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Killerspiel

Killerspiel

Titel: Killerspiel
Autoren: Michael Marshall
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da ich wohl den ordentlichsten Arbeitsplatz in ganz Sarasota habe, wenn nicht sogar entlang der ganzen Golfküste von Florida – auch wenn es in Saint Pete einen Typ geben soll, der rein
gar nichts
auf seinem Schreibtisch hat. Mitten auf meinem Tisch lehnte etwas in der Größe zwischen Ansichts- und Visitenkarte.
    Ich nahm sie in die Hand und drehte sie um. Auf der anderen Seite nur ein Wort: MODIFIED . »Was zum Teufel ist das denn?«
    »Was?«
    »Das hier auf meinem Schreibtisch.«
    »Keine Ahnung«, sagte Karren, ohne sich umzudrehen. »Kam mit der Post. Wahrscheinlich irgend so ein viraler Marketingmist.«
    »Virales Marketing?«
    »Du weißt schon. Wirkt übers Unterbewusstsein, ohne dass man es registriert. Werbung, die cool und hip und ansprechend ist – so New Edge, dass einem das Kotzen kommt.«
    Ich betrachtete erneut die Karte in meiner Hand. Sie war auf beiden Seiten mattschwarz gehalten; hatte nur dieses eine Wort in weißen, fettgedruckten Lettern auf der einen Seite und einen mit Laserdrucker beschrifteten Aufkleber mit meinem Namen und der Firmenanschrift auf der anderen. Der Adressaufkleber war absolut akkurat angebracht.
    »Ich fühle mich nicht angesprochen«, sagte ich und warf die Karte in den Papierkorb.

2
    I ch kämpfte mich durch einen Wust an E-Mails, tätigte ein paar Anrufe – ausschließlich für Shore, alles andere erledige ich mit dem Handy außer Reichweite gespitzter Ohren – und verließ das Büro kurz nach elf. Inzwischen brauten sich die Wolken über mir zusammen – dunkelviolette Gewitterwolken, die einen mächtigen Platzregen verhießen. Der einzige Nachteil war die noch drückendere Atmosphäre: als ob die Erde jeden Tropfen Feuchtigkeit aus ihren Lungen presste, um sich danach vom prasselnden Regen gründlich durchspülen zu lassen. Es war, als brauchte man nur die Hände auszustrecken, die Luft zu wringen, und es würde tatsächlich Wasser heruntertropfen und auf der Erde verdunsten.
    Ich zögerte einen Moment, denn das war genau so ein Augenblick, in dem ich mir früher eine Zigarette angezündet hätte. Doch das hatte ich aufgegeben, und an diesem Morgen fiel es mir nicht einmal allzu schwer.
    Endlich war ich so weit, die Glimmstengel waren passé. Ich legte eine Gedenkminute ein. Der Autor einer meiner Lieblingsblogs über Persönlichkeitsentfaltung ist total versessen darauf, gute Momente zu würdigen, statt sich ständig über die schlechten zu ärgern – die Realität neu zu programmieren, indem man den Fokus zunehmend auf das Positive lenkt. Bring dich selbst in Schwung, und du bringst die Welt in Schwung. Davon abgesehen war ich ohnehin ein wenig früh dran.
    Von dort, wo ich gerade stand, sah man recht gut, was The Breakers eigentlich darstellte. Ein Condo-Komplex aus den Tagen des Baubooms, als es einer Lizenz zum Gelddrucken gleichkam, an der Küste von Florida Häuserblocks aus dem Boden zu stampfen. Die Ferienanlage hatte alles, um eine Familie für ein paar Wochen in den Sunshine State zu locken. Hundertzwanzig Wohnungen in Sechserblocks; besagte zweistöckige Blocks in zwei konzentrischen Kreisen um einen Freizeitbereich in der Mitte gruppiert, auf dem es allein acht Tennisplätze gab – The Breakers hält sich auf seine Einrichtungen etwas zugute und richtet das alljährliche Longboat-Key-Turnier aus. Palmen, Farnbeete und Holzbohlenwege lockerten das Ganze etwas auf und sorgten für Privatsphäre rings um die einzelnen Blocks, von denen jeder einen fröhlich klingenden Namen hatte, in einem anderen Pastellton gestrichen war und, wie das geschulte Auge erkennen konnte, inzwischen etwas schmuddelig wirkte.
    Auf der dem Meer zugewandten Seite des inneren Kreises steht ein vierstöckiges Verwaltungsgebäude, in dem die Büros der Anlage untergebracht sind wie auch die Empfangshalle, die Konferenzräume, ein Fitnesscenter und – über die gesamten zwei obersten Stockwerke verteilt – der riesige Wohnbereich der Eigentümer. An der entsprechenden Stelle des äußeren Kreises befinden sich neben dem kleinen Büro von Shore Realty ein kleiner Supermarkt, ein Geschäft für Badekleidung, Marie’s Restaurant – klein, gepflegte Atmosphäre, an den meisten Abenden ein Pianist, Feriengäste willkommen, Shorts und Flip-Flops dagegen nicht – und Tony’s Bistro – die zwanglosere Alternative, kinderfreundlich, mit einer Tiki-Bar und Tischen auf einer Terrasse mit Blick über den Pool.
    Dahinter der Strand, an dem sich mehrere Bungalows mit je vier
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