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Ketten der Liebe

Ketten der Liebe

Titel: Ketten der Liebe
Autoren: Christina Dodd
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ängstliche Stimme von Miss Victorine Sprott vernehmen. »Wer ... wer ist da?«, rief sie.
    »Wir sind’s. Wir haben ihn«, antwortete Amy. »Wir bringen ihn an Bord.«
    »Wieso habt ihr so lange gebraucht? Ich warte hier die ganze Zeit und male mir die schrecklichsten Dinge aus!« Die ältere Frau klang ebenso erleichtert wie ängstlich.
    Als Pom am Bug einstieg, sorgte Amy dafür, dass das Boot nicht schaukelte, ehe sie half, Lord Northcliff auf die Planken zu legen. »Alles verlief nach Plan«, beruhigte Amy die alte Dame.
    Von Anfang an hatte Miss Victorine ihre Zweifel an dem Vorhaben gehabt, und immer wieder hatte Amy ihr versichern müssen, dass alles in Ordnung sei.
    Tatsächlich empfand Amy die Durchführung des Plans nervenaufreibender, als sie vermutet hatte - dabei war es ihr Plan.
    »Vorsicht. Legt Seine Lordschaft sachte ab!«, befahl Miss Victorine.
    Da ihre Arme schmerzten, konnte Amy das Gewicht nicht länger halten und ließ Lord Northcliff auf den letzten Zentimetern fallen. Vielleicht war der Abstand auch größer gewesen. Wie dem auch sein mochte, die Unvorsichtigkeit tat ihr nicht leid - auch dann nicht, als dem Marquess aus den Tiefen seiner Bewusstlosigkeit ein Stöhnen entfuhr.
    »Seid doch vorsichtig!«, tadelte Miss Victorine die beiden. »Er ist doch unser Lehnsherr.«
    Amy lockerte ihre Schultern mit kreisenden Bewegungen. »Ein Lehnsherr, der sich seinen Untertanen gegenüber abscheulich benommen hat.«
    »So furchtbar war er nun auch wieder nicht«, wiegelte Miss Victorine ab.
    »Doch, abscheulich«, setzte Amy beharrlich nach.
    »Gleichwohl ist er unser Lehnsherr.« Miss Victorines Stimme nahm einen besorgten Ton an.
    »Meiner nicht«, sagte Amy grimmig.
    Pom stöhnte, als er den Rücken durchdrückte. »Setzen Sie sich auf diese Taurolle, Miss Rosabel. Besser, wir bringen ihn auf die Insel, bevor er zu sich kommt. Denn sonst erleben wir sein Missfallen hautnah.«
    »Dieser arrogante Schuft würde vermutlich das Boot zum Schaukeln bringen, damit wir alle ertrinken.« Amy breitete den Mantel auf dem aufgerollten Tau aus und setzte sich dann für die Überfahrt von zwei Meilen darauf nieder.
    »Er ist nicht dumm«, sagte Miss Victorine. »Er wird sich doch nicht selbst umbringen. Aber er neigt zu Zornesausbrüchen. Was, wenn er auf euch geschossen hätte? Oder wenn die Bediensteten euch erwischt und auf euch geschossen hätten? Was, wenn ...«
    »Aber wir sind doch hier, wie geplant«, beruhigte Amy die ältere Dame erneut. »Alles wird gut, Miss Victorine, das verspreche ich. Jetzt nur nicht die Nerven verlieren!«
    Pom stieg wieder aus dem Boot, um es vom Ufer abzustoßen. Behände sprang er wieder hinein und ergriff die Ruderblätter mit sicherer Hand. »Wir sind doch gleich daheim.«
    Das Zuhause war die Insel Summerwind, ein weiteres Besitztum von Lord Northcliff. Wieder eine der Pflichten, die der Marquess vernachlässigt hatte.
    Das Boot durchschnitt die Wellenkämme und erreichte das offene Meer. Amy lauschte auf das Geräusch der Wellen am Rumpf und auf Lord Northcliffs laute Atemzüge. Eine wachsende Unruhe setzte ihr zu. Sie hoffte, dass Pom schnell genug die Insel erreichte. Nicht auszudenken, was geschähe, wenn der Marquess wieder zu sich käme, ehe sie ihn richtig gefesselt hatte. Wie durchdringend seine eigenartigen, hellbraunen Augen sein konnten, wusste sie bereits und sie verspürte kein Verlangen, sich weiter diesem beunruhigenden Blick auszusetzen. Er erinnerte sie immer mehr an den Tiger, den sie einmal als Kind gesehen hatte. Groß, schön, ungezähmt und gefährlich war das edle Tier gewesen, und die Zähne und Pranken, die so viel Unheil anrichten konnten, hatte Amy nie vergessen.
    Die Sonne war untergegangen und hinterließ nur ein blasses, silbernes Schimmern am Horizont. Der Nebel wurde dichter. Etwas Kühles und Weiches berührte Amys Wange.
    Sie schreckte zusammen, fasste sich an die Wange und spürte Miss Victorines Hand.
    Die ältere Dame umschloss Amys Finger und wisperte: »Lord Northcliff ist völlig reglos. Sie glauben doch nicht, dass er tot ist?«
    »Wenn Seine Lordschaft tot wäre, dann wäre das auch kein Verlust«, entgegnete Amy ein wenig zu laut.
    Miss Victorine quittierte diese Worte mit einem vogelähnlichen Laut des Entsetzens.
    »Er ist ganz gewiss nicht tot. Von einem Schlafmittel stirbt man nicht, man ist bewusstlos«, sagte Amy etwas leiser.
    »Aber Lord Northcliff ist in das Segeltuch eingeschlagen, als wäre es sein Leichentuch.« Von
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