit Bissspuren, die ihm offenbar von einer Kreatur zugefügt worden waren, mit der nicht gut Kirschen essen war. Eine halbe Sekunde später erschien das Objekt meiner Spekulationen auf dem Schauplatz. Vermutlich hatte ihn der Lärm aufgeschreckt, und nun kam er um die Ecke geschlittert, um zu sehen, was los war. Ich bin von Natur aus nicht hundebegeistert und kann kaum eine Rasse von der anderen unterscheiden — abgesehen von Chihuahuas, Cockerspaniels und anderen eindeutigen Arten. Der Hund war groß, vielleicht fünfunddreißig Kilo schlankes Fleisch an einem grobknochigen Skelett. Was zum Teufel hatte er getrieben, als ich an der Tür geklingelt hatte? Er hätte doch wenigstens herzhaft bellen können, um mich zu vertreiben. Der Hund war mittelbraun, hatte ein breites Gesicht, einen dicken Kopf und kurzes, glattes Fell. Er besaß einen massigen Brustkorb, und sein Schwanz hatte das Format einer haarigen, fünfzehn Zentimeter langen Gloria Cubana. Ein Streifen struppiger Haare stand sein Rückgrat entlang in die Höhe, als wäre er permanent empört. Er blieb abrupt stehen und stand dann wie angewurzelt da, seine Miene eine gelungene Mischung aus Verwirrung und Ungläubigkeit. Ich konnte das Fragezeichen beinahe sehen, das sich über seinem Kopf bildete. Seiner Erfahrung nach versuchten bestimmt nur wenige Menschen, sich durch seinen Privateingang zu quetschen. Ich hörte auf, mich weiter voranzuschieben, um ihm Zeit zu lassen, die Situation zu verarbeiten. Anscheinend stellte ich keine unmittelbare Bedrohung dar, weil er weder einen Satz machte, noch bellte, noch mich grausam in Kopf und Schultern biss. Im Gegenteil, er schien zu spüren, dass nun eher höfliches Benehmen von ihm erwartet wurde, obwohl ich ihm ansah, dass es ihm schwerfiel, herauszufinden, was angebracht war. Er stieß einen jaulenden Laut aus, ließ sich auf den Bauch fallen und kroch über den Fußboden auf mich zu. Ich blieb, wo ich war. Eine Zeit lang lagen wir uns mit den Gesichtern direkt gegenüber, während ich seinen fleischigen Atem ertrug und er über das Leben sinnierte. Irgendwie enden Hunde und ich immer in solchen Verhältnissen.
    »Hi, wie geht’s?«, fragte ich schließlich in einem Ton, von dem ich hoffte, dass er freundlich klang (aus Sicht des Hundes).
    Er
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