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Kill Whitey

Kill Whitey

Titel: Kill Whitey
Autoren: Ueberreuter
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fuhr, den Abstand zwischen ihnen wieder vergrößerte. Ich tat es langsam, und mein Blick löste sich nie von Whiteys.
    Die Ketten klirrten, und die Hydraulik erzitterte. Dann, nach einer kurzen Pause, fetzten die Gabeln durch Whiteys Rumpf, rissen seine Brust auf und schnitten ihn entzwei. Organe segelten durch die Luft. Blut schoss in alle Richtungen. Seine Beine und sein Unterleib fielen platschend ins Wasser und ließen eine Fontäne quer über das Pier spritzen. Rosa gefärbter Schaum schwappte auf die Reifen des Gabelstaplers. Obwohl Whiteys untere Hälfte fehlte, hielt er sich weiter fest. Dann begannen seine Finger abzugleiten. Seine Arme erschlafften, sein restlicher Körper sackte zusammen. Er baumelte von den Gabeln. Ich betätigte die Hebel erneut, spreizte die Gabeln vollends und hob sie gleichzeitig höher an. Whitey verlor den Halt und hing nur noch mit einer Hand daran.
    Er starrte mich immer noch mit ausdrucksloser Miene und trotzigen Augen an. Mich beschlich selbst da noch der Eindruck, dass er sich weigerte, sich mit seinem Schicksal abzufinden – er wollte nicht wahrhaben, dass es vorbei war, dass er sterben würde. Dann rutschte seine Hand ab, und er plumpste in den Teich. Das Letzte, was ich sah, bevor er in das dunkle Wasser sank, war sein hasserfüllter Blick.
    Dann war er verschwunden.
    »Ruhe in Frieden, du Stück Scheiße.«
    Donner grollte.
    Die Sirenen wurden lauter, näherten sich. Reifen quietschten. Rote und blaue Lichter zuckten über die Oberfläche des Sees. Ich schloss die Augen und rieb mir die Schläfen, aber selbst in dieser völligen Schwärze sah ich ständig Whiteys starrenden Blick. Ich schlug die Augen auf und schaltete den Gabelstapler aus. Hinter mir hörte ich Autotüren, die zugeworfen wurden, und rennende Schritte. Ein Funkgerät knisterte statisch. Jemand brüllte mir etwas zu. Die Stimme übertönte den Donner, doch ich verstand nicht, was sie sagte, und es interessierte mich auch nicht im Geringsten. Drauf gepfiffen. Ich war so müde. Matt und benommen kletterte ich vom Fahrersitz und brach auf dem Pier zusammen. Die Bohlen bohrten sich mir in den Rücken. Der Regen prasselte auf mich ein, durchnässte mich bis auf die Haut. Ich wünschte mir, dass er sich wie eine Taufe anfühlte, wie etwas, das meine Sünden abwusch und meine Schwierigkeiten fortspülte. Stattdessen wurde mir nur kalt. Ich war am Leben, aber leer. Außen lebendig, aber innerlich tot. Nichts spielte noch eine Rolle, und der Tod wäre eine willkommene Erlösung gewesen. Ich fragte mich, ob Whitey ebenso empfunden hatte, und falls ja, ob ich ihm seinen Wunsch erfüllt hatte. War es von Anfang an das gewesen, was er gewollt hatte?
    Ich lag auf dem Pier und begann zu schreien.
    So fand man mich, überzogen vom getrockneten Blut meiner toten Freunde und meines ebenso toten Feindes, den stürmischen Himmel anheulend, während sich meine Tränen im Regen verloren.

24
    In mancherlei Hinsicht schien all das vor langer Zeit geschehen und jemand anderem widerfahren zu sein. Einem anderen Larry Gibson. Dann jedoch, spätnachts, wenn ich vollkommen alleine bin, kommt es mir wie gestern vor.
    Allein. Verdammt, derzeit bin ich ständig allein. Es ist schwierig, jemanden zu finden, wenn man niemandem vertraut.
    Die Bullen haben mich am See verhaftet und mir einen Arschvoll Dinge vorgeworfen. Auch Nachrichtenkameras waren dort und haben alles gefilmt. Darüber bin ich froh. Whitey hatte einen Haufen toter Beamter zurückgelassen, und wären die Fernsehteams nicht vor Ort gewesen, hätten mir die Bullen mit ziemlicher Sicherheit gleich auf dem Pier eine Kugel in den Kopf gejagt.
    Das Chaos schaffte es in die landesweiten Nachrichten – die Berichterstattung lief ununterbrochen, rund um die Uhr auf CNN, MSNBC und Fox. Wie konnte es anders sein? Schließlich war das Ganze eine ziemlich schmutzige Geschichte. Anfangs, als die Ermittler in meiner Wohnung eintrafen, hielten sie es noch für häusliche Streitigkeiten. Dann verwandelte es sich in eine Schießerei am Arbeitsplatz mit anschließender Verfolgungsjagd. Hinzu kamen die Ermordung mehrerer Polizisten, die Zerstörung einiger Streifenwagen und der Abschuss eines Polizeihelikopters. Und zuletzt, als Sahnehäubchen auf der Eistüte der Medien, die bizarre und blutige Gabelstaplerfahrt, über die mehrere Zeugen berichteten, einen von den Gabeln durchbohrten Mann gesehen zu haben, während der Lenker des Gefährts seelenruhig die Straße entlangrollte. Oh ja, die
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