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Keiner wie er (German Edition)

Keiner wie er (German Edition)

Titel: Keiner wie er (German Edition)
Autoren: Kera Jung
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Lieblingsgetränk.
    Tina verabscheute Gin.

5.
     
    Bei einem Whisky ließ Daniel die Atmosphäre auf sich wirken.
    Tatsächlich lag es lange zurück, dass er Zeit fand, sich abends zu amüsieren. Chris nörgelte ewig auf dem Anrufbeantworter, den Daniel immer nur abhörte, wenn er wegen Überfüllung zu detonieren drohte. Was sollte er tun? Vierteilen konnte er sich nicht!
    Als sich die Tür öffnete, blickte er nur flüchtig in die entsprechende Richtung und widmete sich wieder seinem Glas. Doch dann legte sich die Stirn in Falten und er sah erneut auf. Langsamer diesmal.
    Ab diesem Moment war Daniel gebannt.
    Was für eine überwältigende Ähnlichkeit!
    Ganz offensichtlich handelte es sich um den falschen Typ Frau, aber das Gesicht, der Gang – als wäre soeben ihr Zwilling aufgetaucht.
    Fassungslos sah er, wie sie sich mit absoluter Selbstverständlichkeit an die Bar setzte. Zuvor zog sie ihren Mantel aus und enthüllte einen schlanken, perfekt modellierten Körper. Er steckte in einem hautengen, schwarzen Oberteil und hellen Tuchhosen. Ihre Füße wohnten in lichten, zierlichen, recht hohen Damenschuhen, keine Stiefel. Häufig bewegte sie sich wohl nicht zu Fuß.
    Im Spiegel hinter der Bar beobachtete er die junge Frau und wurde mit jeder Sekunde konfuser.
    Es handelte sich tatsächlich um ein Plagiat, wie es wohl besser und genialer nicht gezeichnet werden konnte. Tom hätte sich lachend am Boden gewälzt oder den Mund nicht mehr geschlossen.
    Nach Gelächter stand Daniel momentan weniger der Sinn, er tendierte eher zu der anderen Alternative.
    Aber sie konnte es nicht sein!
    Zunächst fand er keine Brille, außerdem hätte Tina nie freiwillig derartige Schuhe getragen. Schlank kam einer Untertreibung gleich, ihr Körper entsprach Modellmaßen. Das dunkle Haar bildete einen festen Knoten am Hinterkopf, nur jeweils links und rechts an den Schläfen wurde eine breite Strähne davon verschont. Das Make-up wirkte nicht gut, sondern perfekt .
    Dies traf auf die gesamte Frau zu! Als sei sie soeben dem Himmel entsprungen. Und Daniel ließ sich sonst bestimmt nicht zu geistlosen Anmachsprüchen hinreißen.
    Jedoch fand er in den dunklen Augen keine Wärme und um die vollen Lippen spielte nicht das schmalste Lächeln. Die wurden auch in keiner anderen Emotion verzogen, zeigten nichts, hätten in ihrer Ausdruckslosigkeit einer Puppe gehören können.
    Ohne den Barkeeper eines Blickes zu würdigen, nahm sie ihren Cocktail entgegen.
    Cosmopolitan – kein Gin.
    Doch als sie das Glas absetzte, schlossen sich die Lider und Daniel erstarrte.
    Dichte Wimpern, das fünffache Volumen als üblich, so voll und dunkel, wie er es bisher nur einmal gesehen hatte, wie es höchstwahrscheinlich nur einmal existierte .
    Als die Lider sich hoben, trafen sich ihre Blicke im Spiegel. Und da ahnte er, sein Urteil wohl etwas vorschnell getroffen zu haben.
    Die Augen weiteten sich nicht im plötzlichen Erkennen, die Wangen färbten sich nicht rot, sie wurde auch nicht blass oder wütend – irgendwas, verdammt! Stattdessen verengte sich ihr Blick um einen kaum merklichen Bruchteil, knapp nickte sie und widmete sich ihrem Glas.
    Daniel leerte seinen Whisky.
    * * *
    Auf diese Art vergingen die folgenden zwei Stunden.
    Sie (Tina?) bestellte Cosmopolitan, er Whisky und stumm, ungefähr zwei Meter voneinander entfernt, vernichteten die beiden ihre Getränke.
    Nach einer Stunde senkten sich die Lider nicht mehr. Doch es folgte kein Lächeln, kein weiteres Nicken oder gar eine Aufforderung. Ganz nebenbei ließ die Göttin reihenweise die männlichen Interessenten abblitzen und das auf derart vernichtende Art, wie Daniel es selten zuvor erlebt hatte. Die Männer wurden nicht einmal mit einem Blick belohnt. Dennoch benötigte es eine Weile, bevor auch der Letzte verstand, dass er auf verlorenem Posten kämpfte.
    Eineinhalb Stunden später wollte Daniel zu ihr hinübergehen und fragen, wer sie war und was sie mit Tina angestellt hatte. Ihr warnender Blick hinderte ihn erfolgreich daran, denn die emotionslose Autorität dahinter schien beispiellos.
    Abgesehen von den ersten, hervorstechenden Parallelen, fand er bald weitere Ähnlichkeiten. Die Hände stimmten, die Form des Gesichtes, die hohen Wangenknochen, die Ohren, der Hals. Selbst die Größe der Oberweite, wenn er das Schätzen nicht indes verlernt hatte. Auch die Haarfarbe entsprach dem Original.
    Sie war es ... und auch wieder nicht.
    Eines ließ sich nach zwei Stunden nicht länger leugnen.
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