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Kinder des Holocaust

Kinder des Holocaust

Titel: Kinder des Holocaust
Autoren: Philip K. Dick
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und Meßgeräten, Skalen und Werkzeugen sowie in verschiedenen Stadien der Demontage befindlichen Fernsehapparaten. Keiner der beiden Fernsehtechniker bemerkte ihn.
    »Hör mal«, sagte dann jedoch einer der Fernsehtechniker urplötzlich, so daß er zusammenzuckte. »Körperliche Arbeit wird sowieso bloß von oben herab betrachtet. Warum verlegst du dich nicht auf irgendeine geistige Tätigkeit, warum gehst du nicht auf die Schule, bis du 'nen Abschluß machen kannst?« Der Fernsehtechniker drehte sich um und sah ihn neugierig an.
    Nein, dachte Hoppy. Ich möchte mit ... meinen Händen arbeiten.
    »Du könntest Wissenschaftler werden«, sagte der andere Techniker, ohne mit dem Arbeiten aufzuhören; er überprüfte einen Schaltkreis und behielt den Spannungsprüfer im Augenmerk.
    »Wie Bluthgeld«, sagte Hoppy. Darüber lachte der Techniker voller mitfühlsamem Verständnis. »Mr. Fergesson hat gesagt«, fügte Hoppy hinzu, »Sie würden mir was zum Arbeiten geben. Irgendeine leichte Reparatur für den Anfang. Ja?« Er wartete, fürchtete schon, sie würden darauf nicht eingehen, doch da deutete der eine der beiden auf einen Plattenwechsler. »Was ist damit?« fragte er nach und las den Reparaturzettel. »Ich kann ihn in Ordnung bringen, das weiß ich genau.«
    »Gebrochene Feder«, sagte einer der Techniker. »Er schaltet nach der letzten Platte nicht mehr ab.«
    »Alles klar«, gab Hoppy zurück. Er packte den Plattenwechsler mit seinen Greifern und fuhr ans andere Ende der Werkbank, wo er eine freie Stelle bemerkt hatte. »Ich werde hier arbeiten.« Die Techniker erhoben dagegen keinen Wider spruch, also nahm er sich einige Zangen. Das ist einfach, dachte er. Ich habe es daheim geübt. Er konzentrierte sich auf den Plattenspieler, hielt jedoch im Augenwinkel auch die zwei Techniker unter Beobachtung. Ich habe es oft genug geübt, es klappt fast immer und jedesmal besser. Zuverlässiger. Eine Feder ist ein kleines Ding, dachte er, so klein, daß es nahezu fortgeweht werden kann. Ich sehe die Bruchstelle, dachte er. Metallmoleküle, die sich nicht mehr berühren, anders als vorher. Er konzentrierte sich auf genau diese Stelle, hielt die Zangen so, daß der nähere der beiden Techniker nicht sehen konnte, was er damit machte; er tat so, als ziehe er an der Feder, um sie zu entfernen.
    Als er die Reparatur beendete, merkte er, daß jemand hinter ihm stand, sich ihm genähert hatte, um zuzuschauen; er drehte sich um, und es war Jim Fergesson, sein Chef, der nichts sagte, sondern nur dastand, einen sonderbaren Ausdruck im Gesicht, die Hände in die Taschen geschoben.
    »Erledigt«, sagte Hobby bang.
    »Laß mal sehen«, sagte Fergesson. Er nahm den Plattenspieler und hob ihn ins helle Licht der Leuchtröhren an der Decke.
    Ob er was gemerkt hat? fragte sich Hoppy. Ob er verstanden hat, was da geschieht – und falls ja, was denkt er darüber? Mißt er ihm irgendeine Bedeutung bei, oder ist es ihm gleichgültig? Ist er ... erschrocken?
    Schweigen herrschte, während Fergesson den Plattenwechsler begutachtete. »Woher hast du die neue Feder?« fragte er unvermittelt nach.
    »Sie hat hier rumgelegen«, antwortete Hoppy sofort. Alles war gutgegangen. Falls Fergesson seine Art der Reparatur beobachtet hatte, dann ohne sie zu durchschauen. Der Phokomelus beruhigte sich und empfand Vergnügen, eine heimliche Freude an der eigenen Überlegenheit verdrängte seine Sorge; er grinste in Erwartung des nächsten Reparaturauftrags hinüber zu den beiden Technikern.
    »Macht es dich nervös, wenn Leute dich beobachten?« wollte Fergesson erfahren.
    »Nein«, sagte Hoppy. »Die Leute können mich anstarren, solange sie wollen. Ich weiß, daß ich anders bin. Ich werde seit meiner Geburt angestarrt.«
    »Ich meine, bei der Arbeit.«
    »Nein«, sagte Hoppy, und sogar in den eigenen Ohren klang seine Stimme laut, vielleicht zu laut. »Bevor ich einen Wagen hatte«, ergänzte er, »bevor ich überhaupt irgend was von der Regierung bekommen hatte, da trug mein Vater mich auf dem Rücken mit sich rum, in einer Art von Rucksack. Wie ein Indianerkind.« Er lachte beklommen auf.
    »Aha, verstehe«, meinte Fergesson.
    »Das war in der Gegend um Sonoma, wo ich aufgewachsen bin«, sagte Hoppy. »Wir hatten Schafe. Einmal hat ein Widder mich mit den Hörnern gestoßen, und ich bin in hohem Bogen durch die Luft geflogen. Wie ein Fußball.« Wieder lachte er; die zwei Fernsehtechniker hatten zu arbeiten aufgehört und betrachteten ihn stumm.
    »Ich
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