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Kill Whitey

Kill Whitey

Titel: Kill Whitey
Autoren: Ueberreuter
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Medien liebten mich. Was die Einschaltquoten anging, stellte ich eine wahre Goldgrube dar. Binnen sechs Stunden nach meiner Verhaftung hatten sie vor dem Haus meiner Eltern Stellung bezogen, mehrere meiner Kollegen interviewt und einige meiner alten Schulkameraden aufgespürt. Meine Eltern gaben keinen Kommentar ab. Den anderen zufolge schien ich ein netter Kerl zu sein. Ruhig. Schwer arbeitend. Nie im Leben hätten sie mich für fähig zu etwas Derartigem gehalten. Sicher, ich ging nicht viel mit Frauen aus, aber ich hatte unlängst viel Zeit in einem Striplokal verbracht, was offensichtlich bedeutete, dass ich insgeheim ein Irrer war, der an zu lange aufgestautem Ärger oder Verlangen litt. Natürlich war all das Blödsinn, aber es hörte sich im Fernsehen gut an.
    Ich erzählte der Polizei meine Geschichte. Selbstverständlich glaubte man mir nicht. Wäre ich an ihrer Stelle gewesen, hätte ich es wahrscheinlich auch nicht geglaubt.
    Für den Bezirksstaatsanwalt stand die Wiederwahl an, und er überhäufte mich mit Anklagepunkten – alle möglichen Kapitalverbrechen und Vergehen. Allerdings mischten sich bereits am zweiten Tag das FBI und andere Behörden ein. Wie sich herausstellte, hatten sie mehrere Informanten in Whiteys Organisation gehabt, und diese gaben zu Protokoll, dass vieles von meiner Aussage der Wahrheit entsprach. Ich hatte weder Darryl noch Yul umgebracht. Ich war nicht mit Jesse zusammen gewesen, als er verschwand. Otar und die anderen Mafiosi waren in reiner Notwehr getötet worden. Die Ballistik und Augenzeugenberichte bestätigten das.
    Innerhalb weniger Tage begannen die Dinge, sich zu wenden, und die Medien verliebten sich aufs Neue in mich. Sie stellten mich als aufrechten Bürger der Arbeiterklasse dar, der versehentlich in Konflikt mit einer russischen Verbrecherorganisation geraten war. Ich hatte keine Vorstrafen, dafür einen Job und verkörperte somit ein anständiges Mitglied der Gesellschaft, das lediglich den Fehler begangen hatte, sich mit einer Stripperin einzulassen, die seither als verschwunden galt.
    Darauf komme ich gleich noch zu sprechen.
    Ob man es glaubt oder nicht, ich entging sowohl einer Anklage wegen Mordes als auch wegen Totschlags. Meine Eltern opferten ihre Altersrente, um mir einen guten Verteidiger zu verschaffen. Der Bezirksstaatsanwalt, der wiedergewählt werden wollte, stieg mir nicht allzu sehr auf die Zehen, weil ich die öffentlichen Sympathien dank der Medien und ihrer Darstellung der Geschichte auf meiner Seite hatte. Letztlich wurde ich zu einer unbedingten Haftstrafe in Höhe der bereits abgesessenen Untersuchungshaft und sieben Jahren Bewährung verurteilt, außerdem zu einer saftigen Geldbuße, die abzubezahlen mich wahrscheinlich den Rest meines Lebens kosten wird. Im Rahmen der Abmachung bekannte ich mich des Abfeuerns einer Schusswaffe, des Hausfriedensbruchs, der Entziehung meiner Verhaftung und des Widerstands dagegen, des Diebstahls gewerblichen Eigentums und der Schändung einer Leiche für schuldig.
    Wenigstens nagelte man mich nicht auch noch wegen der unzulässigen Entsorgung einer Leiche fest, wenn man schon dabei war.
    Am Tag meiner Entlassung aus der Haft jagte eine Terroristengruppe eine Grundschule in Florida in die Luft. Über hundert Kinder starben, und die Medien – sowie der Rest des Landes – vergaßen mich völlig. Es war, als hätte ich aufgehört zu existieren.
    In gewisser Weise wie Sondra.
    Oh, sie hatte nicht aufgehört zu existieren. Sie war nicht tot, jedenfalls nicht, soweit ich davon wusste. Aber sie war verschwunden, und meines Wissens hat sie seither niemand gesehen oder von ihr gehört. Laut einigen Polizeibeamten, die sich näher mit meinem Fall befassten, hatte sie wohl sofort die Stadt verlassen. Wahrscheinlich hatte sie das Weite gesucht, während Whitey und ich noch am See waren. Das FBI nahm mehrere Verhaftungen vor und trieb zusammen, was von Whiteys Leuten noch übrig war. Dabei bestätigte sich, dass in jener Nacht ein größerer Bargeldbetrag gestohlen worden war. Von einer schwangeren Stripperin namens Sondra. Der Verbleib des Geldes blieb ebenso wie der ihre unbekannt. Mir hat nie jemand verraten, um wie viel Kohle es sich handelte.
    Die Ermittlungen wurden fortgesetzt, wenngleich sie sich nicht mehr um mich drehten. Zeugen wurden erneut befragt. Ich fand heraus, dass einige meiner Nachbarn Sondra kurz nach dem Vorfall in dem Holzbetrieb in meiner Wohnung gesehen haben wollten. Das gelbe Polizeiabsperrband
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