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Ketten der Liebe

Ketten der Liebe

Titel: Ketten der Liebe
Autoren: Christina Dodd
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große, abgenutzte Stiefel standen unmittelbar vor seiner Nase. Mit aller Kraft drehte er den Kopf und schaute an den langen Beinen und der Gürtelschnalle empor in das grobe Gesicht des Unbekannten. Ein Koloss von einem Kerl stand dort, ein Mann mit großen, derben Händen und einer grimmigen Miene.
    Das ist keine Hilfe. Das bedeutet Gefahr.
    Was wollte der Hüne von ihm ?
    Dann erst entdeckte Jermyn die junge Frau, die neben dem großen Mann stand. Eine hübsche Frau. Ihre grünen Augen schienen sich tief in seine Seele zu bohren. Sie trug ein verschlissenes, blaues Kleid. Er hatte sie schon einmal irgendwo gesehen ...
    »Er sieht uns an«, hörte er die Stimme des Riesen. »Warum ist er nicht bewusstlos?«
    »Vielleicht hat er nicht alles getrunken«, antwortete die junge Frau. »Ist schon recht. Es wird auch so gehen. Schaff ihn fort, ehe jemand kommt und nach ihm sieht.«
    Das war das Dienstmädchen , das ihm den Wein gebracht hatte. Sie hatte ihn überrumpelt. Ihn vergiftet.
    Sie zückte ein Messer, dessen Klinge so hell und scharf war, dass er nur die grell aufblitzende Spitze sah.
    Sie will mich töten ...
    Jermyn wollte sich wehren, aber er konnte seine schweren Gliedmaßen nicht bewegen. Er versuchte, einen Fluch auszustoßen, aber sein Mund wollte ihm nicht gehorchen.
    Die junge Frau holte ein Blatt Papier aus ihrem Ausschnitt, legte es neben das Buch auf den Tisch und heftete es mit der Messerklinge auf die Tischplatte.
    Der Hüne schüttelte ein weißes Segeltuch aus.
    Diese Gestalten über ihm, diese Mörder, unterhielten sich, aber Jermyn konnte aus dem undeutlichen Gemurmel keine klaren Worte mehr heraushören. Sein Herz schlug träge. Das Blut floss langsamer durch seine Adern.
    Der Tod war nah.
    Ein allerletztes Mal schloss er die Augen.
    Man hatte ihn in seinem eigenen Garten ermordet.

2. Kapitel
    S ollte Prinzessin Amy Rosabel noch einmal einen englischen Adligen entführen, würde sie im Vorfeld sicherstellen, dass er weniger wog.
    Aus der Ferne hatte Lord Northcliff weder groß noch eindrucksvoll gewirkt, befand man sich aber in seiner Nähe, war unübersehbar, wie kräftig er gebaut war. Als sie ihm den Wein dargeboten hatte, war sie zu dem Schluss gekommen, dass er sie um gut einen Kopf überragte.
    Als sie jetzt im Pavillon stand und auf den reglosen Körper schaute, flüsterte sie: »Er ist so groß wie ein gestrandeter Wal.«
    Pomeroy Nodder, der schweigsamste Mann, dem Amy je begegnet war, erwiderte trocken: »So groß auch wieder nicht, Miss. Aber er ist ein großer Bursche. War er schon als Kind.«
    Die untergehende Sonne spähte durch die dichter werdenden Nebelschwaden und tauchte Seine Lordschaft in goldenes Licht. In dem dunklen Rotstich erinnerte sein Haar an poliertes Mahagoni. Seine Brauen waren dunkel und in beinahe teuflischem Spott leicht nach oben gezogen. Selbst in seiner Bewusstlosigkeit gelang es Lord Northcliff, eine verächtliche Miene aufzusetzen.
    Zum Teufel mit seiner Verachtung! Beistand suchend, griff sie sich an das silberne Kreuz aus Beaumontagne, das sie an einer Kette um den Hals trug. Jetzt war er ihr ausgeliefert und würde für seine Nachlässigkeiten zahlen.
    Pom gab ein Schnauben von sich, als er Lord Northcliff in das Segeltuch einrollte. »Könnten Sie mir bitte helfen, Miss?«
    Amy kniete sich neben den Bewusstlosen und half ihrem Gefährten, Lord Northcliff in das Segeltuch zu wickeln. Bei dieser ungewohnten Tätigkeit geriet sie undamenhaft ins Schwitzen. Ihre königliche Großmama würde dies als unschicklich empfinden - aber ihre Großmutter war schließlich Hunderte von Meilen entfernt im Königreich Beau-montagne in den Pyrenäen, und mit etwas Glück würde die Alte auch dort bleiben. Allein bei dem Gedanken an den widerwärtigen alten Drachen begann Amy noch stärker zu schwitzen.
    Während Pom sich Lord Northcliff mühsam auf die Schulter lud, zog Amy noch schnell den Mantel des Adligen vom Stuhl. Schließlich folgte sie Pom, der mit seiner schweren Last den steilen Pfad zum Strand einschlug.
    Auch der Mantel erwies sich als schwer, und daher musste Amy sich beeilen, um mit dem forsch ausschreitenden Pom Schritt halten zu können. Er war ein großer Mann, ein Fischer, der seinen Lebensunterhalt damit verdiente, jeden Tag die schweren Netze mit Sardinen einzuholen. Doch selbst er keuchte nun, als sie den Strand erreichten und der Kies unter ihren Schritten knirschte.
    Aus dem Boot, das in den Nebelschwaden verborgen lag, ließ sich die
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