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Kind der Nacht

Kind der Nacht

Titel: Kind der Nacht
Autoren: Nancy Kilpatrick
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Englisch verstand. Er änderte auch nicht die Richtung. Eigentlich gab er noch Gas.
    Carol wandte sich um. Durchs Rückfenster sah sie die hellen Lichter der Innenstadt jenseits des Flusses immer kleiner werden. Sie beschloss, beim nächsten Stoppschild aus dem Wagen zu springen.
    Das Taxi raste am rechten Flussufer entlang. Die Straße war dunkel, weil die Laternen hier nicht mehr so dicht standen. Es hatte geregnet, und die Straße und der Bürgersteig waren feucht und rutschig. Der Geruch nach Ozon erfüllte die Luft. Niemand war unterwegs. Carol sah keine Fahrzeuge mehr, und schon gar keine Fußgänger.
    »Halten Sie sofort an! Lassen Sie mich hier raus!«, brüllte sie den Fahrer an, doch der ignorierte sie einfach.
    Sie öffnete die Tür. Sie fuhren so schnell, dass sie sich nur verletzen würde, wenn sie jetzt sprang. So viel war ihr klar. Der Wagen wurde langsamer. Sie blickte auf. Vor ihnen parkte eine lange silberfarbene Limousine am Wasser. Daneben stand ein hoch gewachsener Mann.
    Sie konnte ihn zwar nicht deutlich erkennen, dennoch war ihr instinktiv klar, dass es sich um den Mörder handelte.
    Carol sprang aus dem Taxi, stürzte mit einem dumpfen Aufprall auf die Straße und stöhnte vor Schmerz, als sie sich die Knie aufschürfte und die linke Hüfte aufschlug. Doch darüber machte sie sich im Moment keine Gedanken.
    Augenblicklich war sie wieder auf den Beinen. Der Fahrer war bereits ausgestiegen und kam auf sie zugerannt. Der Mörder ebenfalls. Sie streifte ihre hochhackigen Schuhe ab und rannte den Weg zurück, den sie gekommen waren.
    Auf den feuchten Pflastersteinen kam sie ins Rutschen, darum wich sie auf den etwas raueren, griffigeren Bürgersteig aus. »Hilfe!«, schrie sie, so laut sie konnte. »Zu Hilfe!«
    Hinter sich hörte sie nur noch einen Verfolger. Sie konnte entweder am Ufer entlanglaufen oder versuchen, zu den schmalen Gebäuden hinter den Verladeplätzen zu gelangen, die wie Lagerhäuser aussahen. Sie musste sich schnell entscheiden. Der Weg am Ufer entlang war zu weit, allein von ihrer Kondition her würde sie es nicht in eine belebte Wohngegend schaffen. Besser, sie versuchte sich zwischen den Gebäuden zu verstecken. Vielleicht fand sich dort auch jemanden, der ihr helfen konnte.
    In der Hoffnung, ihren Verfolger abzuschütteln, rannte sie in ein  kleines Sträßchen, bog in ein weiteres ein, umrundete eine Ecke und  hielt schließlich inne, um wieder zu Atem zu kommen und zu lauschen.  Entweder war er auch stehen geblieben, oder er hatte sie verloren.  Sie wollte jedoch kein Risiko eingehen.
    Lautlos schob sie sich an einer Hauswand entlang. In der Nähe fauchte eine Katze, und sie hielt den Atem an.
    Nicht weit vor ihr befand sich ein schmaler Durchgang. Vielleicht  hatte sie Glück und konnte sich dort verbergen.
    Immer wieder vorsichtig um sich blickend, schob sie sich weiter. Kurz bevor sie um die Ecke bog, schaute sie sich noch einmal prüfend um und atmete langsam und lautlos aus. Ihr Atem bildete kleine Wölkchen. Sie spähte um die Ecke. In dem Durchgang befand sich der Mörder, und er kam genau auf sie zu.
    Carol wich zurück. Sie rannte den Weg zurück, den sie gekommen war, doch am letzten Block vor dem Ufergelände wandte sie sich nach links statt nach rechts, um nicht wieder beim Wagen zu landen.
    Mittlerweile sahen alle Straßen gleich aus, ein graues, kaum beleuchtetes regenfeuchtes Labyrinth, das sich zwischen jahrhundertealten Bauten dahinzog. Sie war völlig außer Atem. Laut keuchend stolperte sie bei dem Versuch, überallhin gleichzeitig zu laufen, über ein vermoderndes Kantholz. Dabei riss sie sich an einem Nagel den Fuß auf und wäre beinahe noch über eine Mülltonne gestürzt.
    Sie konnte ihn zwar nicht hören, sah jedoch einen Schatten mit dem Dunkel verschmelzen, einen Schemen nur, aber er war da, verstohlen wie eine Raubkatze, die ihrer Beute nachstellt. Wahrscheinlich konnte er sie sogar wittern.
    Er spielt mit mir, dachte sie, und der Gedanke jagte ihr Angst ein.
    Carol versuchte nachzudenken. Ihr war klar, dass ihre einzige Hoffnung darin bestand, wieder aus diesem Irrgarten herauszufinden und in einen belebteren Stadtteil zu gelangen.
    Sie bog in eine Straße ein, die in einen großen Innenhof mündete.
    An dessen Seite bemerkte sie eine weitere Straße und lief hinein. Doch an der nächsten Abzweigung packte sie das nackte Entsetzen - es handelte sich nämlich gar nicht um eine Straße, sondern
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