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Killerspiele: Palinskis fünfter Fall (German Edition)

Killerspiele: Palinskis fünfter Fall (German Edition)

Titel: Killerspiele: Palinskis fünfter Fall (German Edition)
Autoren: Pierre Emme
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war, war es nicht schwer gewesen, plötzlich auch die anderen in der Menge zu erkennen. Nicht, dass sie alle mit deutlich sichtbaren, besonderen Merkmalen verziert herumgelaufen wären. Das nicht, aber für einen Experten wie Wiegele waren die bösen Fratzen hinter den scheinbar harmlosen Fassaden dieser Männer unübersehbar. Sie hatten alle eines gemeinsam. Sie gehörten nach Stammheim, nach Pöschwies, nach Stein an der Donau, meinetwegen auch nach Sing Sing oder auf die Teufelsinsel, aber sicher nicht hierher in das friedliche Singen.
    Alleine heute war ihm im Stadtbild ein gutes halbes Dutzend dieser ›Gentlemen‹ aufgefallen, deren Familien mit Sicherheit sehr groß waren und die ihren Sitz in Korsika, Neapel oder Palermo hatten. Fast sah es so aus, als ob die ehrenwerte Gesellschaft hier im Hegau einen Kongress abhalten würde, dachte Wiegele in einem seiner seltenen Anflüge von Ironie. Aber wo sollten sie ihr Nest hier in der Gegend haben, verdammt noch mal?
    Er beschloss, seine wachsenden Bedenken offiziell zu machen und das LKA in Stuttgart zu kontaktieren. Vielleicht wussten die ja etwas, was man in bewährter Manier nur wieder einmal vergessen hatte, an die niedrigeren Ränge weiterzugeben. Unabhängig davon würde er aber auch seine eigenen Recherchen über die engeren Grenzen der Stadt hinaus ausweiten.
    Mal sehen, was es da zu sehen gab.
     
    * * *
     
    Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg war in einem großen Gebäudekomplex in der Stuttgarter Taubenheimstraße beheimatet. Das Amt war in sieben Abteilungen und zwei Referaten organisiert.
    Hauptkommissar Wiegeles Anfrage wegen des ›Narbengesichts‹ war zunächst einmal an seine zuständige Polizeidirektion in Konstanz und damit den offiziellen, aber langsamen Weg gegangen. Auf dieser Schiene würde er kaum vor einer Woche Antwort erhalten. Das hatte nicht nur mit Bürokratie zu tun und damit, dass Dinge nun einmal ihre Zeit brauchten. Nein, das lag vor allem auch in seiner Person begründet.
    Als Anselm Wiegele vor knapp vier Jahren seine Ernennung erhalten hatte, war er der jüngste Hauptkommissar des Landes gewesen. Ja, sogar der ganzen Bundesrepublik, wie einige behauptet hatten. Einer kometenhaften Karriere, die ihn überall hinführen konnte, wie ihm der offenbar mit seherischen Fähigkeiten ausgestattete Polizeipräsident vorhergesagt hatte, stand angeblich nichts im Wege.
    Außer vielleicht der Umstand, dass er sich einige Wochen später in eine Frau verliebte, die ausgerechnet mit dem Neffen seines obersten Chefs, des Polizeipräsidenten, verheiratet war. Jenem hatte das verständlicherweise gar nicht gefallen und er hatte bei seinem Onkel durchgesetzt, dass der lästige Nebenbuhler von heute auf morgen aus Stuttgart verschwand.
    So kam es, dass die Kriminalpolizei in Singen quasi über Nacht hochkarätige Verstärkung erhielt: Hauptkommissar Anselm Wiegele.
    Dem hatte das zunächst ebenso wenig gepasst wie den Kollegen auf der neuen Dienststelle, was er auch lautstark und in einer der Dienstvorschrift krass widersprechenden Form kundtat.
    Die Beibehaltung seines Ranges und gewisser damit verbundener Privilegien verdankte Wiegele dem Umstand, dass keiner der Beteiligten ein Interesse daran hatte, die näheren Umstände dieses Karrieresprungs ausführlich behandelt in den Medien wiederzufinden.
    Die Folge dieses Kompromisses war dann, dass im Polizeirevier Singen ein waschechter Hauptkommissar seinen Dienst versah, kleine Ladendiebstähle aufklärte, Wirtshausraufereien mit leichten Körperverletzungen protokollierte und einmal sogar einen dilettantisch geplanten Überfall auf die Kreissparkasse verhinderte. Im Übrigen aber auf ein Verbrechen wartete, das seinen kriminalistischen Fähigkeiten entsprach.
    Nach fast drei Jahren, in denen seine Lebensqualität zwar enorm gestiegen, die beruflichen Herausforderungen aber nach wie vor bei Null lagen, konnte der Hauptkommissar seine Qualitäten dann endlich beim Mordfall ›Rosie Apfaltinger‹ und der gleichzeitigen Klärung einer schon länger zurückliegenden Vergewaltigung unter Beweis stellen.
    Wobei er das Glück des Tüchtigen auf seiner Seite hatte, als er eine ursprünglich fatale Fehleinschätzung hinsichtlich des Täters gerade noch rechtzeitig vor Anklageerhebung hatte korrigieren können.
    Dass diese ganz besonderen Umstände und die speziellen Freiheiten Wiegeles einigen Verantwortlichen in der zuständigen Polizeidirektion in Konstanz gar nicht gefielen, lag auf der
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