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Killerspiel

Killerspiel

Titel: Killerspiel
Autoren: Michael Marshall
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ausformuliert und versendet und schließlich meinen Status bei LinkedIn, Facebook und HollaBack aktualisiert hatte. Sicher, Morgenstund hat Gold im Mund, aber Bill Moore macht es nichts aus, als Zweiter zum Zug zu kommen, wenn er dafür einen größeren, dickeren Fisch an der Angel hat.
    Also, Ms. White, nehmen Sie sich getrost den besseren Parkplatz; wir werden ja sehen, wer am Ende die Nase vorn hat.
    Ich wappnete mich, bevor ich aus meinem behaglichen, klimatisierten Lexus stieg, doch die schwüle Hitze fiel trotzdem über mich her wie ein nicht mehr ganz taufrischer Banker über eine Bardame. Nach sechs Jahren Florida hatte ich mich immer noch nicht daran gewöhnt, wie man von Hitze und Luftfeuchtigkeit überwältigt wird, noch bevor man sich überhaupt aus dem Bett gewälzt hat. Während ich den Wagen abschloss, warf ich einen Blick in den Himmel über dem zweistöckigen Gebäudekomplex und nahm mit Genugtuung zur Kenntnis, dass sich weiter landeinwärts Wolken zusammenballten. Früher oder später – oh bitte, lieber Gott, vielleicht schon heute Nachmittag – würde es ein Gewitter geben und danach für ein, zwei Tage ein bisschen erträglicher werden.
    Ich lief zügig zu Shore Realtys bescheidener Hütte hinüber und stellte fest, dass es die erst kürzlich ins Angebot aufgenommene Drei-Zimmer-Eigentumswohnung endlich auch ins Schaufenster geschafft hatte. Das Bild hing schief. Kaum hatte ich das kühle, klimatisierte Gebäude betreten, brachte ich das ins Lot, bevor ich mich zu unserer Bürotür umwandte.
    »Morgen«, sagte ich ein wenig lauter als nötig und in beiläufigem Ton, um klarzumachen, dass ich nicht etwa erst jetzt zu arbeiten anfing, sondern bereits voll im Gange und mit den Gedanken woanders war.
    Meine Stimme hallte von der Rückwand wider und kehrte ohne nennenswerte Neuigkeiten zu mir zurück. Die Bude von Shore Realty in The Breakers ist weder groß noch besonders ansprechend. Es handelt sich dabei um den winzigsten Außenposten einer Kette mit imposantem Hauptsitz in der Ocean View Mall auf halber Höhe der Florida Keys und Filialen in Sarasota, Bradenton und Tampa. Das Hauptgeschäft unseres Büros stellen die Wiederverkäufe von Immobilien im The Breakers selbst dar – auch wenn ich genau das hatte ändern wollen.
    Der Arbeitsbereich umfasst ein Rechteck von vielleicht acht mal sechs Metern – ich habe nie wirklich nachgemessen – mit Platz für drei Schreibtische: meiner, Karrens – an dem sie saß und in die Tasten hämmerte – und einer für Janine, die Assistentin, die ihre Tage mit Hilfsarbeiten verbringt, wie Termine zu bestätigen, Grundfunktionen des Computers misszuverstehen und Immobilien ins Schaufenster zu hängen – immer ein wenig schief. Janine war nirgends zu sehen, so wie immer um diese Zeit – und gerne auch mal zu anderen Zeiten.
    »Gleichfalls, Billy-Boy.«
    Karren glänzte in ihrer Standardaufmachung – schicke weiße Bluse zum enganliegenden, blauen Rock bis ans Knie, um ihre tennisgestählten Waden zur Geltung zu bringen. Sie war einmal ein Ass auf dem Platz gewesen, das musste man ihr lassen, und hatte sogar mit dem Gedanken gespielt, als Profi einzusteigen. Nach allem, was ich gesehen hatte – wir durften die Freizeitanlagen des Wohnkomplexes kostenlos nutzen –, war sie mit neunundzwanzig immer noch gut in Form. Was soll’s. Ich spiele nur so viel Tennis, um mich mit Anstand zu schlagen, wenn es das Geschäft erfordert, oder, wenn sie gerade Lust hat, auch ein Match mit meiner Frau. Im Sport zu gewinnen, ist nicht dasselbe, wie im Geschäft den Sieg davonzutragen, genau wie
Über die Kriegskunst
kein Firmenratgeber ist. Und ich will jetzt nichts von dieser abgedroschenen Achtziger-Masche hören, sonst drehe ich durch.
    »Und Janine ist …?«
    »Beim Arzt. Kind hat die Pest …«
    »Schon wieder?«
    Karren zuckte theatralisch die Achseln, so dass ihr das lange, dunkle Haar über die Schultern fiel. So ziemlich das Einzige, worin wir vollkommen übereinstimmen, ist die Überzeugung, dass Janine mehr oder weniger nutzlos ist und mit dem Kind etwas nicht stimmt.
    »Sagt, sie ist bis eins da, großes Ehrenwort.«
    »Bis dahin bin ich schon wieder weg. Hab einen Termin unten auf Siesta.«
    Karren wandte sich erneut ihrer Tastatur zu, ohne den Köder zu schlucken. Der Punkt ging an sie, vielleicht hatte sie auch einfach nicht zugehört.
    Als ich zu meinem Schreibtisch kam, sah ich, dass etwas darauf lag. Das war nicht schwer festzustellen,
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