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Kindheit bei Scientology: Verboten (German Edition)

Kindheit bei Scientology: Verboten (German Edition)

Titel: Kindheit bei Scientology: Verboten (German Edition)
Autoren: Ursula Caberta
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schließlich dort ankommt, wo sie hin möchte: in die örtliche Scientology-Zentrale.
     
    Ein strafender Blick der im Vorraum anwesenden Personen erzeugt bei ihr sofort ein schlechtes Gewissen. Ist sie zu spät? Nein, ein Blick auf die Uhr zeigt, sie ist absolut in der Zeit. Bevor sie weiter überlegen kann, bekommt sie die Weisung, zum »Fallüberwacher« zu gehen. Sie zuckt innerlich zusammen, eigentlich war sie heute gleich zum »Bodyrouten« eingeteilt, nun das …
     
    In einem kleinen Raum wartet die Person der Organisation, die für sie, für ihren »Fall«, zuständig ist. Der Mann hat ihre Akte auf dem Schreibtisch und blättert darin. Er ist besagter »Fallüberwacher« und lächelt sie wie immer an, dann erhält sie ein weiteres Kommando. Er eröffnet ihr, dass sie bis zum kommenden Donnerstag noch ihren »PTS/SP-Kurs« abzuschließen hat. Sie nickt betreten und wird in ihren Job entlassen.
     
    Die Frau erhält die zu verteilenden Flyer und geht auf die Straße, um Menschen anzusprechen und für Scientology zu werben.
    Sie wird nervös, denn ihre persönliche »Erfolgs-Statistik«, nach der auch ihr Einkommen berechnet wird, ist nicht gerade glänzend. Sie hat in dieser Woche erst zwei Personen überreden können, in das Gebäude von Scientology zu gehen, und nur eine Person hat ein Buch gekauft, keinen Kurs, keine weitere Hoffnung auf mehr Einkommen. Ihr schießt durch den Kopf, dass der »Registrar« es wohl nicht geschaf hat, mehr klarzumachen. Nicht einmal den »Persönlichkeitstest« hat diese Person hingekriegt. Ärger steigt in ihr hoch.
     
    Sie ist den ganzen Tag mit sich beschäftigt, ganz besonders mit der immer wiederkehrenden Angst, ihre Statistik nicht erhöhen zu können. Der PTS/SP-Kurs, in dem sie erkennen soll, welche »Hindernisse« es bei ihr oder in ihrem Umfeld gibt, die sie selbst am Fortkommen im System hindern und damit eine weitere Verbreitung der Scientology-Einheit in ihrer Stadt hemmen, bereitet ihr zusätzlichen Stress. Denn sie hat – trainiert durch Scientologen – bereits erkannt, wer sie behindert, wer quasi der »Übeltäter« ist: Es soll ihre eigene Mutter sein. Hatte sie sich nicht sicher gefühlt, ihre Mutter »im Griff«, also scientologisch gehandhabt zu haben – nun diese Erkenntnis … Ihr ist schlagartig klar, dass etwas passieren muss, um endlich die erhofen Fortschritte zu machen.
     
    Spät am Abend, für ein acht Monate altes Baby viel zu spät, holt sie ihren kleinen Sohn Edwin ab, es ist nach 23 Uhr. Sie bemerkt nicht einmal seine nassen Windeln. Aber er weint, nicht laut, es ist eher ein Wimmern.
     
    Zu Hause angekommen, legt sie ihr Baby trocken, bereitet die Flasche mit dem Gerstensaft vor. Das Rezept nach Hubbard liegt immer bereit, damit die Zutaten stimmen. Gedanken darüber, ob dieses eine babygerechte Nahrung ist, macht sie sich nicht. Warum auch, sie hält sich an die Empfehlungen, und die können gar nicht falsch sein.
     
    Der Kleine kommt ins Bett. Sie selbst ist auch todmüde. Ihr Mann kommt nach Hause, spät wie immer, als sie schon fast eingeschlafen ist. Auch er ist natürlich ein aktiver Scientologe, alles andere wäre ein Problem. Kein Gespräch, keine Geste der Zuneigung – beide sind müde und wahrscheinlich mit ihren Gedanken beschäftigt, was sie heute für ihre Gruppe auf der so genannten »Dritten Dynamik« Positives erreicht haben. Da spielt es keine Rolle, dass nach kurzer Zeit der kleine Sohn wieder anfängt zu weinen.
     
    Doch er hört nicht auf. Aus dem Wimmern wird lautes Schreien. Die junge Mutter wacht aus ihrem ersten tiefen Schlaf auf, hört das Kind, bleibt liegen und wartet. In ihrem Kopf gehen die Überlegungen hin und her. Warum schreit Edwin? Er will sie bestrafen. Natürlich. Mit einem Mal ist ihr klar, was diese und die vorherigen Nächte passiert ist. Sie hat auf ihrer »Zeitspur« noch ungeklärte Situationen mit dem kleinen Edwin … Ist er ebenso ein »Hindernis« wie ihre Mutter? Sie fühlt sich bei dieser Erkenntnis erleichtert und wird dieses morgen in der »Org« (interne Bezeichnung für die so genannten Kirchen in der Scientology) versuchen zu klären. Beruhigt schläft sie wieder ein und das Baby irgendwann auch – vom Schreien völlig erschöpft.
     
    Die Situation wiederholt sich Nacht für Nacht, doch die junge Mutter hat noch immer keine Erklärung dafür, warum der kleine Edwin sie derart bestraft.
    Doch dann, eines Morgens, fragt ihr Mann, der immerhin der Vater des kleinen Edwin ist, in
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