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Kinder

Kinder

Titel: Kinder
Autoren: Jürgen Seibold
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Mutter.
    »Der ist so komisch angezogen. Dieser lange Mantel, und darunter
hatte er heute eine grobe Kordhose an, ein kariertes Hemd und breite
Hosenträger. Das geht ja wohl gar nicht, oder?«
    »Ach, wenn euer Lehrer nur den einen Fehler hat, deinen modischen
Vorstellungen nicht zu entsprechen – ich glaube, damit kann ich leben.«
    Alle lachten, nur Sarah zog einen Schmollmund.
    »Komm schon«, besänftigte sie Rainer Pietsch. »Ich seh für dich doch
auch aus wie frisch aus der Kleidertonne gezogen, oder?«
    Sarah grinste.
    Am nächsten Tag kam Rainer Pietsch spät von der Arbeit
nach Hause. Seine Frau hantierte geräuschvoll in der Küche, der würzige Duft
machte ihm Appetit auf das Abendessen. Sarah und Michael saßen am Esstisch und
waren offenbar noch mit den Hausaufgaben beschäftigt. Lukas lümmelte nebenan
vor dem Fernseher.
    »Na, so fleißig heute?«
    »Hör bloß auf«, stöhnte Sarah. »Der Moeller spinnt. Der packt uns
ein Pensum drauf, das sich gewaschen hat. Und dann immer noch ein paar Extras –
›damit man sich schneller kennenlernt‹, wie er meint. Ätzend.«
    »Klingt ganz danach, als würde dieses Schuljahr nicht anders
ablaufen als das vorige. Ätzend hast du auch damals schon alles gefunden.«
    Fröhlich wandte sich Pietsch ab, ging in die Küche, lugte in einen
der Töpfe und gab seiner Frau dann einen Begrüßungskuss.
    »Na«, sagte sie und stupste ihn auf die Nase, »an der Reihenfolge
müssen wir aber noch arbeiten.«
    »Welche Reihenfolge?«
    »Erst in den Topf schauen und mich dann erst küssen? So geht das
nicht, mein Lieber!«
    »Man muss eben Prioritäten setzen«, lachte er und wich dem
Rührlöffel aus, den sie in seine Richtung schwang.
    »Raus hier«, rief sie und versuchte trotz ihres Grinsens empört zu
klingen. »Sonst kannst du dir heute Abend ein Brot schmieren.«
    »Das kann ich nicht riskieren. Übrigens: sorry – ich wäre heute mit
Kochen dran gewesen, stimmt’s?«
    »Stimmt.«
    »Wir hatten noch ein Meeting. Unsere Chefs werden gerade etwas
nervös, die Auftragslage könnte besser sein. Und wahrscheinlich wollen sie uns
mit Konferenzen, die über den normalen Feierabend rausgehen, den Ernst der Lage
deutlich machen, was weiß ich.«
    »Dann kochst du eben morgen – heute hat es mir eh besser gepasst.
Wir waren mit dem Catering schon recht früh fertig. Und Fischplatten waren auch
nicht bestellt.«
    Pietsch schnupperte an ihrer Schulter.
    »Stimmt: Heute riechst du lecker.«
    »Was heißt hier: heute? Mach lieber, dass du rauskommst, sonst …«
    Sie drohte ihm noch einmal lachend mit dem Rührlöffel, und Rainer
Pietsch trat grinsend den Rückzug an. In der Tür zum Flur stieß er fast mit
Michael zusammen, der dort stand und ein Blatt Papier und einen Stift in der
Hand hielt.
    »Was ist denn?«
    »Ich muss dich was fragen. Ist für die Hausaufgaben.«
    »Klar, kein Problem. Ich wollte eh gerade zu euch rüber.«
    Sie setzten sich an den Esstisch, wo auch Sarah auf ihren Vater zu
warten schien.
    »Das wird aber jetzt keine Familienkonferenz, oder? Tut mir echt
leid, dass ich heute so spät heimgekommen bin – ich hab’s Mama auch schon
gesagt.«
    »Nein«, schüttelte Sarah den Kopf. »Wir wollen nur etwas von dir
wissen, wegen dieses Fragebogens hier.« Sie hielt ein Blatt hoch, wie es auch
Michael vor sich liegen hatte.
    »Ein Fragebogen? Na, meinetwegen. Schießt mal los.«
    »Das meiste wissen wir ja selbst: dein Job, Mamas Cateringservice,
unser Haus, wann ihr geheiratet habt und so.«
    »Wer will das denn alles wissen?«
    »Der Moeller. Der will uns doch kennenlernen, das habe ich dir doch
gerade vorhin gesagt.«
    »Aha, und dazu braucht er den Fragebogen.«
    »Genau.«
    »Und Michael hat denselben? Hast du auch den Moeller als Lehrer?«
    »Nein, seine Frau. Aber die ist genauso drauf.«
    Rainer Pietsch schüttelte den Kopf. »Also, dann fragt mich mal.«
    »Du hast Abitur gemacht, richtig?«
    »Ja.«
    »Und danach?«
    »Äh … das müsst ihr echt da reinschreiben? Wozu soll das gut
sein?«
    »Jetzt sag halt!«
    »Bundeswehr, Ausbildung, Job. Jahreszahlen wirst du hoffentlich
nicht auch noch brauchen.«
    »Nein. Okay … dann zu Mama: auch Abitur, und dann?«
    »Hat BWL studiert, ihr Diplom gemacht
und war dann im Controlling unserer Firma angestellt. Und vor deiner Geburt ist
sie dann in Mutterschutz gegangen.«
    »Und seit ein paar Jahren hat sie den Cateringservice.«
    Rainer Pietsch nickte.
    »Warum ist sie eigentlich nicht mehr in die alte Firma
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