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Kinder der Dunkelheit

Kinder der Dunkelheit

Titel: Kinder der Dunkelheit
Autoren: Gabriele Ketterl
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liebevoll auf den Arm ihres Mannes und lächelte ihn traurig, aber zu allem entschlossen an. Ridha, Mohammeds jüngerer Bruder, warf seinem Vater einen fragenden Blick zu.
    Yussuf nickte nur ernst. „Ja Ridha, es ist so wie du denkst. Wir werden dieses Land verlassen. Hab keine Angst, unser Vermögen ist groß genug, um in Marokko ein neues gutes Leben zu beginnen.“
    Ridha schüttelte den Kopf. „Es ist nicht wegen des Geldes oder dieses Hauses. Ich bedauere nur, dass ich all meine Freunde z urücklassen muss. Ich werde sie vermissen.“
    Yussuf betrachtete liebevoll die besorgte Miene seines jüngeren Sohnes. „Du bist jung. Fünfzehn Jahre sind kein Alter, du wirst nicht nur eine neue Heimat bekommen, sondern ganz sicher auch neue Freunde finden.“
    Ridha nickte nachdenklich, dann huschte ein Lächeln über sein Gesicht, als er sich an seinen Bruder wandte. „Und du, alter Mann, wirst du deine ganzen Bewunderinnen vermissen? Ab einem gewissen Alter ist es ja nicht mehr so leicht, die Damen zu betören?“ Er duckte sich, in Erwartung des Klapses, und er tat gut daran. Mohammed erwischte gerade noch Ridhas Scheitel, so geschickt war dieser unter seiner Hand weggetaucht. Ridha grinste. „Nun, du bist im reifen Alter von achtundzwanzig, viel Zeit bleibt dir nicht mehr.“
    „Ein wenig mehr Respekt vor deinem großen Bruder, wenn ich dich bitten darf!“ Mohammed zerzauste zärtlich die Lockenmähne seines Bruders. „Es ist noch nicht sicher, dass auch ich das Land verlasse. Noch habe ich mich nicht entschieden.“
    Schweigen folgte auf diese Ankündigung, Schweigen und ein erstickter Laut seiner Mutter. Fathwa schlug erschrocken die Hand vor den Mund. „Das kann nicht dein Ernst sein, Moha mmed! Erkennst du denn nicht, wie ernst die Lage ist? Siehst du denn die Zeichen nicht? Sie drohen uns mittlerweile ganz offen! Sie wollen unser Land, sie wollen unseren Besitz und sie wollen unser Leben. Ich flehe dich an, mein Sohn, sei vernünftig! Bitte, ich möchte dich nicht verlieren.“
    „Du wirst mich nicht verlieren, Mutter. Du wirst sehen, dass alles gut wird. Ich werde meinen Plan zu Ende führen und dann folge ich euch. Hab keine Angst. Ich kann auf mich aufpassen.“ Sein Blick in die Runde brachte nicht ganz das, was zu sehen Mohammed gehofft hatte. Offenbar war es ihm nicht gelungen, die eigene Zuversicht auch seiner Familie zu vermitteln. Sein Vater hatte den Blick abgewandt und aß schweigend weiter, ohne auch nur noch einmal aufzusehen. In den Augen der Mutter gli tzerte es verdächtig und Asma sah ihn an, als hätte er soeben verkündet, er würde in den Krieg ziehen.
    Asma war es auch, die als Einzige antwortete. „Nein Moha mmed, du kannst nicht bleiben! Du bist mein großer Bruder, du hast versprochen, immer bei mir zu sein und mich zu beschützen, also musst du mit, ob du willst oder nicht!“
    Angesichts dieser klaren Ansprache seines Schwesterchens wurde Mohammed dann doch etwas seltsam zumute. Er erinnerte sich gut an den Augenblick, als er – kaum dass Asma richtig laufen konnte – ihr versichert hatte, immer auf sie zu achten. Das war sein Versprechen gewesen, nachdem er sie von einem Baum gepflückt hatte, auf den sie wohl hinauf-, nicht aber wieder heruntergekommen war und bitterlich weinend in den Ästen gehangen hatte.
    „Ach, Augensternchen, für die kurze Zeit, die wir getrennt sind, passt Ridha auf dich auf. Er wird das ganz wunderbar machen, sicherlich.“
    Verärgert und enttäuscht warf Asma ihre schwarze Lockenpracht zurück. „Wenn uns etwas passiert, dann bist du schuld!“
    „Es wird nichts passieren. Bitte, Kleines, vertrau mir doch.“
    „Pah!“ Asma war nachhaltig verärgert.
    Langsam drohte ihn die Atmosphäre bei Tisch zu erdrücken. So schwer hatte er es sich nicht vorgestellt, seine Pläne in die Tat umzusetzen! Der Rest des Abendessens verlief in Stillschweigen und Mohammed war froh, als alle ihr Mahl beendet hatten und er aufstehen konnte. „Seid mir nicht böse, doch ich habe eine Einl adung von Donna Sonja. Ich möchte mich dort zumindest für eine Weile sehen lassen, um nicht unhöflich zu erscheinen.“
    Es war Yussuf anzumerken, dass er gern widersprochen und seinen Sohn genötigt hätte, zu bleiben, doch er wusste offenbar, dass dieser Versuch nicht von Erfolg gekrönt sein würde. Daher bat er Mohammed nur um eines. „Ich möchte nicht, dass du auch nur im Entferntesten etwas über unsere Pläne verrätst. Wir möchten unbehelligt und so schnell wie
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